Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falkengrund Nr. 33

Falkengrund Nr. 33

Titel: Falkengrund Nr. 33 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
Vom Netzwerk:
dass durchgeknallte Designer die Kulisse für einen Science Fiction-Film gestaltet hatten.
    Doch etwas anderes machte diese Vermutung unmöglich.
    In dem Gewirr von Gerätschaften gab es Aktivitäten. Nicht jene Art von Aktivität, die man von Maschinen gewohnt war. Da existierten keine beweglichen Teile, keine Kolben, Zylinder, Walzen, Spindeln oder Motoren irgendeiner Art. Auch gab es keine Bildschirme oder Displays, auf denen Daten dargestellt wurden. Vielmehr war die gesamte Maschinerie von einem einzigen gewaltigen Display überzogen – wie ein Lebewesen von einer Haut. Auf dieser durchsichtigen Oberfläche, die alles mit einschloss, jagten Lichtreflexe hin und her, in jeder Richtung, ein wildes Durcheinander von Informationen oder … Lebenszeichen?
    Enene musste an den Aufbau des menschlichen Gehirns denken. Würde es so ähnlich aussehen, wenn man einen Weg fand, jeden Nervenimpuls sichtbar zu machen?
    Damit nicht genug. Zwischen den Teilen der Maschinerie stiegen leuchtende Schemen auf, flossen durch die Luft wie halbtransparente Fische durch das Wasser. Wenn diese Erscheinungen dem Metall entstiegen, klangen Laute auf, die wie Seufzer anmuteten, und manchmal schien für Sekundenbruchteile ein Gesicht in den Nebeln aufzutauchen. Überall verliefen feine elektrische Röhren, die in verschiedenen Farben glommen, manchmal ganze Bündel davon, und um diese Röhren tanzten die feinstofflichen Gebilde wie Motten um das Licht.
    „Hier werden Seelen gemacht“, entfuhr es Enene. Wie er auf den abstrusen Gedanken kam, wusste er selbst nicht.
    „Ganz falsch“, erwiderte Baduwi hart.
    Vor ihnen erhob sich eine schiefe Ebene aus Metall, leicht gekrümmt und gedreht wie eine Rutsche im Erlebnisbad. Die vordere Hälfte, auf die Baduwi jetzt seinen Fuß setzte, war geborsten und matt. In fünf Metern Entfernung begann die Beschichtung, auf der die Impulse umherhuschten. Hinter ihnen drängte Omoba nach, der seine Zigarette zum Brennen gebracht hatte.
    „Was ist?“, wollte er wissen. „Ausgeflogen?“
    „Die Halle ist leer“, bestätigte Baduwi. „Keine Menschen. Keine Schatten.“
    Enenes Augen wurden schmal. „Aber die Maschinen – sie sind nicht abgeschaltet. Würden sie sie nicht abschalten, wenn sie …“
    „Hören Sie, Sie wissen gar nichts über sie“, unterbrach ihn Omoba. „Und wir wissen nicht viel. Warum sollten sie die Maschinen abschalten? Wir kennen nicht einmal die Energiequelle. Vielleicht lassen sie sich nicht mehr aktivieren, wenn man sie einmal vom Energiefluss abgetrennt hat.“
    „Wie Lebewesen, die nicht mehr wiederbelebt werden können, wenn sie einmal gestorben sind, meinen Sie?“ Enene sah unsicher ins Freie hinaus. Das Heck des Vans war zu erkennen. Und Bruder Quirinius, der scheinbar unschlüssig dort stand.
    „Was tun wir?“, fragte Baduwi. „Gehen wir weiter hinein, sehen uns das Kunstwerk an? Wir kennen das hier, und unsere Albträume werden nicht schlimmer werden, wenn wir es uns noch einmal ansehen.“
    Bruder Quirinius kam jetzt näher, als fühle er sich von Enene gerufen. „Sie sind noch da“, sagte er unvermittelt. „Die Dämonen sind nicht weggegangen.“
    „Wie meinen Sie das?“ Enenes Blicke zuckten zwischen dem Mönch und der fantastischen Maschinerie hin und her. Ganz in der Nähe erhob sich ein dampfartiges Etwas aus einer flimmernden kugelförmigen Verdickung in einem Rohr. Es presste sich geradezu heraus, und irgendwie sah es aus wie ein Küken, das sich aus dem Ei befreite. Nur dass es kein Küken war und dass das Ei nicht zerbrach. Es begann mit einem kerzengeraden Strahl, dieser fächerte sich auf und bildete unzählige Tentakel aus.
    Enene schüttelte sich, als einer der nebligen Arme ihn streifte. Er musste an die Frau denken, der er im Kino begegnet war.
    „Ich fürchte, sie haben zwar die Oberfläche aufgegeben, sich dafür aber sich in den Bauch der Erde verkrochen“, fuhr Quirinius fort.
    „Unterirdisch? Sollen wir nachschauen?“ Baduwi schlug das vor. Sein Grinsen wurde noch eine Spur breiter.
    „Vergessen wir Rupe nicht“, erinnerte Omoba.
    Enene öffnete den Mund, um den Wahnsinn sofort abzubrechen. Rückfahrt hieß das Wort auf seinen Lippen. Eine Expedition mitten in diese fremde Technologie hinein, ohne Vorbereitung, ohne Plan, mit einem bunt zusammengewürfelten Team, dazu ein schwerer Käfig, in dem eine nackte Schönheit hockte und sich wie ein Tier benahm … Was hatte er da losgetreten? Als er nach Afrika kam, um nach den

Weitere Kostenlose Bücher