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Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Titel: Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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Toten, der zum Lebendigen spricht, ist der Brief gemeint.«
    »Ich bin gespannt, ob Jana es schafft, dieses Rätsel zu lösen«, sagte Tobias.
    »Erst müssen wir sie finden.«
    Kurz vor dem Morgengrauen gelangten sie über die Grenze, in sicherer Entfernung von der Landstraße und der Grenzstation. Das Großherzogtum Hessen-Darmstadt hatte sie wieder. Sadik trug nun die dunkelbraune Mönchskutte mit der Kapuze, die sein Gesicht ausgezeichnet verbarg. Ein Strick diente ihm als Gürtel.
    Die Idee im nächsten Ort ein einfaches Fuhrwerk und ein gutmütiges Pferd als Zugtier zu kaufen stammte von Tobias. Er legte sich auch die derbe Kleidung eines gewöhnlichen Fuhrknechtes zu, erstand zwei Ortschaften weiter eine Ladung Reisig sowie eine speckige Lederkappe von der Farbe seines Haars und lenkte den Braunen dann in Richtung Worms.
    Der sonnengebräunte Knecht auf dem Kutschbock erweckte auf dem Land und in den Orten genauso wenig Aufmerksamkeit wie der Mönch, der sich scheinbar von den Strapazen der Wanderschaft ausruhte und hinten auf der Ladefläche zwischen dem Reisig zu dösen schien.
    Die Suche nach Jana begann.
     

 
Wünsche und Zweifel
     
    »Liliputaner auf dem Hochseil! Ohne Netz und doppelten Boden! Die kleinsten Menschen der Welt mit der größten Akrobatendarbietung, die es je gegeben hat! Die Sensation von Paris und Kopenhagen, von Moskau und New York jetzt endlich hier bei Ihnen in Osthofen! … Kommen Sie, meine Herrschaften, treten Sie näher und lassen Sie sich diese Weltsensation nicht entgehen. Es ist die Gelegenheit Ihres Lebens die kleinsten Menschen der Welt und ihre atemberaubenden akrobatischen Darbietungen mit eigenen Augen zu sehen. Sie werden noch Ihren Enkeln von den unglaublichen Darbietungen erzählen, die Sie zu erleben das Glück hatten. Darbietungen, die jedes noch so verwöhnte Zirkuspublikum schon auf fünf Kontinenten in atemloses Staunen versetzt haben. Ja, man muss es selbst gesehen haben, um es zu glauben: Die Todesspirale! … Der Sprung durch die Feuerwand! Und der dreifache Salto über einem Wald von messerscharfen Lanzen! … Was wir Ihnen hier bieten, ist in der Tat einmalig auf der Welt! Doch seien Sie gewarnt, verehrtes Publikum! Was Sie dort im Zelt sehen werden, ist nichts für schwache Nerven! Und wer es mit dem Herzen hat, ist besser drüben bei Rudis Flohzirkus aufgehoben oder in Melchior Meilers Monstrositäten-Kabinett. Wem da schon der Atem stockt, dem wird hier das Blut in den Adern gefrieren, denn der Tod sitzt unseren tollkühnen Akrobaten, die ihr Leben jedesmal neu aufs Spiel setzen, stets im Nacken.«
    Er machte eine Pause.
    »Ich wiederhole: Das ist keine Vorstellung für zartbesaitete Gemüter! Wer nicht die Nerven und den Magen dafür hat, soll bei uns sein Geld stecken lassen, auch wenn er eine Weltsensation verpasst, die wohl nie wieder nach Osthofen kommen wird …«
    Fasziniert war Tobias stehen geblieben und hatte dem Schausteller zugehört, der auf einem Podest vor dem Eingang eines mit farbigen Wimpeln und Bändern geschmückten Zeltes stand und gestenreich seine kleinwüchsige Akrobatentruppe anpries. Er trug einen rot schillernden Anzug und einen hohen Zylinder von derselben Farbe. Das Sprachrohr, das er benutzte, um sich gegen die anderen Ausrufer zu behaupten, leuchtete wie eine rotweiße Spirale vor seinem Mund.
    »Das ist einer von der Sorte, die sogar die Behauptung zu verkaufen wissen auch noch einem Floh einen Rock schneidern zu können. Aber der Mann versteht sein Geschäft«, murmelte Sadik neben ihm bissig, das Gesicht im Schatten der Kapuze verborgen. »Nichts lockt die Menschen so sehr an wie die Lebensgefahr, in die sich andere begeben. Dafür sitzt ihnen das Geld locker. Nun ja, es gibt eben genug Dumme, die den Schwanz eines Esels nur mit der Laterne sehen.« Er zupfte Tobias an der Jacke. »Und nun komm, wir sind nicht zu unserem Vergnügen hier. Gleich ist es dunkel.«
    Nur widerstrebend löste sich Tobias vom Rand der Menge. Wenn er ehrlich war, hätte er sich diese Akrobaten gern angesehen, auch wenn er nicht so naiv war die vollmundigen Ankündigungen des Mannes für bare Münze zu nehmen. Mit derlei Übertreibungen arbeiteten alle Schausteller, wie er sehr wohl wusste. Aber ob es sich nun tatsächlich um eine Weltsensation handelte oder nicht, kümmerte ihn wenig. Er hatte noch nie Akrobaten auf dem Hochseil gesehen und er hätte seiner Neugier jetzt gerne nachgegeben. Doch das behielt er klugerweise für sich, denn Sadik

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