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Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Titel: Falkenhof 03 - Im Banne des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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halsbrecherische Kunststück fertig, die Kutsche halb auf der Straße, halb zwischen Büschen und Bäumen zu wenden. Dann raste er wieder unter lautem Gesang nach Farnham zurück.
    »Jetzt verstehe ich auch das blöde Grinsen der beiden Männer, die uns vor der Taverne zugeschaut haben, wie wir in die Kutsche dieses Kerls gestiegen sind!«, ärgerte sich Tobias und schulterte seinen
    Seesack. »Der war ja so blind wie ein Maulwurf unter Tage!«
    Sadik nickte mit finsterer Miene. »Das ist wie mit dem Affen, der in den Spiegel schaute und sich für eine grazile Gazelle hielt!«
    Jana hob das Kinn und zog die Augenbrauen hoch, als wollte sie etwas zur Ehrenrettung der Affen sagen, ließ Sadiks Vergleich dann jedoch unkommentiert. Sie war viel zu froh, der Höllenfahrt entronnen zu sein und nur ein paar blaue Flecken davongetragen zu haben, um sich mit Sadik über Affen und Intelligenz in die Haare geraten zu wollen.
    Sie gingen die Straße hoch, die zu beiden Seiten von dichtem Mischwald gesäumt wurde und über der schon die langen Schatten des scheidenden Tages lagen.
    »Warst du schon mal bei Rupert Burlington auf Mulberry Hall?«, wollte Tobias von Sadik wissen.
    Dieser verneinte. »Ich traf ihn nur einmal mit deinem Vater in London im Hafen. Mir ist sein Familiensitz genauso fremd wie dir. Doch es soll sehr ansehnlich sein, wie dein Vater andeutete. Aber mehr als ein paar Worte hat er darüber nicht verloren. Du weißt ja, wie dein Vater ist.«
    Tobias verzog das Gesicht und sagte mit einem Anflug von Bitterkeit: »Ja, wichtig sind für ihn nur seine wissenschaftliche Arbeit und seine Expeditionen. Alles andere ist ihm wenig Aufmerksamkeit wert. Und das schließt mich, seinen Sohn, mit ein.«
    »Aber nicht, weil er gefühllos wäre und dich verletzen will, sondern weil er sich dessen gar nicht bewusst ist«, erklärte Sadik sanft. »Er ist ein Mann, der von seinen Träumen und seiner Arbeit besessen ist und dafür auch sein Leben geben würde.«
    Tobias warf ihm einen Blick zu, in dem ebenso viel Stolz wie Schmerz lag. »Du meinst, große Menschen werfen viel Schatten, ja?«
    »Aiwa, in der Tat«, bestätigte er ernst.
    Jana wurde bewusst, dass sie noch weniger über den Mann wusste, den sie aufzusuchen gedachte, als über Tobias’ ruhelosen Vater. Deshalb fragte sie: »Und was ist dieser Rupert Burlington für ein Mensch?«
    »Nun …« Sadik zögerte, zuckte dann mit den Achseln und sagte mit einem leichten Lächeln: »Er ist einfach durch und durch Engländer und eine interessante Persönlichkeit, das ist mal sicher. Er hat seine Marotten, die er in seiner Heimat zweifellos intensiver pflegen kann als auf einer Reise durch die Wüste. Doch da hat er sich als ein
    Mann von Charakter, Ausdauer und Selbstbeherrschung erwiesen. Er müsste jetzt Mitte Vierzig und noch immer Junggeselle sein, sollten sich seine Ansichten über die Ehe in den letzten Jahren nicht grundlegend geändert haben.«
    »So? Und was sind das für Ansichten?«, hakte Jana sofort nach.
    Sadik schürzte ein wenig die Lippen, als genösse er es, Rupert Burlingtons Betrachtungen zur Ehe von sich zu geben. »Wenn mich nicht alles täuscht, äußerte er sich einmal in dem Sinne, dass ein Mann, der später einmal ohne Reue auf sein Leben zurückblicken wolle, gut beraten sei, sich die ersten fünf Jahrzehnte der Herrschsucht und Launenhaftigkeit heiratswütiger Frauen zu entziehen. Eine erst dann eingegangene Ehe mit einer jungen Frau wäre mit der Abgeklärtheit des Alters und dem Wissen, den besten Teil des irdischen Daseins nicht vergeudet zu haben, erheblich leichter zu ertragen.«
    Tobias grinste unwillkürlich.
    »Ach, was du nicht sagst!«, sagte Jana gedehnt und mit sarkastischem Unterton. »Das klingt bei dir ja fast so, als ob du keine Schwierigkeiten hättest, für seine reichlich verquere und selbstsüchtige Ansicht Verständnis aufzubringen.«
    Sadik lächelte. »Sihdi Burlington vertritt einen Standpunkt, der meinem Volk nicht ganz fremd ist«, gab er mit fröhlichem Spott in der Stimme zu. »Scheich Abdul Kalim sagte schon, als man ihn mit jungen Jahren zur Heirat aufforderte: ›Heiraten? Hole ich mir selbst einen Sack voll Schlangen in mein Zelt?‹ Und sie war immerhin die bildhübsche Tochter eines anderen reichen Scheichs.«
    Jana verdrehte gequält die Augen. »Dann wünsche ich ihm und Mister Burlington eine Frau, die so denkt wie er und sich die ersten fünf Jahrzehnte ihres Lebens der Tyrannei und Selbstherrlichkeit der

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