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Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)

Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)

Titel: Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Rangnick
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auffordernd zu Ilija und strahlte ihn an. Voller Freude über seine Frau, die seit Tagen wie verwandelt schien, prostete er ihr zu. Sie malte sich eine russlandweite Renaissance ihres Bojaren-Geschlechts aus, er schwor seinem Jugendfreund, dem Präsidenten, blutiger Rache. Einen Ilija Dargilew servierte selbst der russische Präsident nicht so einfach ab, wütete es in seinem Kopf. Einem nach dem anderen würde er seinen Konkurrenten den Garaus machen und deren Syndikate übernehmen … Weiter kamen Ilija und Reja-Mira in ihren Gedanken nicht. Sie wurden samt den unersetzbaren antiken Gläsern, dem Geschichtsbuch und der halben Villa durch eine gewaltige Explosion in Stücke gerissen und von der Terrasse weit hinaus aufs Meer in den Sonnenuntergang geschleudert.

Berlin – Allgäu
    Bisweilen genügte schon die Übernachtung in einem Hotel der unteren Mittelklasse, um Walcher in tiefste Trauigkeit sinken zu lassen. Brunners Mitarbeiterin hatte die Zimmer gebucht, sicher nicht in böser Absicht, eher aus Sparsamkeit. Nachts in ein ausgestorben wirkendes Hotel zu kommen, einen schnarchenden Portier wecken zu müssen, der keine Reservierung auf den Namen Brunner fand, aber dennoch mit großzügiger Geste die letzten beiden Zimmer zuteilte, bezeichnete Walcher ja noch als vertretbar, aber als er dann in seinem Zimmer stand, sehnte er sich nur nach zu Hause.
    Schon der Geruch, irgendwo zwischen alten Socken und Zitronenfrische … Immerhin hing eine gerahmte Reproduktion von Klee auf der Streifentapete. Die nachträglich eingebaute Duschtoilette war winzig, deshalb hing das Waschbecken außerhalb, an der Wand neben dem Bett. Walcher suchte vergeblich nach einer Minibar, er hätte jetzt einen ordentlichen Schluck vertragen. Dafür öffnete er das Fenster, um wenigstens frische Luft hereinzulassen, aber was da aus dem Innenhof hereinwehte, erzählte von altem Fett, China und den Socken. Vermutlich wurden in der Schnellküche die Socken frittiert, die Hotelgäste unter den Betten zurückgelassen hatten. Walcher setzte sich aufs Bett, nur um bestätigt zu finden, dass es fürchterlich knarrte und die Matratze durchhing. Flüchtig nur dachte er an Susanna, aber der Tag und diese Umgebung ließen außer Traurigkeit keine Gefühle zu. Auf dem Tisch stand eine Nachttischlampe, Gelsenkirchner Barock, eine Bibel lag daneben und die Werbemappe des Hotels, für mehr war kein Platz. Davor stand ein Stuhl, an dem man nur schwer vorbeikam. Er passte nicht unter den Tisch und stieß mit der Lehne fast ans Bett. Um ans Fenster zu kommen, musste Walcher über den Stuhl steigen.
    Im Schrank stank es nach Mottenkugeln, aber vielleicht war es auch nur der Duft einer neuen Parfümkreation. Gut, dass er nichts hineinhängen musste. Das Zimmer war auch zu hoch, gut vier Meter. In kleinen, zu hohen Zimmern wirkte man noch verlorener, fand Walcher und beschloss, sich einfach ins Bett zu legen, das Bettzeug schien wenigstens frisch. Seine Socken würde er nicht ausziehen. Nicht, dass er fürchtete, sie zu vergessen, er ekelte sich nur vor dem Fußboden. Grauer, versiffter Nadelfilz.
    Er zog sich gerade aus, als es leise an der Tür klopfte. Brunner, niemand sonst würde in Berlin nachts um zwei Uhr an seine Tür klopfen. Oder? Kurz flammte der Gedanke an den Anrufer auf. Aus der Charité war der Anruf gekommen. Konnte es sein, dass dieser jemand wusste, dass er in Berlin war? Nein, das schien zu unwahrscheinlich. Blödsinnige Verschwörungstheorien. Und wenn doch, wenn es eine Schwachstelle gab, einen Informanten? Aber es war Brunner, und er hatte eine Halbliterflasche Schnaps in der Hand und einen Zahnputzbecher.
    »Hab’ ich unten besorgt, kann nicht schlafen, auch einen?«
    Walcher nickte, nahm den eingepackten Zahnputzbecher vom Waschbecken, pellte ihn aus der Hygienefolie und hielt ihn Brunner hin.
    Sie tranken schweigend und im Stehen, wie Raucher auf dem Gang während einer Besprechungspause. Jeder hing seinen Gedanken nach, nur das Ritual des gemeinsam eingenommenen Alkohols verband sie in diesem Augenblick.
    »Noch einen?« Brunner hob auffordernd die Flasche und füllte die Zahnputzbecher erneut, nachdem Walcher Zustimmung signalisiert hatte. Verbissen schluckten sie den Schnaps, wie ein Betäubungsmittel. Dann war die Flasche leer, und Brunner nickte, als hätten sie etwas Wichtiges erledigt. »Neun Uhr Frühstück, zehn Uhr Fahrdienst«, Brunner war der Alkohol anzuhören, »11 Uhr 45 Abflug Tegel, Zwischenlandung Frankfurt,

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