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Falkengrund Nr. 30

Falkengrund Nr. 30

Titel: Falkengrund Nr. 30 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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Polizei eintraf, erfuhr er nichts Neues. Ihre Personalien wurden aufgenommen. Der Blonde hieß Blake Owens und beteuerte nun, ihn verwechselt zu haben. Sir Darren wurde es freigestellt, Anzeige zu erstatten, doch er winkte ab. „Ich denke, wir können es mit einer Entschuldigung unter erwachsenen Menschen bewenden lassen“, sagte er. Er wollte die Sache schnell hinter sich bringen. Sein Tee wurde kalt, und er fühlte sich etwas müde.
    Owens entschuldigte sich zwar mit einem Händedruck, doch in seinen Augen glomm dabei ein Feuer auf, das ihm gar nicht gefiel. Es war, als habe er das ganze Theater absichtlich gespielt. Owens wirkte zufrieden mit dem Verlauf der Dinge. Mehrmals untersuchte Sir Darren seine Taschen, doch ihm war nichts gestohlen worden.
    Den Rest des Abends über dachte er über den Vorfall nach. Wenn dieser Blake Owens kein Taschendieb war, was hatte er dann von ihm gewollt?

3
    The fearful Doctor
    Am folgenden Tag hatte sich Sir Darren ein wenig Abwechslung aufs Programm gesetzt: einen Besuch in einer kleinen Privatklinik in Tottenham. Er wusste selbst nicht mehr genau, wo er auf die Adresse gestoßen war, doch anscheinend gab es dort einen Arzt, der eine ähnliche Erfahrung gemacht hatte wie er auf dem alten Friedhof bei Bingham.
    Der Dozent fühlte sich ein wenig abgespannt und orientierungslos und fragte sich, ob vielleicht eine Erkältung im Anzug war. Zurzeit übernachtete er in einem billigen Hotel, dessen Heizung eine blubbernde, erfolglose Schlacht gegen die Kälte führte, die durch die Fugen in der Wand ins Zimmer kroch.
    Das Äußere der Privatklinik war nichtssagend – ein rotes Ziegelhaus, wie es in London tausend ähnliche gab, ausnehmend schmutzig, bis auf ein etwa zwei Quadratmeter großes Stück, das jemand offenbar mit einem Hochdruckreiniger gesäubert hatte, ehe er bei der Arbeit unterbrochen worden war. Der Name der Institution – Pasewalk Clinic – stand in hässlichen rostigen Eisenlettern neben dem Eingang. Irgendetwas an dem Namen beunruhigte ihn. Er war nicht sicher, ob er ihn nicht in einem anderen Zusammenhang schon einmal gehört hatte.
    Er ging durch einen trostlosen Hof voller verschmutzter Ziegelmauern. An der Tür war mit vier Reißzwecken der Rest von etwas befestigt, was einmal ein A 3-Poster gewesen sein musste. Jemand hatte es abgerissen, und nun blieben nur die Ecken unter den Reißzwecken übrig. Blaues Papier mit einer leichten Musterung, die er nicht zuordnen konnte. Neben der Türklingel befand sich ein ausgebleichtes Schild ohne Namen. Der Besucher drückte den Knopf. Tief im Inneren des Hauses erklang daraufhin ein elektrisierendes Summen.
    Sir Darren wartete minutenlang und klingelte mehrmals. Inzwischen hatte er längst herausgefunden, dass die Tür nicht verschlossen war, und schließlich betrat er das rote Haus.
    Er hatte oft genug erlebt, dass sich hinter einer vernachlässigten Fassade ein ansprechendes Interieur verbarg (bei Schloss Falkengrund war das kaum anders), doch bei diesem Gebäude waren diesbezügliche Hoffnungen vergebens. Ein Flur mit einer Nische für eine Rezeption erstreckte sich fleckig und düster vor ihm. Der Empfang war nicht besetzt. Eine Nierenschale lag auf der Theke, und als er näher heranging, sah er, dass eine braune Flüssigkeit dort eingetrocknet war. Eine Fliege war darin verendet und bildete eine untrennbare Einheit damit. Aus der Wand neben der Rezeption hing ein Büschel Kabel heraus. Die Luft roch nach einer Mischung aus Rattenkot und Chemikalien.
    Die Klinik war verlassen. Er war umsonst hergekommen.
    Trotzdem würde er nicht einfach wieder umkehren. Es mochte Spuren geben, Unterlagen – Dinge, die ihm weiterhalfen. Falls nicht, konnte er immer noch die Nachbarn befragen. Vielleicht vermochten sie ihm zu sagen, wo die Ärzte der Pasewalk Clinic jetzt arbeiteten oder wohnten.
    Obwohl auch zur Seite eine Tür abging, entschied er sich für den langen Flur. Gleich zu Beginn fand er wieder eines der abgerissenen Poster. Es war dasselbe blaue Papier, das in Fetzen an der Wand verblieben war. Ein dünner Streifen lag zudem auf dem Boden und zeigte möglicherweise einen Ausschnitt aus einem Schiff. Genaues war nicht zu erkennen, denn über 90 Prozent des Blattes fehlten.
    Zu beiden Seiten gab es in regelmäßigen Abständen Türen. Sie waren ausnahmslos verschlossen. Frustriert kehrte Sir Darren zur Rezeption zurück und probierte den Weg nach rechts. Von dort aus gelangte er in ein enges Treppenhaus. Er bildete sich

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