Falkenhof 03 - Im Banne des Falken
Hauptsache, der Teppich ist in Sicherheit und Sie können ihn schnell wieder in Ihren Besitz bringen. Oder werden Sie da Schwierigkeiten mit Lord Pembroke bekommen?«
»Ganz und gar nicht!«, versicherte Rupert Burlington. »Wir sind eng befreundet. Und wenn ich Desmond die Kette mit den Krokodilzähnen zum Tausch anbiete, auf die er schon seit Jahren ganz versessen ist, wird der Teppich so schnell wieder auf Mulberry Hall sein, als könnte er fliegen. Wir müssen nur warten, bis er aus Irland zurück ist. Aber in spätestens zwei Wochen wird er wieder auf Royal Oak sein.«
Sadik runzelte die Stirn und Tobias fiel fast die Kinnlade herunter. »Lord Pembroke ist in Irland und kommt erst in zwei Wochen zurück?«
»So ist es«, bestätigte Rupert Burlington. »Er ist zu Gast bei Freunden, die da drüben ein kleines Poloturnier veranstalten. Nichts Großes, denn die Stallungen des Grafen, der sich ein paar Freunde eingeladen hat, bieten gerade mal fünfzig Pferden Unterkunft und Versorgung«, sagte er leichthin. »Aber vermutlich trifft der gute Desmond schon in neun, zehn Tagen wieder auf Royal Oalcein. Seine Frau, Lady Bridget, wird darauf bestehen, schon wegen der Anproben bei ihrer Schneiderin. Sie wird zum Kostümfest bestimmt wieder in einer atemberaubenden Aufmachung erscheinen. Zudem kann sie Pferde nicht ausstehen und findet Polo für einen Lord viel zu vulgär …«
»Kostümfest?«, fragte Sadik irritiert.
»Nun, ich gebe jedes Jahr in der ersten Septemberwoche ein Kostümfest auf Mulberry Hall, und diese Feste, für die ich einen gewissen Aufwand nicht scheue, wie ich freimütig zugebe, stehen mittlerweile in dem Ruf, zu den gesellschaftlichen Höhepunkten der Saison zu gehören. Bei solchen Festen fehlt Lady Bridget nie und zu meinen Kostümfesten lässt sie sich stets etwas Aufsehenerregendes einfallen.«
»Das heißt also, wir müssen warten, bis Lord Pembroke aus Irland zurück ist?«, vergewisserte sich Jana und aus ihrer Stimme klang unüberhörbar Enttäuschung.
»Ich bedaure, aber diese Geduld werden wir wohl alle aufbringen, Miss Jana. Denn es ist undenkbar, dass ich mich nach Royal Oak begebe und den Teppich ohne seine Zustimmung hole, auch wenn ich diese schon jetzt als gegeben voraussetzen kann. Es ist ein Gebot der Höflichkeit, das ich auch beim besten Willen nicht verletzen kann und will«, erklärte er. »Aber ich versichere, dass Ihnen Ihr Aufenthalt auf Mulberry Hall nicht langweilig wird.«
Tobias verzog das Gesicht. »So lange Zeppenfeld nicht weiß, wo er den Teppich suchen muss …«
»Diese Gefahr sehe ich nicht«, versuchte Rupert Burlington sie zu beruhigen. »Weder hier noch auf Royal Oak weiß jemand etwas von einem arabischen Gebetsteppich. Ich hatte ihn damals eigenhändig in meine Satteltasche gesteckt, um ihn einem der Stallburschen zu schenken, vergaß es dann aber. Erst als ich nach der Jagd noch spät in der Nacht mit Desmond zusammensaß, uns der Brandy ausging und ich mich meines gefüllten Flakons in meiner Satteltasche erinnerte, brachte ich auch den Teppich wieder zum Vorschein. Keiner von meinen Bediensteten hat diesen Teppich je zu Gesicht bekommen oder könnte gar darüber Auskunft geben, wo er geblieben ist. Ihre Sorge ist also völlig unbegründet.«
Sadik vertraute seinem Wort. »Gut, dann haben wir ja Zeit, uns zu erholen und mit dem Gedicht zu beschäftigen, das Wattendorf Ihnen mit dem Teppich zugeschickt hat.«
Rupert Burlington seufzte. »Es fällt mir schwer, es auszusprechen, aber … Brief und Gedicht existieren nicht mehr. Sie haben den Tag ihrer Ankunft auf Mulberry Hall nicht überlebt, wenn ich das so sagen darf, denn ich warf beides sofort ins Feuer.«
Ein unterdrücktes Aufstöhnen ging durch den Raum.
Tobias fühlte sich plötzlich todmüde. Der Brief! Das Rätsel, das ihnen den Weg zur Lösung des Geheimnisses wies, das Wattendorf im Teppich verborgen hatte, war zu Asche verbrannt. Unwiderruflich vernichtet! Hatten sie damit einen der beiden ›Schlüssel zu den Pforten im Innern‹, wie Wattendorf sie in seinem Brief genannt hatte, verloren und somit auch den Zugang ins Tal des Falken eingebüßt?
Jana machte ein nicht weniger bitter enttäuschtes Gesicht. »O Gott!«, murmelte sie niedergeschlagen.
Sadik gab einen schweren Stoßseufzer von sich. »Dann war es Allahs Wille«, versuchte er sich zu trösten.
Rupert Burlington machte eine zerknirschte, schuldbewusste Miene. »Ja, jetzt weiß ich, welche Dummheit ich damit begangen
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