Falaysia - Fremde Welt - Band III: Piladoma (German Edition)
Hand, die ihre Wange berührte, sie sanft streichelte und für eine leichte Gänsehaut auf ihren Armen sorgte. Glücklicherweise war der größte Teil davon unter ihrer Decke verborgen.
„Ich werde es für mich tun – weil ich ein anderer Mensch werden will. Ich will wieder richtig leben und mein zukünftiges Leben auch genießen. Ganz gleich, ob das nun hier ist oder in der modernen Welt, aus der wir kommen. Und wenn ich dafür in meinem alten Leben aufräumen, mit ihm abschließen musst, dann werde ich es tun. Hilfst du mir dabei? Mich weiter zu erinnern und aus meiner alten Haut zu schlüpfen. Du weißt ja wie ‚redselig‘ ich bin …“
Jenna nickte ergriffen, beugte sich vor und drückte einen sanften Kuss auf Leons Stirn. „Versprochen!“ sagte sie leise und ließ es zu, dass ihr Freund sie daraufhin in die Arme zog und sie fest an sich drückte. Das war nicht weiter verfänglich oder gefährlich. Schließlich waren sie nur Freunde. Gute Freunde, die froh waren, in dieser schwierigen Zeit einander zu haben.
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D er Sonnenaufgang in Piladoma war nicht wie andere. Es war ein ganz besonderes Schauspiel, das die wilde Vegetation in einen Garten Eden verwandelte. Zuerst kündigte ein zart rosa Schimmern über den niedrigeren Bergkämmen das Erscheinen des glühenden Feuerballs an, der mit seinem wärmenden Licht die kalte Feuchtigkeit der Nacht verdrängen sollte. Dann krochen die ersten goldenen Strahlen über die zerklüfteten Felswände der Berge, schienen sie mit flüssigem Gold zu übergießen. Ganz langsam erhob sich die noch rot leuchtende Scheibe hinter den Bergen und ließ ihr sanftes Licht in die Täler gleiten. Es brach durch die Wipfel der Bäume des Waldes und kitzelte die in ihm lebenden Wesen wach. Zart und freundlich, denn noch hatte die Sonne nichts von ihrer gleißenden Helligkeit. Es schien fast so, als wäre sie selbst noch nicht richtig wach, als wären die Strahlen ihre Glieder, die sie vorsichtig reckte und streckte, um zu ihrer eigentlichen, beeindruckenden Kraft zu finden. So, mit ihrem warmen goldgelben Schimmern, war sie selbst für ein menschliches Auge zu ertragen. Nein, eher zu genießen, denn der Anblick, den sie bot, war atemraubend schön.
Leon konnte nichts dagegen tun: Ein tiefes, glückliches Seufzen entrang sich seiner Kehle. Es war das erste Mal seit langer Zeit, dass er lange genug an einem Ort verweilen konnte, die Zeit hatte, um einem Sonnenaufgang beizuwohnen, und es fühlte sich wundervoll an.
Er war früh erwacht, zu einer Zeit, zu der alles noch dunkel gewesen war, und hatte sich sogleich daran gemacht, ganz leise all ihre Sachen zusammenzupacken und die Pferde zu versorgen, sodass sie so rasch wie möglich aufbrechen konnten. Danach hatte er sich darum gekümmert, dass jemand ein ordentliches Frühstück für Jenna und ihn vorbereitete – glücklicherweise war auch der Wirt bereits wach gewesen – und sich anschließend draußen auf die Bank vor dem Haus gesetzt. Dort saß er nun schon seit einer ganzen Weile, tief in Gedanken versunken, und genoss die Ruhe des frühen Morgens. Nächsthin würden die Dorfbewohner einer nach dem anderen wach werden und die Stimmung würde sehr viel hektischer und angespannter werden, wusste doch ein jeder hier, dass die Hexe und ihr Freund noch da waren, und sehnte sich nach ihrer baldigen Abreise.
Er würde Jenna bald wecken müssen, auch wenn es ihrer Meinung nach immer noch furchtbar früh war und sie dies nicht gerade mit Begeisterung hinnehmen würde. Er begann zu schmunzeln, denn er hatte sofort ihr Gesicht vor Augen. Sie sah, wenn sie völlig verkatert aus den Decken kroch, immer so unglaublich niedlich aus, dass er schon oftmals das dringende Bedürfnis gehabt hatte, ein Foto von ihr zu machen. Verdammtes Mittelalter! Da kam einem doch jede kleine Freude abhanden. Allerdings hatte er in der Zwischenzeit sehr viel mehr Spaß als in den Jahren zuvor – wenn ‚Spaß‘ überhaupt der richtige Begriff war.
Er kratzte sich nachdenklich an der Schläfe. Eine gewisse Freude am Leben, das war es, was Jenna zu ihm zurückgebracht hatte; die Fähigkeit zu genießen und sich das Leben nicht durch die schlimmen Dinge, die ihm passiert waren, verderben zu lassen; nach vorne zu schauen … wieder auf eine gute Zukunft zu hoffen … Wenn sie bei ihm war, gelang es ihm auch wieder öfter, ein paar Stunden am Stück zu schlafen. Ihre Gegenwart beruhigte ihn sogar so sehr, dass er manchmal all seine noch
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