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Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Titel: Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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hatte für derlei Zirkus-Sensationen bedauerlicherweise nicht viel übrig. Vier Jahrmärkte hatten sie im Umkreis von Worms mittlerweile schon aufgesucht ohne jedoch eine Spur von Jana zu finden, was schon traurig genug war – aber auch ohne sich eine der so aufregend klingenden Attraktionen anzuschauen.
    Sadik vermochte diesen Volksbelustigungen nichts abzugewinnen. Tobias dagegen liebte diese eigenartige, exotische Atmosphäre einer Kirmes. Stundenlang konnte er sich auf so einem Platz herumtreiben und sich in dieser fremden Welt der Farben, Gerüche und merkwürdigen Gestalten verlieren.
    Der Jahrmarkt von Osthofen war der größte, den sie bisher besucht hatten. Der weitläufige Platz war mit Buden, Ständen und Zelten der verschiedensten Größe und Bemalung voll gestellt. Für die Kleinen gab es an den Buden Back- und Zuckerwerk jeder Art, Ballspiele, Ringewerfen, Rutschbahnen, Schaukeln und sogar ein richtiges Ketten-Karussell. Die Älteren drängten sich um die Schießbuden, wo man mit der Armbrust auf Holztiere schießen und bei genügend Treffern etwas gewinnen konnte, amüsierten sich an der Nagelbude und zogen dann vielleicht zum Boxzelt hinüber um die Mutigen unter ihnen anzufeuern, die gegen die Zirkus-Boxer in den Ring stiegen. Im Boxzelt, wo es nach Schweiß, Zigarrenrauch und Bier roch, ging es immer hoch her. Aber auch der Tanzboden und das Bierzelt hatten auf keinem Jahrmarkt über mangelnden Zuspruch zu klagen. Hier traf man sich immer wieder, nachdem man über den Platz gezogen war, sich an einer der vielen Essbuden gestärkt oder sich eine der angeblichen Sensationen angesehen hatte, wie die Tierdressur etwa oder die Clowns und Jongleure.
    »Wir sollten zum Fuhrwerk zurückkehren. Morgen ist auch noch ein Tag um uns hier umzusehen. Das Fest hat ja heute erst angefangen«, meinte Sadik, als überall Lampen und Fackeln angezündet wurden.
    »Aber so eilig haben wir es doch gar nicht. Das Fuhrwerk ist doch in bester Obhut«, hielt Tobias ihm entgegen, dem es alles andere als eilig damit war, jetzt schon das Nachtlager aufzuschlagen. Es juckte ihn vielmehr in den Fingern den einen und anderen Kreuzer hier unter die Schausteller und Budenbesitzer zu bringen. Und was sprach dagegen, der Suche nach Jana auch eine unterhaltsame Seite abzugewinnen?
    »Wir müssen uns noch einen besseren Platz für die Nacht suchen, mein Junge«, erinnerte ihn Sadik. »Ich möchte mir nicht wieder die ganze Nacht das Gejohle der Betrunkenen anhören müssen.«
    Tobias verzog das Gesicht. »Jetzt übertreibst du aber. So schlimm war es doch gar nicht.«
    »Ich fand es schlimm genug.«
    »Also gut, gehen wir zurück und suchen wir dir ein stilles Plätzchen«, brummte Tobias und wollte Sadik schon in die schmale Gasse zwischen zwei Budenreihen folgen, als eine Lücke im Gedränge vor ihm den Blick auf einen Kastenwagen freigab. Das farbenprächtige Gemälde, das auf die Längswand gemalt war, sprang ihm geradezu in die Augen: ein schillernder Regenbogen, der am hinteren Ende des Wagens zwischen Baumwipfeln aufstieg, unter zwei Wolken hindurchlief und vorn in einen Kessel mit Goldmünzen eintauchte.
    Abrupt blieb er stehen, starrte mit aufgerissenen Augen zu dem Kastenwagen hinüber und konnte es im ersten Moment nicht fassen. Er fürchtete, sein Wunschdenken der letzten Tage könnte bei ihm eine Halluzination bewirkt haben. Doch seine Sinne spielten ihm mitnichten einen Streich. Der recht plumpe Kastenwagen mit seiner auffälligen Bemalung löste sich nicht in etwas anderes auf. Er blieb – und zwar noch klarer und deutlicher, als er ihn seit Janas Aufbruch vom Falkenhof in seiner Erinnerung bewahrt hatte.
    »Mein Gott, Sadik!«
    »Was ist?«
    »Schau doch mal dort! Der Wagen da drüben! Das kann nur … Nein, das ist Janas Wagen!«
    Sadik blickte in die Richtung, in die Tobias deutete. »Aiwa, das ist er! Wir haben sie tatsächlich gefunden!« Er klang überrascht, als hätte er nicht wirklich daran geglaubt, dass ihnen das gelingen würde.
    Tobias lachte und lief los, von unbändiger Freude erfüllt. Jana! Sie hatten Jana gefunden! Was hatte er ihr nicht alles zu erzählen!
    Ein kleines Zelt, das oben spitz zulief, stand vor dem Kutschbock. Das Segeltuch war schwarz gefärbt und mit Tarotbildern und magischen Zeichen bemalt. Ein Vorhang aus Glasperlenschnüren verwehrte den Blick ins Innere, das von einer Lampe schwach erhellt wurde.
    Tobias war abwartend stehen geblieben, so dass Sadik ihn hatte einholen können.

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