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Falkengrund Nr. 32

Falkengrund Nr. 32

Titel: Falkengrund Nr. 32 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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Halbinderin nicht am Ort befanden. Sanjays Vater hatte veranlasst, dass ihre Leiche nach Indien überführt wurde, wo man sie nach der hinduistischen Tradition am heiligen Fluss Ganges verbrannte. Aus diesem Grund waren keine Verwandten beim Gottesdienst im Schwarzwald anwesend. Sie alle waren nach Indien geflogen, inklusive ihres Freundes Paul.
    In den acht Tagen, die seit Sanjays überraschendem Tod vergangen waren, hatte keiner ihrer Kommilitonen und Lehrer den Schock überwunden. Mit gesenkten Köpfen ließen sie die Rede des Priesters über sich ergehen, und als sie das Gotteshaus verließen und zu den davor geparkten Fahrzeugen gingen, schien es, als hielten sie sich alle aneinander fest. Da auch die Köchin Ekaterini an der Trauerfeier teilgenommen hatte, wurde ein Catering-Service beauftragt, für den Leichenschmaus zu sorgen.
    Als das gute Dutzend Personen zum Schloss Falkengrund zurückkehrte und einen ihnen unbekannten dunkelblauen Daimler auf dem Parkplatz antraf, dachte man daher zuerst, er müsste etwas mit diesem Service zu tun haben. Im Wagen schien niemand zu warten. Machte der Fahrer einen Spaziergang in der Umgebung, um die Rückkehr der Bewohner abzuwarten?
    Sie alle verließen die Fahrzeuge, in schwarz gehüllte, niedergedrückte Menschen, von denen keiner eine große Lust verspürte, jetzt das Gemäuer zu betreten, das stets von Sanjays Schönheit und sonniger Art verzaubert worden war. Sie kamen sich nun alle vor wie ein Heer aus vielen Madokas oder Isabels, lustlos und in sich gekehrt, voll freudloser, morbider Gedanken. Natürlich fanden sich auch die beiden Gastdozenten Salvatore Cavallito und Dr. Roderich Konzelmann unter ihnen. Besonders Salvatore hatte niemand jemals mit einem so finsteren Gesicht gesehen. Die ganze Trauerfeier über waren ihm Tränen über die Wangen geronnen, und nun starrten seine Augen rot und voller Verzweiflung in eine Welt, die er nicht mehr wiedererkannte. Die Worte des Trostes, die der Priester gesprochen hatte, waren praktisch wirkungslos an ihnen allen abgeprallt.
    Werner Hotten, seines Zeichens Rektor, Gärtner, Hausmeister und gute Seele von Falkengrund, lief als erster auf das Portal zu und stocherte mit dem Schlüssel nach dem Schloss.
    Da öffnete sich plötzlich die Tür des Daimlers.
    Ein Mann entfaltete seine große Gestalt, und es konnte keinen Zweifel geben, dass er sich absichtlich verborgen hatte. Er trug einen Anzug, der nun zerknittert war. Das Gesicht mit der randlosen Brille war angespannt.
    „Angelika Dahlkamp!“, rief er.
    Alle erstarrten. Angelika, die als eine der letzten aus ihrem Fahrzeug gekrochen kam, stieß ein leises „Ja?“ aus, und der Kopf des Mannes ruckte in ihre Richtung.
    „Los, steig ein!“, kommandierte er. „Wir haben etwas miteinander zu besprechen.“
    Angelika wich zurück, strich sich verwirrt über ihr langes, widerspenstiges Blondhaar. „Wer sind Sie?“, fragte sie.
    Nun löste sich Werner von der Tür und lief auf den Fremden zu. Angelika war für ihn mehr als nur eine der Studentinnen – aus ihrer gegenseitigen Zuneigung machten sie mittlerweile kein Geheimnis mehr. „Was fällt Ihnen eigentlich …“, setzte der Rektor an.
    Und unterbrach sich abrupt! Der Fremde hatte unter seine Jacke gegriffen. Nun hielt er einen schwarzen Revolver in der Hand, den er langsam im Halbkreis hin und her schwenkte. Angelika stöhnte.
    Hauptkommissar Dirk Fachinger drängte seinen massigen Körper an Salvatore vorbei und fuhr den Mann mit dem Revolver an: „Hören Sie mit dem Blödsinn auf! Kriminalpolizei – lassen Sie sofort die Waffe fallen!“
    „Das werde ich nicht tun“, erwiderte der Fremde gepresst. „Und falls sich Ihre Hände auch nur einen Zentimeter von dem Punkt wegbewegen, wo sie jetzt sind, stirbt jemand. Ich habe freie Auswahl. Irgendeinen treffe ich schon.“
    Fachinger biss auf seine Unterlippe. Da er vollkommen privat hier war, trug er seine Dienstwaffe nicht bei sich. „Soll das eine Entführung werden?“, fragte er und versuchte seiner Stimme einen harten Klang zu geben. „Brechen Sie diese sinnlose Aktion ab, dann kommen Sie mit einem blauen Auge davon, das verspreche ich Ihnen. Falls jemand verletzt wird, dann …“
    „Ich will nur Angelika Dahlkamp“, wiederholte der Mann. Seine Füße scharrten unruhig im Kies. Man sah sofort, dass er so etwas zum ersten Mal tat. Und gerade das machte ihn so unberechenbar und gefährlich. Offenbar ging es um eine private Sache. Aber warum schien ihn die

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