Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken
täusche. Zumindest wird uns eine Art Rätsel erwarten, wie der Falkenstock es gewesen ist.«
»Du glaubst, sie haben auch so einen Falkenstock erhalten?«, fragte Tobias.
Sadik schüttelte den Kopf und lachte kurz auf. »La, das bestimmt nicht. Das wäre zu einfach. Wattendorf hat sich für Sihdi Roland und Sihdi Burlington garantiert etwas anderes einfallen lassen. Eine blühende Phantasie hatte er ja immer, das musste man ihm lassen. Wir dürfen also gespannt sein, was er sich für sie ausgedacht hat um ihnen die Entdeckung der Schlüssel für die inneren Pforten zu erschweren.«
»Was immer mit den inneren Pforten gemeint sein mag«, murmelte Tobias.
»Aiwa, was immer damit gemeint sein mag«, wiederholte Sadik nicht weniger grüblerisch.
Jana studierte die Karte mit ganz anderen Augen als Tobias und Sadik, die eifrig Vermutungen anstellten. Sie war einfach nur fasziniert, dass diese Landkarte mit all den geheimnisvollen Eintragungen überhaupt existierte – und damit die Legende von dem verschollenen Tal der Könige zu einem Ort werden ließ, den es tatsächlich irgendwo jenseits der großen ägyptischen Wüste gab.
Und der darauf wartete, wiederentdeckt zu werden!
Hoch die Kanne!
Die scharfe Klinge von Sadiks Messer durchtrennte Zeppenfelds Fesseln. Mit einer wütenden Gebärde schleuderte er die Stricke von sich und rieb sich die Handgelenke. »Wurde auch Zeit!«, stieß er in dem Irrglauben hervor, jetzt endlich freigelassen zu werden. »Hat lange genug gedauert, bis ihr begriffen habt, auf wie verlorenem Posten ihr steht! Will jedoch Nachsicht üben und vergessen, was geschehen ist! Gebt mir jetzt den Falkenstock und ich lass’ euch unbehelligt ziehen!«
Sadik bemühte sich erst gar nicht, darauf einzugehen. »Ausziehen!«, befahl er knapp.
Zeppenfeld sah ihn fassungslos an. Stenz, Tillmann und Valdek, die noch gefesselt am Boden hockten und gleichfalls erleichtert aufgeatmet hatten, waren nicht minder verstört.
»Ausziehen!«, wiederholte Sadik scharf.
Zeppenfeld straffte sich. »Was maßt du dir an, Sadik?«, stieß er empört hervor und warf jetzt auch einen drohenden Blick zu Tobias hinüber, der neben der Treppe stand. »Können uns noch im Guten trennen! Warne euch zum …«
»Und das ist meine letzte Warnung!«, fiel ihm Sadik grob ins Wort. Gleichzeitig vollführte seine Hand mit dem Messer eine blitzschnelle Aufwärtsbewegung. Die Klinge fetzte Zeppenfelds Hemd über der Brust auf, ohne jedoch seine Haut zu ritzen. »Wenn Sie sich nicht freiwillig ausziehen, erledige ich das auf meine Weise! Ich kann Ihnen jedoch nicht versprechen, dass Sie dabei so ungeschoren davonkommen wie bei diesem Schnitt!«
Zeppenfeld zuckte erschrocken zurück. »Muss den Verstand verloren haben!«, keuchte er.
»Ich zähle bis drei!« Sadiks Stimme war so schneidend wie sein Messer. »Eins! zwei …!«
»Werdet dafür bitter büßen!«, stieß Zeppenfeld wutschnaubend hervor, beeilte sich jetzt jedoch Sadiks Aufforderung zu befolgen. Seine ohnmächtige Wut wuchs noch, als er auch seine seidenen Socken und die teure Leibwäsche ausziehen musste. Nackt und zitternd vor Empörung stand er vor ihnen.
»Wir haben Kleider, die besser zu Ihnen passen, Zeppenfeld«, höhnte Sadik. »Gib ihm seine neuen Sachen, Tobias!«
Dieser warf ihm die Kleider, die Jacques zusammengesucht hatte,
vor die Füße. »Lumpen für einen Lumpen!«, bemerkte er.
Zeppenfeld funkelte ihn an, als wollte er ihn mit Blicken töten. »Wirst dafür bezahlen! Hast mein Wort drauf!«, zischte er.
»Ja, das Wort eines Lumpen«, entgegnete Tobias voller Verachtung.
»Anziehen!«, befahl Sadik knapp.
Mit sichtlichem Ekel zog Zeppenfeld die zerlumpten Kleider an und erging sich dabei in lästerlichen Flüchen.
Nachdem Sadik ihm wieder die Hände auf den Rücken gebunden hatte, befreite er Stenz, Tillmann und Valdek von ihren Fußfesseln. »Los, nach oben! Wir unternehmen eine kleine Spazierfahrt!«
»Wir müssen uns beeilen und verschwunden sein, bevor der Wirt und seine Frau aus dem Ort zurück sind. Jakob sitzt jetzt bestimmt schon in der Postkutsche«, sagte Tobias ungeduldig und tat so, als brächten sie Zeppenfeld und seine Handlanger ohne Wissen der Flosbachs aus dem Haus. Das war so mit ihnen abgesprochen, um die Gefahr so gering wie möglich zu halten, dass Zeppenfeld später auf die Idee verfiel seine Wut an Jacques und seiner Frau auszulassen. In Wirklichkeit hatten sie den Gasthof gar nicht verlassen, sondern
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