Falken: Roman (German Edition)
sie ständig. Legt sich die Hände an den Hals und lacht.« Sein ehrliches Gefängniswärtergesicht wirkt bestürzt. »Ich sehe keinerlei Anlass für Gelächter. Und es gibt andere törichte Aussprüche, von denen mir meine Frau berichtet. Dass sie sagt, es wird nicht aufhören zu regnen, bis sie freigelassen wird. Oder anfangen zu regnen. Oder sonst etwas.«
Er lässt ein Blick aus dem Fenster wandern und sieht nur einen sommerlichen Schauer. In einem Moment nur wird die Sonne die Nässe von den Steinen brennen. »Meine Frau rät ihr«, berichtet Kingston, »solch törichte Reden zu unterlassen. Sie fragt mich: Master Kingston, wird mir Gerechtigkeit widerfahren? Ich sage ihr, Madam, noch dem ärmsten Untertanen des Königs widerfährt Gerechtigkeit. Aber sie lacht nur«, sagt Kingston, »und bestellt ihr Essen. Sie isst mit großem Appetit. Und deklamiert Verse. Meine Frau kann ihnen nicht folgen. Die Königin sagt, es sind Verse von Wyatt. Und sie sagt: Oh, Wyatt, Thomas Wyatt, wann werde ich dich hier bei mir haben?«
In Whitehall hört er Wyatts Stimme und geht darauf zu, eine Reihe Bediensteter hinter sich. Er hat mehr Bedienstete als je zuvor, einige von ihnen hat er noch nie gesehen. Charles Brandon, Herzog von Suffolk, ist groß wie ein Haus: Er stellt sich Wyatt in den Weg, und die beiden brüllen sich an. »Was machen Sie da?«, ruft er, und Wyatt hält inne und sagt über seine Schulter: »Frieden schließen.«
Er lacht. Brandon stapft davon und grinst in seinen mächtigen Bart hinein. Wyatt sagt: »Ich habe ihn angefleht, vergessen Sie Ihre alten Feindseligkeiten mir gegenüber, oder es bringt mich um. Wollen Sie das?« Er sieht dem Herzog mit Abscheu hinterher. »Ich nehme an, er will es tatsächlich. Das ist seine Chance. Er ist schon vor langer Zeit zu Henry gelaufen und hat sich aufgeplustert, er hätte einen Verdacht wegen mir und Anne.«
»Ja, aber wie Sie sich erinnern, hat Henry ihn zurück nach Osten aufs Land geschickt.«
»Jetzt wird Henry ihm zuhören. Brandon wird bei ihm auf offene Ohren stoßen.«
Er fasst Wyatt beim Arm. Wenn er Charles Brandon aus dem Audienzzimmer des Königs herausbekommen hat, bekommt er auch Wyatt hier weg. »Ich werde das jetzt nicht mit Ihnen diskutieren. Ich habe nach Ihnen geschickt, damit Sie zu mir nach Hause kommen, Sie Narr, und nicht unter aller Augen herumwüten und die Leute dazu bringen zu fragen: Was, Wyatt ist noch frei?«
Wyatt legt eine Hand auf seine. Er holt tief Luft und versucht sich zu beruhigen. »Mein Vater sagt: Gehe zum König und bleibe Tag und Nacht bei ihm.«
»Das ist nicht möglich. Der König empfängt niemanden. Sie müssen mit zu mir ins Rolls House kommen, aber dann …«
»Wenn ich mit zu Ihnen gehe, sagen die Leute, ich bin verhaftet.«
Er senkt die Stimme. »Kein Freund von mir wird leiden.«
»Sie haben plötzlich seltsame, unerwartete Freunde. Papisten-Freunde, Lady Marys Leute, Chapuys. Jetzt machen sie gemeinsame Sache mit Ihnen, aber was ist hinterher? Was wird geschehen, wenn die Sie fallenlassen, bevor Sie sie fallenlassen?«
»Ach«, sagt er gelassen, »Sie glauben also, das Haus Cromwell wird niedergehen? Vertrauen Sie mir. Was bleibt Ihnen schon übrig?«
Von Cromwells Haus zum Tower: mit Richard Cromwell als Begleitung und das Ganze in so leichter Atmosphäre, in so freundlicher Stimmung, dass man meinen könnte, sie brächen zu einem Jagdausflug auf. »Bitte den Konstabler, Master Wyatt alle Ehre zuteil werden zu lassen«, sagt er zu Richard. Und dann zu Wyatt: »Es ist der einzige Ort, an dem Sie sicher sind. Wenn Sie im Tower sind, kann Sie niemand mehr ohne meine Erlaubnis befragen.«
Wyatt sagt: »Wenn ich da hineingehe, komme ich nicht wieder heraus. Sie wollen mich geopfert sehen, Ihre neuen Freunde.«
»Sie werden den Preis dafür nicht zahlen wollen«, sagt er leichthin. »Sie kennen mich, Wyatt. Ich weiß, wie viel jeder hat, ich weiß, was sie sich leisten können. Und nicht nur in Hinsicht auf Geld. Ich habe Ihre Feinde geprüft und bewertet. Ich weiß, was sie zu zahlen bereit sind und was ihnen zu viel ist, und glauben Sie mir, der Schmerz, den sie sich einhandeln, wenn sie mir in dieser Sache in die Quere kommen, wird sie verschütten lassen, was sie an Tränen haben.«
Als Wyatt und Richard aufgebrochen sind, sagt er zu Nennt-mich-Risley und zieht dabei die Brauen zusammen: »Wyatt hat mir einmal gesagt, ich sei der klügste Mann in England.«
»Das war nicht geschmeichelt«, sagt
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