Falken: Roman (German Edition)
für eines entscheiden, und sie sagen, es muss ›verbrennen‹ sein, so wird eine Frau bestraft, wenn sie eine Verräterin ist.«
»Mylord Norfolk hat seine Anweisungen vom König.« Er will die Einwände niederschlagen, und er tut es. »Die Formulierung ist der Wunsch des Königs, und sagen Sie mir nicht, was erlaubt und was nicht erlaubt ist: Wir haben noch nie eine Königin vor Gericht gestellt.«
»Wir entwickeln die Regeln am praktischen Beispiel«, sagt der Lordkanzler freundlich.
»Beenden Sie, was Sie sagen wollten«, sagt er zu Norfolk und tritt zurück.
»Ich denke, das habe ich«, sagt Norfolk und kratzt sich die Nase. »… oder ihr soll der Kopf abgeschlagen werden, je nachdem, wie es der Wunsch des Königs ist.«
Der Herzog senkt die Stimme und schließt in einem eher unterhaltenden Ton, sodass die Königin das Ende ihres Urteils nicht mehr hört. Den Kern der Sache hat sie jedoch verstanden. Er sieht, wie sie von ihrem Stuhl aufsteht, immer noch gefasst, und er denkt: Glaubt sie es nicht? Warum glaubt sie es nicht? Er sieht hinüber zu der Stelle, wo Francis Bryan stand, doch der Bote ist bereits verschwunden.
Rochfords Prozess sollte damit beginnen. Sie müssen Anne hinausschaffen, bevor ihr Bruder hereinkommt. Der Ernst des Ereignisses ist verflogen. Die älteren Mitglieder des Gerichts tapsen hinaus, um zu pinkeln, und die jüngeren, um sich die Beine zu vertreten, sich zu unterhalten und die letzten Quoten für eine mögliche Freilassung von George zu erfahren. Die Wetten stehen zu seinen Gunsten, doch als er hereingebracht wird, zeigt sein Gesicht, dass er sich nicht täuschen lässt. Zu denen, die darauf bestehen, dass George freigesprochen wird, hat er, Cromwell, gesagt: »Wenn Lord Rochford das Gericht befriedigen kann, wird man ihn gehen lassen. Lassen Sie uns sehen, was er zu seiner Verteidigung zu sagen hat.«
Er hat nur eine wirkliche Angst: dass Rochford nicht für Druck zugänglich ist wie die anderen Männer, da er niemanden zurücklässt, der ihm wichtig ist. Seine Frau hat ihn betrogen, sein Vater hat ihn verlassen, und sein Onkel sitzt dem Gericht vor, das ihn anklagt. Er denkt, dass George beredsam und geistreich auftreten wird, und er hat recht. Als ihm die Anklage vorgelesen wird, bittet Rochford darum, die einzelnen Punkte einen nach dem anderen vorgetragen zu bekommen: »Denn was ist schon Ihre weltliche Zeit, Gentlemen, gegen Gottes Versprechen der Ewigkeit?« Hier und dort sieht er ein Lächeln: Bewunderung für seine Gewandtheit. Boleyn spricht ihn, Cromwell, direkt an: »Führen Sie die Punkte einen nach dem anderen auf. Wann und wo. Ich werde Sie widerlegen.«
Aber der Kampf ist nicht ausgeglichen. Er hat seine Unterlagen, und wenn es notwendig ist, kann er sie auch auf den Tisch legen und seine Anklage ohne sie vorbringen. Er hat sein geschultes Gedächtnis, seine gewohnte Selbstbeherrschung, seine Gerichtsstimme, die seine Kehle nicht anstrengt, und seine Weltgewandtheit, die seine Gefühle nicht anstrengt, und wenn George denkt, er wird straucheln, während er die Einzelheiten von verabreichten und empfangenen Zärtlichkeiten vorliest, weiß George nicht, woher er stammt: Der Angeklagte kennt die Zeiten und Umgangsformen nicht, die den Master Sekretär zu dem haben werden lassen, der er ist. Bald schon wird Lord Rochford sich wie ein ungeschlachter, weinerlicher Junge anhören. George kämpft um sein Leben und ist diesem Mann nicht gewachsen, dem der Ausgang des Verfahrens egal zu sein scheint: Lass das Gericht ihn freisprechen, wenn es will. Es wird ein anderes Gericht geben, einen anderen Prozess, weniger förmlich, der mit George als Leiche endet. Er denkt, dass der junge Boleyn gleich schon die Fassung verliert, dass er seine Verachtung für Henry zeigt, und dann ist es um ihn geschehen. Er gibt Rochford ein Stück Papier: »Hier sind einige Worte aufgeschrieben, welche die Königin zu Ihnen gesagt haben soll, und Sie Ihrerseits haben sie so weitergegeben. Sie müssen sie nicht laut vorlesen. Sagen Sie dem Gericht nur, ob Sie diese Worte erkennen.«
George lächelt verächtlich. Grienend genießt er den Moment, holt Luft und liest laut vor: »Der König bringt mit einer Frau nichts zustande, er besitzt weder die Fertigkeit noch die Kraft.«
Er hat den Satz vorgelesen, weil er denkt, dass er der Menge gefallen wird. Und so ist es, wenn das Lachen der Leute auch schockiert, ungläubig klingt. Aber von seinen Richtern, und auf die kommt es an, ist
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