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Falkengrund Nr. 32

Falkengrund Nr. 32

Titel: Falkengrund Nr. 32 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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Menschen in alten Schlössern und Burgen ermordeten, um ihre Mützen mit ihrem Blut zu färben. Über dem schrecklichen Ereignis musste er den Verstand verloren haben, glaubte nun tatsächlich an diese Fabelwesen. Glaubte, dass sie seinen Vater getötet und ihm als Trost einen Brief zurückgelassen hatten, der ihm Inspiration brachte. Wahrscheinlich hatte er ihn selbst geschrieben.
    Mama schluckte. Sobald sie sich selbst gefesselt hatte, würde er das Messer wegwerfen. Er würde es nicht mehr brauchen. Er würde in den Turm hinaufsteigen und einen großen Stein auf sie herabwerfen. Er würde es so lange tun, bis sie mausetot war. Dann würde er nach Hause fahren und einen neuen Brief schreiben, auf Gälisch, oder in einer Fantasiesprache, die nur er verstand. Mit ihrem Blut würde er schreiben. Oder einfach nur mit roter Tinte. Diesmal würden sie ihn kriegen. Er war im Dorf gesehen worden, hatte mit dem Wirt gesprochen. Aber wenn sie ihn fassten, war es schon zu spät. Dann lebte sie bereits nicht mehr.
    Warum hatte sie die ganze Zeit über nicht realisiert, dass sie es mit einem Geisteskranken zu tun hatte? Es hätte ihr auffallen müssen. Seine verrückten Methoden, Kleider zu entwerfen! Sein komischer gezwirbelter Schnurrbart! Seine häufigen Stimmungsschwankungen! Die anderen wussten schon, warum sie über ihn lachten. Warum hatte sie sich nicht an diesen Roy Richter gehalten, mit ihm geschlafen und ein paar schöne Tage in London verbracht? Warum war sie so naiv gewesen, sich von Nevins Altherrencharme einwickeln zu lassen?
    „Die Handschellen!“, mahnte er. „Es muss über die Bühne gehen.“
    Für einen kurzen Moment erwog sie, sich zu widersetzen. Er wollte sie nicht mit dem Messer töten, sondern mit einem Stein, wie es die Red Caps taten. Er musste sie so töten, um sein irrwitziges Bauwerk aus Fantastereien aufrecht zu erhalten. Aber dann dachte sie an die Schärfe der Klinge und gehorchte. Sie nahm die Handschellen. Ging die sechs, sieben Schritte zu den flachen Steinen am Turm. Setzte sich. Schloss das erste Paar um ihre linke Hand und dann um ihren rechten Fuß. Hatte er es in dieser Reihenfolge gewünscht? Egal. Sie erinnerte sich nicht mehr, und sie ahnte, dass es ihm egal war. Hauptsache, sie wurde zu einem wehrlosen Opfer.
    Er war ihr gefolgt. „Enger“, befahl er mit leiser Stimme, immer noch Gentleman. Er hatte recht. Sie hatte die Handschellen sehr locker geschlossen, so locker, dass sie mit der Hand herausschlüpfen konnte. Das war nicht Sinn der Sache. Verständlich, wenn er das monierte. Sie besserte nach. Nur ein wenig. Dann stand die Messerklinge vor ihrem Gesicht wie ein drohend erhobener Zeigefinger, und sie schloss die Handschellen, so weit es ging.
    „Weiter“, kommandierte er.
    „Nevin“, versuchte sie es noch einmal. „Wir können reden … Du hast gesagt, dass du mich magst. Ich mag dich auch, Nevin …“
    „Die anderen Handschellen!“ Er wurde unruhiger.
    Vor ihren Augen tanzten schwarze Punkte. Ihr Kreislauf begann schlappzumachen. Nicht wegtreten , redete sie stumm auf sich ein. Jetzt nicht das Bewusstsein verlieren, sonst kriegst du es nie wieder zurück.
    Er trat einen Schritt zur Seite, wie um sie zu betrachten. Sie sah den Ausdruck auf seinem Gesicht, eine Mischung aus Mitleid und Ernst. Kein Wahnsinn flackerte in seinen Augen, nur Entschlossenheit.
    Und da geschah es.
    Ein dunkler Schatten fiel vom Himmel und traf Nevin. Traf seinen Hinterkopf und seinen Nacken.
    Es krachte. Nevin MacNorras rammte sich das Messer in einer unkontrollierten Bewegung selbst in den Oberschenkel. Dann kippte er vornüber und fiel zwei Meter links von ihr auf die Steine. Mama sprang zur Seite, so gut es ihre Fesselung erlaubte. Ehe sie nach oben sah, starrte sie ihn an. Sein Kopf war zerschmettert, ein fast fußballgroßer Stein rollte ein kleines Stück weit davon und blieb mit der blutverschmierten Seite nach oben liegen.
    Nevin zuckte noch zwei, drei Mal, dann lag sein Körper still.
    Mama kreischte und versuchte zu fliehen, doch ihre linke Hand war mit ihrem rechten Fuß verbunden und ließ nur plumpe, ungelenke Bewegungen zu. Dazu kam der unebene Untergrund, der voller Geröll war. Und das größte Problem war ihre Panik. Die meiste Zeit verbrachte sie damit, an den Handschellen zu zerren, was vollkommen zwecklos war. Ein paar froschartige Sprünge brachten sie aus der unmittelbaren Nähe des Toten, dann rutschte sie auf den Steinen aus, schlug sich Knie und Ellbogen an.
    Sie lag

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