Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falken: Roman (German Edition)

Falken: Roman (German Edition)

Titel: Falken: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
Vom Netzwerk:
Honig und Zucker. Du wirst immer erkennen, ob ein Junge hungrig aufgewachsen ist. Die süße Jahreszeit bricht an, die Luft ist mild, das Laub hell und der Zitronenkuchen wird mit Lavendel verfeinert; Eierkuchen, kaum gestockt, werden mit Basilikum gefüllt, in Hälften geschnittene Erdbeeren mit in Zuckersirup gekochtem Holunder übergossen.
    St. George’s Day. In ganz England wiegen sich Stoff- und Papierdrachen in lärmenden Prozessionen durch die Straßen, und der Drachentöter in seiner Blechrüstung schlägt ein altes, rostiges Schwert auf seinen Schild. Jungfrauen binden Blätterkränze, Frühlingsblumen werden in die Kirchen getragen. In der großen Diele von Austin Friars hat Anthony ein Untier mit grünen Schuppen an die Deckenbalken gehängt, mit sich verdrehenden Augen und heraushängender Zunge. Es wirkt lüstern und erinnert ihn an etwas, aber er kann nicht sagen, woran.
    Der St. George’s Day ist der Tag, an dem die Ritter des Hosenbandordens ihre große Versammlung abhalten und einen neuen Ritter wählen, wenn eines ihrer Mitglieder verstorben ist. Der Hosenbandorden ist der bedeutendste christliche Ritterorden: Der König von Frankreich ist genauso Mitglied wie der schottische König. Und auch der Monseigneur, der Vater der Königin, und der Bastard des Königs, Harry Fitzroy. In diesem Jahr treffen sie sich in Greenwich. Die ausländischen Mitglieder werden verständlicherweise nicht zugegen sein, und so dient die Versammlung vor allem der Zusammenkunft seiner neuen Verbündeten. Sie alle sind da: William Fitzwilliam, Henry Courtenay, der Marquis von Exeter, Mylord Norfolk und Charles Brandon, der ihm, Thomas Cromwell, vergeben hat, ihn aus dem Audienzzimmer befördert zu haben, und der jetzt zu ihm kommt und sagt: »Cromwell, wir hatten unsere Streitigkeiten, aber ich habe Harry Tudor immer gesagt, pass auf Cromwell auf, lass ihn nicht mit seinem undankbaren Master untergehen. Wolsey hat ihm seine Tricks beigebracht, weshalb er dir nützlich sein könnte.«
    »Haben Sie das, Mylord? Dafür bin ich Ihnen sehr verpflichtet.«
    »Nun ja, wir sehen das Ergebnis. Heute sind Sie ein reicher Mann, oder etwa nicht?« Er gluckst. »Genau wie Harry.«
    »Und ich erweise immer gern der richtigen Seite Dank. Darf ich fragen, für wen wird Mylord bei der Versammlung des Hosenbandordens stimmen?«
    Brandon zwinkert ihm eifrig zu. »Verlassen Sie sich auf mich.«
    Es gibt eine Vakanz, durch den Tod von Lord Bergavenny, und zwei Männer, die erwarten, gewählt zu werden. Anne hat die Verdienste ihres Bruders George hervorgehoben. Der andere Kandidat ist Nicholas Carew, und als die Stimmen gesammelt und ausgezählt sind, ist es Sir Nicholas, dessen Name vom König vorgelesen wird. Georges Unterstützer sind schnell bemüht, den Schaden zu begrenzen und verlauten zu lassen, dass sie nichts anderes erwartet hätten: dass Carew die nächste Vakanz versprochen gewesen sei und König François Henry vor drei Jahren persönlich darum gebeten habe, sie ihm zu geben. Wenn der Königin der Ausgang der Wahl missfällt, lässt sie es sich nicht anmerken, und der König und George Boleyn haben ein Projekt zu bereden. Am Tag nach dem Maifeiertag soll eine königliche Gesellschaft nach Dover reiten, um die neuen Arbeiten am Hafen in Augenschein zu nehmen. George wird als Warden of the Cinque Ports dabei sein: ein Amt, das er nach seiner, Cromwells, Auffassung nur schlecht versieht. Er selbst hat ebenfalls vor, mit dem König zu reiten. Er könnte sogar für einen oder zwei Tage nach Calais übersetzen und dort nach dem Rechten sehen. So streut er es aus, und die Kunde seines Besuchs hält die Garnison auf dem qui vive .
    Harry Percy ist von seinen Besitzungen zur Versammlung gekommen und wohnt in seinem Haus in Stoke Newington. Das könnte nützlich sein, sagt er, Cromwell, zu seinem Neffen Richard, ich könnte jemanden zu ihm schicken und ihn aushorchen lassen, ob er womöglich bereit ist, etwas zu der Sache mit dem Vorvertrag zu sagen. Wenn nötig, besuche ich ihn selbst. Aber eins nach dem anderen. In dieser Woche ist viel zu tun. Richard Sampson wartet auf ihn, der Dekan der Royal Chapel und Doktor des Kirchenrechts (Cambridge, Paris, Perugia, Siena): der Anwalt des Königs bei dessen erster Scheidung.
    »Das ist ganz schön verzwickt« ist alles, was der Dekan sagt, als er seine Folianten auf seine genaue Weise vor sich hinlegt. Draußen steht ein Maultierkarren, der unter weiteren Folianten ächzt, alle gut verpackt

Weitere Kostenlose Bücher