Falken: Roman (German Edition)
würde uns ein › AB ‹ in die Haut sticken lassen.« Er reibt sich das Kinn. »Aber das wird sie sowieso, wenn sie Henry einen Sohn schenkt.«
Ihm ist bewusst, dass Fitz ihn ansieht. »Was das Thema Söhne betrifft«, sagt er, »habe ich Ihnen da schon gebührend gedankt? Lassen Sie mich wissen, wenn es etwas gibt, das ich für Sie tun kann. Gregory ist unter Ihrer Anleitung prächtig gediehen.«
»Es ist eine Freude mit ihm. Schicken Sie ihn mir bald wieder.«
Das werde ich, denkt er, und dazu die Pacht von einem oder zwei kleinen Klöstern, wenn meine neuen Gesetze angenommen sind. Auf seinem Schreibtisch türmen sich die Unterlagen für die neue Sitzungsperiode des Parlaments. In nicht allzu vielen Jahren möchte er Gregory neben sich im Unterhaus sitzen haben. Gregory muss lernen, wie das Reich regiert wird, mit allen Aspekten. Eine Sitzungsperiode ist eine zutiefst frustrierende Veranstaltung und eine Lektion in Sachen Geduld. Je nachdem, wie man es betrachtet. Sie verhandeln über Krieg und Frieden, streiten, behaupten und debattieren, murren und grollen, es geht um Besitztümer und Armut, Betrug und Gerechtigkeit, Gleichheit und Unterdrückung, Verrat, Mord und den Ausbau und die Fortführung des Gemeinwesens. Und am Ende landen sie wie ihre Vorgänger – zumindest bemühen sie sich darum – wieder genau da, wo sie angefangen haben.
Nach dem Unfall des Königs ist alles wie vorher und zugleich nichts mehr so. Er steht immer noch schlecht mit den Boleyns, Marys Unterstützern, dem Herzog von Norfolk, dem Herzog von Suffolk und dem abwesenden Bischof von Winchester, gar nicht zu reden vom französischen König, dem Kaiser und dem Bischof von Rom, auch als Papst bekannt. Aber die Auseinandersetzung – jede Auseinandersetzung – ist schärfer geworden.
Am Tag von Katherines Beerdigung fühlt er sich bedrückt. Wie eng wir unsere Feinde an uns pressen! Sie sind unsere Vertrauten, unsere zweiten Ichs. Als Katherine auf einem Seidenkissen in der Alhambra saß, eine Siebenjährige bei ihrer ersten Stickarbeit, putzte er in der Küche von Lambeth Palace Wurzeln, unter der Aufsicht seines Onkels John, des Kochs.
So oft hat er im Rat für Katherine gesprochen, als wäre er einer ihrer offiziellen Anwälte. »Sie argumentieren in diese Richtung, Mylords«, hat er gesagt, »doch die verwitwete Prinzessin macht geltend, dass …«, und: »Katherine wird das folglich anfechten.« Nicht, weil er auf ihrer Seite war, sondern weil es Zeit sparte: Als ihr Gegner fühlte er sich in sie ein, beurteilte ihre Strategien und erreichte ihre Schlüsse, noch bevor sie selbst es tat. Für Charles Brandon war das lange unverständlich: »Auf wessen Seite steht dieser Mann eigentlich?«, wollte er wissen.
Und immer noch gilt Katherines Fall in Rom nicht als beigelegt. Wenn die vatikanischen Anwälte erst einmal eine Sache aufgenommen haben, hören sie nicht einfach wieder damit auf, weil eine der Parteien verstorben ist. Womöglich kriecht noch nach unser aller Tod ein Sekretärsskelett aus irgendeinem vatikanischen Verließ, um seine Skelettkollegen in einer Frage des Kirchenrechts zu konsultieren. Sie werden mit den Zähnen klappern, und ihre abwesenden Augen werden sich in ihren Höhlen drehen, um zu erkennen, dass ihre Pergamentrollen, zu Staub zerfallen, im Licht tanzen. Wer hat Katherine entjungfert, ihr erster oder ihr zweiter Ehemann? Bis in alle Ewigkeit werden wir es nicht erfahren.
Er sagt zu Rafe: »Wer kann das Leben der Frauen verstehen?«
»Oder ihren Tod«, sagt Rafe.
Er sieht auf. »Nicht auch du! Du denkst doch nicht auch, dass sie vergiftet wurde, oder?«
»Es gibt Gerüchte«, sagt Rafe ernst, »dass ihr das Gift mit dem starken walisischen Bier eingeflößt wurde, das sie in den letzten Monaten, wie es scheint, gern getrunken hat.«
Er fängt Rafes Blick auf und unterdrückt schnaufend ein Lachen. Die verwitwete Prinzessin süffelte starkes walisisches Bier. »Aus einem Lederkrug«, sagt Rafe. »Und stellen Sie sich vor, wie sie ihn auf den Tisch geknallt und ›Vollmachen!‹ gebrüllt hat.«
Er hört jemanden herbeirennen. Was jetzt? Es klopft an der Tür, und sein kleiner walisischer Junge erscheint, völlig außer Atem. »Master, Sie sollen sofort zum König kommen. Fitzwilliams Leute sind hier. Ich glaube, es ist jemand gestorben.«
»Was, noch jemand?«, sagt er. Er nimmt seine Unterlagen, wirft sie in eine Truhe, dreht den Schlüssel und gibt ihn Rafe. Von nun an wird er kein Geheimnis
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