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Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Titel: Falkenhof 03 - Im Banne des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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dass er beschloss, den berühmten Dichter töten zu lassen, jedoch nicht an seinem Hofe, wo es zu viel Aufsehen erregt hätte. Der in Ungnade gefallene Beduinenpoet sollte in der fernen Provinz al-Bahrain von dem dortigen Statthalter hingerichtet werden.«
    Tobias musste sofort an seinen Onkel denken.
    »Der König schickte ihn mit der Lüge auf die Reise«, fuhr Sadik fort, »dass ihn in al-Bahrain große Ehrungen erwarteten. Doch der Brief, den er ihm für den Statthalter mitgab, enthielt in Wahrheit den Befehl ihn töten zu lassen. Da Tarafa ja nicht lesen konnte, wusste er nicht, dass er sein eigenes Todesurteil mit sich trug. In der Wüste begegnete er jedoch einem weisen Mann, der des Lesens kundig war und ihm verriet, welches Schicksal ihm drohte. Er riet Tarafa, den Brief des Königs zu zerreißen, in den Euphrat zu werfen und nach Norden zu fliehen, wo die Macht des Königs ihn nicht erreichen konnte.«
    »Ein sehr vernünftiger Rat«, meinte Jana trocken, ahnte jedoch schon, dass dieser Beduinenpoet seine ganz eigenen Vorstellungen von Vernunft gehabt hatte.
    »Nicht für Tarafa«, bestätigte Sadik ihren Verdacht. »Er wies das Ansinnen des weisen Mannes von sich und antwortete ihm: ›Lesen ist eine große Kunst wie auch das Schreiben. Nie soll ein geschriebenes Wort auf den Wogen eines Stromes hinabtreiben und auf ewig in seinen Fluten versinken. Denn eines Tages wird man auch die Lieder und Gedichte des Tarafa niederschreiben und lesen. Deshalb kann ich nicht zulassen, dass etwas Geschriebenes durch meine Schuld zerstört wird.
    Lieber nehme ich den Tod auf mich, als dass ich ein geschriebenes Wort vernichte‹. Und genau das tat er auch. Er setzte seine Reise fort, übergab dem Statthalter den Brief mit seinem Todesurteil und starb einen qualvollen Tod, denn man begrub ihn bei lebendigem Leib.«
    Tobias wiegte den Kopf, als hätte er eine Menge an Tarafas Verhalten auszusetzen. »Na ja«, sagte er zögernd. »Prinzipien sind ja schön und gut, aber er hätte auch sein Leben und den Brief retten können.«
    Sadik schmunzelte. »Es geht hier nicht um Tarafa, Tobias. Es erübrigt sich auch zu fragen, ob er überhaupt wirklich gelebt oder ob er eine andere Wahl gehabt hat. Es gibt viele derartige arabische Geschichten, die alle dieselbe Moral verkünden: Geschriebenes darf unter keinen Umständen vernichtet werden!«
    »Eine Moral, die viel Toleranz voraussetzt«, meinte Jana. »Denn das geschriebene Wort entspricht ja nicht immer dem, was einem selbst als Wahrheit, als richtig und wichtig erscheint … wie das Beispiel mit dem König der Ghassaniden gezeigt hat.«
    Sadik nickte. »Wer das Wort eines Andersdenkenden so fürchtet, dass er es verbrennen und seinen Autor töten lässt, ist ein Tyrann, der um seine Macht fürchtet. Manchmal kann ein Tarafa mehr ausrichten als ein waffenklirrendes Heer. Denn kein Schwert ist schärfer als das Wort.«
    »Ein bisschen etwas von Tarafas Einstellung wäre bei Lord Burlington schon sehr wünschenswert gewesen«, seufzte Tobias. »Dann hätten wir den Teppich und das Gedicht. So jedoch werden wir vielleicht nie dahinter kommen, welches Geheimnis Wattendorf im Gebetsteppich versteckt hat.«
    »Man soll ein Kamel nicht störrisch nennen, bevor man es geritten hat«, meinte Sadik. »Und wer weiß, was aus den Tiefen des Gedächtnisses noch ans Licht bewusster Erinnerung steigt.«
    »Dein Wort in Allahs und des Propheten Ohr!«, sagte Tobias.
    »Wer zu hoffen und zu träumen aufhört, hört auf zu leben«, erwiderte Sadik und ging ins Nebenzimmer, um seinen Gebetsteppich auszurollen und das Nachtgebet zu verrichten.
    Tobias blieb derweil bei Jana. Gemeinsam spielten sie mit Unsinn, der an diesem strapaziösen und ereignisreichen Tag zu kurz gekommen war.
    »Was hältst du von Rupert Burlington?«, fragte er, als sie auf Mulberry Hall und seinen Besitzer zu sprechen kamen.
    »Ich mag ihn, aber er ist schon ganz schön verrückt, wenn ich ehrlich sein soll«, sagte sie offen.
    »Sind wir das denn nicht auch?« Er sah sie mit tiefem Ernst an. »Ich meine, immerhin sind wir quer durch Europa gezogen, haben uns schon mehrfach in höchste Lebensgefahr begeben und können noch nicht einmal erahnen, was uns noch alles erwartet, hier und in der Wüste. Und dabei wissen wir so gut wie nichts über dieses legendäre Verschollene Tal, das wir zu finden wild entschlossen sind.«
    »Du hast Recht, wir sind auf unsere Art nicht weniger verrückt«, gab sie zu. »Aber ich mag es so, und

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