Falkenhof 03 - Im Banne des Falken
ihr verschwindet!«, rief er ihnen barsch zu und machte eine entsprechende Handbewegung.
»Entschuldigen Sie, Mister …«, begann Sadik höflich.
Borstenkopf fiel ihm ins Wort, kam dabei aber näher. »Du kannst dir deine Puste sparen, Entschuldigungen inklusive. Gebettelt wird hier nicht!«, beschied er. »Und wenn ihr vor Einbruch der Dunkelheit noch den nächsten Gasthof erreichen wollt, solltet ihr hier nicht eine Sekunde länger verplempern. Im Feathers in Farnham gibt man auch Zigeunern Quartier, sofern sie im Voraus bezahlen.«
Jana blitzte ihn an. »Wofür halten Sie uns?«, rief sie empört.
Borstenkopf blickte auf den Bambuskäfig mit dem kleinen Affen in ihrer linken Hand und sah sie dann mit genauso viel ehrlichem Erstaunen wie Ärger an. »Sicherlich nicht für die Königin von Saba, Mädchen«, sagte er dann spöttisch. »Also macht keinen Ärger und verschwindet!«
Tobias musste zugeben, dass sie für die Augen eines englischen Torhüters ein recht merkwürdiges Trio abgaben und wenig Vertrauen erweckend aussahen. Sadik mit seiner getönten Haut und seinem fremdländischen Aussehen, Jana in ihrer auch nicht eben dezenten Kleidung und mit Unsinn unter dem Arm und er mit verknitterten Sachen, einem Degen an der Seite und einem Seesack über der Schulter. Zudem tauchten sie auch noch zu Fuß vor dem Tor von Mulberry Hall auf. Da musste auch ein weniger misstrauischer Mensch als dieser knurrige Borstenkopf seine falschen Schlüsse ziehen.
»Sie unterliegen einem wenn auch verständlichen, so doch kapitalen Fehler, der für Sie gewiss nicht ohne Konsequenzen bleibt, wenn Sie uns das Tor weisen, Mister! Denn meine Freunde und ich werden auf Mulberry Hall erwartet, auch wenn Sie diesbezüglich gewisse Schwierigkeiten haben, sich das vorzustellen, was wir Ihnen jedoch nachzusehen bereit sind, sind doch auch die Umstände von nicht ganz gewöhnlicher Art«, erklärte Tobias, bewusst etwas geschraubt und förmlich in der Wortwahl. Und im Tonfall deutete er die leicht herablassende, unterschwellig aber gereizte Haltung eines befehlsgewohnten Mannes der herrschenden Klasse an, der einem Bediensteten auf feine Art zu verstehen gab, dass er kurz davor stand, ihn zu verärgern und sich selbst in ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen.
Es war keine schlechte Imitation. Denn Borstenkopf, der sich schon abgewandt hatte und im Begriff stand zum Haus zurückzukehren, blieb augenblicklich stehen und schaute ihn erst verblüfft und dann verunsichert an.
»Sie behaupten, auf Mulberry Hall erwartet zu werden?«, fragte er.
»Das ist keine Behauptung, sondern eine Tatsache«, korrigierte Tobias ihn mit demselben Anflug von Arroganz, wie er sie sonst auf den Tod nicht ausstehen konnte. Doch was blieb ihm in dieser Situation anderes übrig? Er wollte nicht die Nacht im Wald verbringen oder zu Fuß nach Farnham zurückmarschieren müssen. »Mister Burlington …«
»Ha!«, rief Borstenkopf triumphierend, als hätte er ihn endlich eindeutig der Lüge überführt. »Auf Mulberry Hall gibt es keinen Mister Burlington!«
»Jah-salam!«, murmelte Sadik verständnislos. »Das ist unmöglich! Ich weiß, dass dies hier Sihdi Burlingtons Landsitz ist und …«
»Nein, einen Mister Burlington gibt es hier nicht, sondern nur einen Lord Burlington! Und wenn Sie mit Seiner Lordschaft bekannt wären, hätten Sie das gewusst!«, hielt ihnen Borstenkopf schroff vor.
Sadik war so überrascht, dass Rupert Burlington ein Lord war, wie Jana und Tobias. Letzterer fasste sich jedoch rasch. »Unter Königen gibt man nichts auf Titel. Und jetzt melden Sie unserem Freund Rupert endlich, dass Scheich Sadik Talib, der König der Beduinen, in Begleitung von Seiner Exzellenz Tobias Heller von Falkenhof und Prinzessin Jana zu Alouette seine oft wiederholte Einladung zu einem Besuch auf Mulberry Hall angenommen hat!«, herrschte er ihn nun an.
Borstenkopf fiel die Kinnlade herunter und seine Augen wurden groß. »Scheich Sarik Balib?«, fragte er verblüfft.
»Scheich Sadik Talib, König der Beduinen«, verbesserte Tobias ihn scharf, während es um Sadiks Mundwinkel kaum merklich zuckte.
»Und … und …«
»Exzellenz Tobias Heller von Falkenhof«, half Tobias ihm auf die Sprünge, »sowie Prinzessin Jana zu Alouette. Können Sie das behalten? Ein blinder Kutscher reicht uns für heute. Da können wir auf einen schwerhörigen Torhüter als Abendgabe sehr gut verzichten!«
Die Erwähnung des blinden Fahrers hatte fast noch mehr Wirkung als
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