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Falkengrund Nr. 34

Falkengrund Nr. 34

Titel: Falkengrund Nr. 34 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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nicht, sondern lag ohnmächtig in seiner Korkweste. Sein Kopf war nach vorne gekippt, sein Gesicht trieb im Wasser.
    Ein weiteres Mal stürzte sich Trent in den See, schwamm auf den Reglosen zu und hob sein Gesicht aus dem Wasser. Wie von Sinnen hämmerte er auf Carnackis Rücken herum und war erleichtert, als der Geisterfinder zu husten begann. Inzwischen hatte der Landwirt sein Boot von dem Gestell losgebunden, auf dem das Pentakel ruhte, und kam angerudert. Mit gemeinsamen Kräften hievten sie Carnacki in den Kahn.
    Als er klatschnass und mit halbgeöffneten Augen auf den Planken lag, fiel Trent ein kleiner, kantiger Gegenstand auf, der sich in Carnackis Hosentasche abzeichnete. Er setzte zu einer Frage an, doch er wurde unterbrochen, als die Konstruktion um sie herum ins Kippen geriet. Eine der Frauen hatte ihr Boot ebenfalls losgebunden, und nun ruhte die Struktur nur noch auf zwei Kähnen, von denen der eine – jener von Holburn – unbemannt war. Das Pentakel neigte sich und drohte die beiden Boote zum Kentern zu bringen.
    Minutenlang unternahmen sie Versuche, das Elektrische Pentakel in Richtung Ufer zu bewegen, bis sie die Aussichtslosigkeit ihres Unterfangens einsahen. Ohne Carnacki zu um Erlaubnis zu fragen, der noch immer mit der Bewusstlosigkeit kämpfte, lösten sie auch die restlichen beiden Boote noch. Der Landwirt behauptete im Brustton der Überzeugung, die Apparatur würde ohnehin schwimmen und keinen Schaden nehmen.
    Das war ein Irrtum. Da die Röhren keine Luft, sondern Vakuum enthielten (was er nicht bedacht hatte), versank das größte Elektrische Pentakel, das Carnacki jemals gebaut hatte, lautlos in den Tiefen des Lake Easton …

4
    Übelster Laune machte sich Sir Darren am Morgen auf die Reise nach Schottland. In diesem abscheulichen, im Gestank eines fauligen Tümpels dahinträumenden Kaff war noch nicht einmal ein heißes Bad aufzutreiben gewesen. Aus einem Bottich mit eiskaltem Wasser heraus hatte er sich den Schlamm vom Körper gewaschen und war kurz darauf todmüde ins Bett und in einen traumlosen Schlaf gefallen.
    Schon auf den ersten Meilen seiner Fahrt entwickelte er eine Theorie über die Ereignisse am Ushtington Pool. Der lebende Schlick, den er gesehen hatte, war der Geist des ertrunkenen Mannes gewesen – dass er die Puppe holen kam, konnte eigentlich nur eines bedeuten: Dass sie für ihn die Geliebte darstellte, mit der zusammen er ins Wasser gegangen war. Und das wiederum hieß: Die Echte war nicht dort unten bei ihm! Sie war vom Tode verschont geblieben wie später auch der weibliche Teil im Doppelselbstmord von Lake Easton. Während am Lake Easton der Ertrunkene eine Warnung auszusprechen schien, klammerte sich der arme Teufel im Ushtington Pool an eine Attrappe. Es hatte etwas Herzzerreißendes an sich, wenn man darüber nachdachte. Gleichzeitig mutete es wie ein grotesker Scherz an.
    Was würde Sir Darren am Loch Gacht in den Grampian Mountains erwarten? Noch ein See, noch ein verzweifeltes Liebespaar, bei dem nur die Frau dem Suizidversuch entkommen war? Wenn ja – was fing er dann mit diesen Informationen an? Der Spuk am Lake Easton schien etwas mit Carnacki zu tun zu haben, denn der Geist hatte mehrfach seinen Namen gerufen. Am Ushtington Pool hatte es ebenfalls ein Phänomen gegeben, doch ein Zusammenhang zu Carnacki war hier nicht festzustellen gewesen.
    Tagelang fuhr er mit offenen Augen durch ein Land und eine Zeit, die ihn mehr und mehr faszinierten. Er erlebte Geschichte hautnah, sah die Vergangenheit seiner Heimat mit eigenen Augen, bewegte sich in den Verkehrsmitteln dieser Zeit, hörte die Sprache, die Formulierungen der Epoche, las ihre Zeitungen, aß ihre Speisen. Natürlich war er auch ihren Gefahren ausgesetzt, und so wurde er in Glasgow in einen hässlichen Überfall verwickelt, bei dem ihm eine Gruppe von drei maskierten Halunken das Gepäck zu stehlen versuchte. Bei einer der zwei Taschen, die er mit sich führte, waren die Schufte erfolgreich, doch glücklicherweise befand sich darin nichts von großem Wert.
    Wie erwartet wurde das letzte Wegstück zu einer Tortur, denn der Loch Gacht lag weit abseits menschlicher Siedlungen. Sir Darren hatte in den letzten Jahrzehnten gelernt, wie man eine kleine Kutsche führte. Dies kam ihm nun zugute, denn Pferde und Gefährt ließen sich auftreiben – ein Kutscher hingegen nicht. Die letzten dreißig Meilen waren unwegsames Gebiet, schroff und tückisch, voller Schluchten und abschüssiger Pfade. Unablässig

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