Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)
Friedrichshafen an 16 Uhr, noch was, schlafen Sie gut.«
»Auch so … und danke.«
SOWID
23 Uhr war es, Walcher saß am PC und machte sich Notizen über Berlin. Auf dem Heimweg nach der Ankunft in Friedrichshafen hatte er kurz bei den Armbrusters haltgemacht, um nach Irmi zu sehen, die sich bei ihren Großeltern einquartiert hatte. Von dort war nämlich der Weg zur Käserei, in der sie bis zum Schulanfang einen Ferienjob gefunden hatte, um einiges näher als von Walchers Hof. Aber Irmi war noch mit einer Freundin unterwegs, wie Armbruster augenzwinkernd erklärte, deshalb hatte er nur Rolli eingeladen und war nach Hause gefahren. Nach Hause! Das besaß nach den Erlebnissen in Berlin einen besonderen Klang. Und als er nach einem kurzen Waldlauf unter der Dusche stand, fühlte sich Walcher langsam wieder lebendig. Allein schon wegen seiner Liebe zum Wald könnte er niemals in einer Großstadt leben, der Hund vermutlich auch nicht. Die Wälder im Allgäu waren etwas Besonderes. Seit ihn der Revierleiter von Lindenberg über die speziell hier praktizierte Förderung natürlicher Ökosysteme aufgeklärt hatte, war ihm das noch deutlicher bewusst geworden. Aber vielleicht tat er Berlin unrecht, immerhin war es eine recht grüne Stadt, umgeben von ausgedehnten Waldzonen, Flüssen und Seen.
Er ergänzte seine Aufzeichnungen für das Dossier um einige Fakten, die noch dazu aus Deutschland stammten und die Brisanz des Themas unterstrichen. Als er an die toten Kinder dachte, hasste er sich für seinen Beruf. Das kam in letzter Zeit häufiger vor, stellte er fest. Seine Gedanken wurden durch Irmis Anruf unterbrochen. Sie meldete sich fürs Wochenende zurück. Im Übrigen sei Käsemachen käse, weil man dafür Kälber schlachten müsse, und das sei eine Sauerei, auch wenn Kässpatzen so gut schmecken würden. Dann musste Walcher den Hörer an Rollis Ohr halten, und dass der Hund sie hörte, bewies sein heftiges Schwanzwedeln. Als Walcher sich wieder in das Gespräch einmischte, hörte er, wie Irmi dem Hund sagte: »Und pass schön auf, dass Herrchen nix anstellt.« Da machte Walcher »wuff wuff« und hechelte in den Hörer: »Und du stellst nix mit deinen Freundinnen an.«
Lachend vermutete Irmi: »Das hat dir sicher Großvater gesteckt.«
»Hat er nicht«, widersprach Walcher, »er kann nur nicht so gut schwindeln wie du. Aber grüß ihn und auch Oma, und jetzt tschüs, schlaf gut.«
Eine halbe Stunde später, es war inzwischen Mitternacht, rief Dr. Lena Hein an. Sie klang, als wäre sie selbst um diese Uhrzeit noch in höchster Eile, und kündigte ihren Kurzbesuch für den nächsten Tag an. Auch Brunner, bat sie Walcher, sollte gegen neun Uhr bei ihm auf dem Hof sein. Denn sie hätte nur wenig Zeit, aber da sie bei ihrer Fahrt in den längst überfälligen Kurzurlaub an Weiler praktisch vorbeikam, wollte sie zu einem kurzen Gespräch haltmachen. Worum es sich handelte, wollte sie nicht sagen.
»Seien Sie mir nicht böse, aber es gibt Dinge, die man besser persönlich übermittelt. Außerdem brummt mir heute der Schädel, denn ich komme gerade eben erst von einem fürchterlichen Gespräch zurück, habe obendrein einen tierischen Hunger, und Koffer packen muss ich auch noch.«
Noch ehe Walcher etwas Mitfühlendes äußern konnte, hatte sie bereits aufgelegt. Er vermied es, sich darüber Gedanken zu machen, was Frau Dr. Hein wohl Wichtiges mitzuteilen hätte. Da auch Brunner dabei sein sollte, würde es wohl nichts Privates sein. Ihr Interesse an seiner Genesung nach dem Grillunfall war ihm nämlich einen Tick zu vertraut gewesen. Als sie sich dann nicht mehr meldete, hatte er sich geradezu befreit gefühlt. Brunner konnte er um diese Uhrzeit ungestraft anrufen, der ging selten vor Mitternacht zu Bett, und außerdem glaubte Walcher, dass es Brunners Selbstbewusstsein guttat, gebraucht zu werden.
Also rief er ihn an. Brunner war sofort am Apparat, er schien das Handy wirklich ständig in der Hand zu halten. Allerdings klang er, als hätte er schon einige Williams intus. Er sagte gleich zu, am nächsten Morgen pünktlich um neun Uhr auf dem Hof zu sein.
Walcher ging hinunter, um sich einen Kräutertee zu holen. Schon beim Frühstück hatte er ein Kratzen im Hals verspürt. Mit einer großen Tasse stieg er wieder hinauf, um weiter an seinen Notizen zu arbeiten. Eine Mail von Auenheim war gekommen. Will mich sicher von seiner Internet-Schandsäule überzeugen, dachte Walcher und sollte mit seiner Vermutung
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