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Falken: Roman (German Edition)

Falken: Roman (German Edition)

Titel: Falken: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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Geschichte unverständlich finden? Wenn Henry seine Konkubine loswerden will, könnte er es doch sicher auch in aller Stille tun?«
    Die Franzosen verstehen nichts von Gerichtsbarkeit und Parlamenten. Für sie sind die besten Maßnahmen verdeckte Maßnahmen. »Und wenn er seine Schande unbedingt in die Welt hinaustragen will, würden doch sicher auch ein oder zwei Ehebrüche reichen? Wie auch immer …« Der Gesandte lässt den Blick über ihn wandern. »Können wir von Mann zu Mann reden? Die große Frage ist doch, kann Henry es überhaupt tun? Nach allem, was wir hören, macht er sich bereit, und dann sieht ihn seine Lady auf eine bestimmte Weise an, und seine Hoffnungen fallen in sich zusammen. Das scheint uns Hexerei zu sein, da Hexen Männer für gewöhnlich impotent machen. Allerdings«, fügt Dinteville mit einem Blick skeptischer Geringschätzigkeit hinzu, »kann ich mir nicht vorstellen, dass sich ein Franzose davon so treffen ließe.«
    »Sie müssen verstehen«, sagt er, »obwohl Henry in jeder Hinsicht ein Mann ist, ist er doch auch ein Gentleman und kein grunzender Straßenköter, der sich in der Gosse mit … nun, ich sage nichts über die Frauen, die sich Ihr König aussucht. Diese letzten Monate« – er holt Luft – »die letzten Wochen im Besonderen, waren eine Zeit großer Widrigkeiten und Trauer für meinen Master. Er sucht nach Glück. Haben Sie keine Zweifel daran, dass seine neue Ehe sein Reich sichern und das Wohl Englands fördern wird.«
    Er spricht, als schriebe er: Er gießt seine Rede bereits in Depeschen.
    »O ja«, sagt der Gesandte, »die kleine Person. Man hört kein Lob über sie, weder über ihre Schönheit noch ihren Geist. Er wird sie doch nicht wirklich heiraten, noch eine Frau ohne jeden Rang? Wenn der Kaiser ihm so lukrative Partien anbietet … wenigstens hören wir das. Wir verstehen alles, Cremuel. Als Mann und Frau mögen der König und seine Konkubine ihre Auseinandersetzungen haben, doch es gibt nicht nur die beiden auf der Welt, wir sind hier nicht im Garten Eden, und am Ende ist es die neue Politik, in die sie nicht hineinpasst. Die alte Königin war, auf ihre Weise, die Beschützerin der Konkubine, und seit ihrem Tod überlegt Henry, wie er wieder ein ehrenhafter Mann werden kann. Also muss er die erste aufrichtige Frau heiraten, die er sieht, und es ist tatsächlich nicht wichtig, ob sie mit dem Kaiser verwandt ist oder nicht, denn sind die Boleyns erst weg, ist Cremuel obenauf, und er wird dafür sorgen, den Rat mit guten Imperialisten zu besetzen.« Dintevilles Lippe kräuselt sich, es könnte ein Lächeln sein. »Cremuel, ich wünschte, Sie würden mir sagen, wie viel der Kaiser Ihnen zahlt. Ich habe keinen Zweifel, dass wir noch etwas drauflegen können.«
    Er lacht. »Ihr Master sitzt auf heißen Kohlen. Er weiß, mein König hat gute Einkünfte, und er hat Angst, wir könnten Frankreich einen Besuch abstatten, und das unter Waffen.«
    »Sie wissen, was Sie König François schulden.« Der Gesandte reagiert gereizt. »Allein unsere Verhandlungen, unser Scharfsinn und unsere Subtilität halten den Papst davon ab, Ihr Land von der Liste der christlichen Nationen zu streichen. Wir sind, denke ich, Ihre treuen Freunde und vertreten Ihre Sache besser, als Sie selbst es tun könnten.«
    Er nickt. »Ich genieße es immer, die Franzosen sich selbst loben zu hören. Würden Sie später in der Woche mit mir zu Abend essen? Wenn alles vorbei ist? Und sich Ihre Empfindlichkeit gelegt hat?«
    Der Gesandte neigt den Kopf. Das Abzeichen an seinem Hut glitzert und funkelt, es ist ein silberner Schädel. »Ich werde meinem Master berichten, dass ich mit meinem Versuch in Sachen Weston traurigerweise keinen Erfolg hatte.«
    »Sagen Sie, Sie waren zu spät. Die Gezeiten waren gegen Sie.«
    »Nein, ich werde sagen, Cromwell war gegen mich. Übrigens, Sie wissen, was Henry gemacht hat, oder?« Er scheint amüsiert. »Er hat letzte Woche nach einem französischen Scharfrichter geschickt. Nicht nach einem aus unseren Städten, sondern dem, der in Calais die Köpfe abschlägt. Es scheint ganz so, als gebe es keinen Engländer, dem er es zutraut, seine Frau zu enthaupten. Ich frage mich, warum er sie nicht selbst herausholt und auf der Straße erwürgt.«
    Er wendet sich an Kingston, der schon älter ist und vor fünfzehn Jahren zwar im Auftrag des Königs einmal in Frankreich war, seitdem aber die Sprache kaum noch benutzt hat. Der Rat des Kardinals war, Englisch zu sprechen, und das

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