Falken: Roman (German Edition)
haben.«
Weston sieht ihn an. »Ich kann gegen das, was Sie sagen, nichts einwenden. Ich sehe, welches Gewicht es vor Gericht gegen mich haben wird. Ich war ein Narr, und Sie haben dabeigestanden und alles gesehen. Ich kann auch an Ihrem Verhalten nichts aussetzen, weil ich Sie verletzt hätte, wenn ich es gekonnt hätte. Ich weiß, ich habe kein gutes Leben gelebt … Ich habe kein … Wissen Sie, ich dachte, ich hätte noch zwanzig Jahre oder mehr vor mir und könnte, wenn ich alt wäre, fünfundvierzig oder fünfzig, Krankenhäusern Geld spenden, eine Kantorei unterstützen, und Gott würde erkennen, dass es mir leid tut.«
Er nickt. »Nun, Francis«, sagt er. »Wir kennen die Stunde nicht.«
»Aber, Master Sekretär, Sie wissen, welche Verfehlungen ich auch immer begangen haben mag, in dieser Sache mit der Königin bin ich nicht schuldig. Ich sehe es Ihnen an, dass Sie es wissen, und alle anderen Menschen werden es ebenfalls wissen, wenn ich zum Sterben gebracht werde. Auch der König wird es wissen und in seinen stillen Stunden darüber nachdenken. Deshalb wird man sich an mich erinnern. Wie man sich an Unschuldige erinnert.«
Es wäre grausam, ihm diesen Glauben zu nehmen. Weston denkt, dass sein Tod ihm größeren Ruf verschafft als sein Leben. All die Jahre, die vor ihm lagen, und es gibt keinen Grund, anzunehmen, dass er besseren Gebrauch von ihnen zu machen beabsichtigte als von den ersten fünfundzwanzig. Nicht einmal er selbst behauptet das. Unter den Fittichen seines Souveräns aufgewachsen, von klein auf ein Höfling, Spross einer Höflingsfamilie: ohne je einen Moment des Zweifels über seinen Platz in der Welt zu erleben, einen Moment der Angst oder der Dankbarkeit für das große Privileg, als Francis Weston in die Welt hineingeboren worden zu sein, ins Auge des Glücks, und einem großen König und einer großen Nation dienen zu können. Nichts als Schulden wird er hinterlassen, einen beschmutzten Namen und einen Sohn. Und jeder kann einen Sohn zeugen, sagt er sich, bis er sich daran erinnert, warum wir hier sind und um was es geht. Er sagt: »Ihre Frau hat dem König geschrieben. Und um Gnade für Sie gebeten. Sie haben viele Freunde.«
»Helfen wird mir das nicht.«
»Ich glaube, Ihnen ist nicht klar, wie viele Männer unter diesen Umständen völlig allein wären. Das sollte Sie aufmuntern. Seien Sie nicht bitter, Francis. Das Glück ist launisch, jeder junge Abenteurer weiß das. Fügen Sie sich. Sehen Sie Norris an. Der ist ohne jede Bitterkeit.«
»Vielleicht«, bricht es aus dem jungen Mann heraus, »vielleicht denkt Norris, er hat keinen Grund zur Bitterkeit. Vielleicht ist sein Bedauern aufrichtig und notwendig. Vielleicht verdient er den Tod, den ich nicht verdiene.«
»Er hat es verdient, denken Sie, weil er sich an die Königin herangemacht hat.«
»Er ist immer in ihrer Nähe, und nicht, um über das Evangelium zu sprechen.«
Vielleicht steht er am Rande einer Denunziation. Norris hatte William Fitzwilliam gegenüber erste Einräumungen gemacht, sich dann aber auf die Zunge gebissen. Vielleicht kommen die Tatsachen jetzt ans Licht? Er wartet: sieht, wie der Kopf des Jungen in dessen Hände sinkt – steht auf, von etwas getrieben, von dem er nicht weiß, was es ist, und sagt: »Entschuldigen Sie mich, Francis«, und geht hinaus.
Draußen wartet Wriothesley, mit Gentlemen seines Haushalts. Sie lehnen an der Wand und lachen über etwas. Als sie ihn bemerken, geht eine Bewegung durch sie, und sie sehen ihn erwartungsvoll an. »Sind wir fertig?«, sagt Wriothesley. »Hat er gestanden?«
Er schüttelt den Kopf. »Alle stellen sich in ein gutes Licht, ohne dass jemand die anderen entlasten wollte. Und immer heißt es: ›Ich bin unschuldig‹, aber keiner sagt: ›Sie ist unschuldig.‹ Sie vermögen es nicht. Vielleicht ist sie unschuldig, doch niemand will sein Wort darauf setzen.«
Es ist genauso, wie Wyatt es ihm einst erklärt hat: »Das Schlimmste ist«, hat Wyatt gesagt, »wie sie auf mich deutet, wie sie fast schon damit prahlt, dass sie mich abweist, andere aber nicht.«
»Sie haben also keine Geständnisse«, sagt Wriothesley. »Wollen Sie, dass wir sie Ihnen beschaffen?«
Er sieht Nennt-Mich auf eine Weise an, dass dieser zurückweicht und Richard Riche auf den Fuß tritt. »Was, Wriothesley, denken Sie, ich bin den Jungen gegenüber zu weich?«
Riche reibt sich den Fuß. »Sollen wir die Anklagen entwerfen?«
»Nur zu. Vergeben Sie mir, ich brauche einen
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