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Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)

Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)

Titel: Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Rangnick
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Statt mich als Gärtner anzustellen, wäre ich gern Ihr Kellermeister.« Er pfiff leise durch die Zähne, drehte sich um und zählte flüsternd auf, was er sah. »Wein, Destillate, Wurst, Schinken, Gewürze, Konserven, Körner, Kartoffeln … Glauben Sie an die Wiederkehr des Jüngsten Tages?«
    »Irmi vermutet einen Hamster unter meinen Vorfahren«, grinste Walcher, »ich vermute, hinter meiner Vorratshaltung steckt eher ein untherapiertes Nachkriegsmangeltrauma, dem Sie allerdings diesen außerordentlichen Calvados zu verdanken haben. 80 Jahre alt, ein Geburtstagsfässchen, ich habe es auf einer Hofversteigerung in der Normandie kaufen können.« Er reichte dem Kommissar das Glas. Brunner inhalierte den Duft des Destillats, das die Farbe dunklen Bernsteins hatte, erst durch die Nase, bevor er mit spitzen Lippen einen kleinen Schluck einsaugte und verzückt die Augen schloss. Diesen Vorgang wiederholte er noch zwei Mal, dann hielt er Walcher sein leeres Glas hin und flüsterte: »Köstlich, einfach köstlich. Dafür verzeihe ich Ihnen alle Gemeinheiten der letzten Zeit.«
    Walcher verkniff sich die Frage nach den Gemeinheiten, füllte Brunners Glas und nahm selbst auch einen Schluck. Kommissar Brunner hatte absolut recht, der Calvados glich einer Offenbarung. In der ausgewogen samtigen Milde seiner Jahre erzählte er von den kleinen würzigsauren Äpfeln und dem Atlantiknebel, der in den frühen Herbstnächten ihr Aroma konzentrieren half. Und die Eichendauben legten Wert darauf, für den rauchigen Geschmack und die Farbe verantwortlich zu sein.
    »Dieser edle Tropfen und dieses alte Gewölbe wären doch ein trefflicher Anlass für das freundschaftliche ›Du‹, was meinen Sie?« Brunners Frage riss Walcher aus seiner druckreifen Calvadoswerbung. Etwas dümmlich meinte er, auch um Zeit zu gewinnen: »Wie du?«
    »Na eben nicht mehr Sie.«
    »Hab ich mir auch schon überlegt.« Walcher hoffte auf eine Eingebung, mit der er den Kommissar nicht kränken würde. »Wir haben ja wirklich schon einige … Fälle … gemeinsam durchgestanden. Und ich empfinde für Sie große freundschaftliche Sympathie …«
    Brunner unterbrach ihn etwas säuerlich: »Hab schon verstanden, sparen Sie sich die Eierei.«
    Walcher schüttelte den Kopf: »Lassen Sie mich doch ausreden. Ich bin ja im Prinzip überhaupt nicht gegen ein Du, ich duze Sie in Gedanken ja ohnehin schon lange. Aber Sie sind der Kommissar, der Vertreter der Staatsmacht, und ich bin der Journalist. Zwar nicht grundsätzlich Ihr Gegner, aber dennoch auch nicht unbedingt der Freund, eher eine Art … Kritiker … so wie Kasperle und Gendarm, verstehen Sie das? Vielleicht muss ich mal gegen Sie arbeiten oder mich strafbar machen.«
    »Sie haben vermutlich recht«, nickte Brunner, »vergessen Sie’s, war eine Schnapsidee.« Er hob sein Glas, und Walcher stieß erleichtert an und schenkte dann noch einmal großzügig von seinem heiligen Calvados ein. Brunner hob sofort wieder sein Glas und meinte: »Lassen Sie uns gemeinsam noch viele Augurenställe ausmisten, sehr geehrter Herr Walcher«, wobei er die »r« von Herr rollen ließ wie Donnergrollen.
    »Jawohl, Herr Kommissar«, grinste Walcher.
    »Wenn ich mir vorstelle, dass der Kommissar aus Lindau deutschlandweit die Russenmafia aufrollt, also das kann man sich getrost auf der Zunge zergehen lassen«, prostete er Brunner zu und war sich durchaus bewusst, ziemlich albern zu sein, aber das fand er in diesem Augenblick in Ordnung. Zumal auch Brunner einen in der Krone hatte, was ihn allerdings nicht von einer zynischen Retoure abhielt.
    »Dafür schreiben Sie dann den Leitartikel im Weiler Wochenblatt.«
    Das gab wiederum Anlass, sich erneut zu versöhnen und noch einige Calvados zu trinken, bis Rolli in den Keller bellte, weil das bestellte Taxi auf dem Hof hupte. Gemeinsam machten sie sich an den Aufstieg, der die gefährlichen Folgen eines ungezügelten Alkoholkonsums deutlich aufzeigte. Dagegen war die Erstbesteigung des Nebelhorns ein Kinderspiel, und beide freuten sich, als die Bodenklappe mit einem gewaltigen Rumms das tückische Kellerloch verschloss.
    Walcher brachte Brunner zum Taxi, weil er das Gefühl hatte, dass der Kommissar etwas unsicher auf den Beinen war, und verabschiedete sich mit dem Hinweis: »Morgen rollen wir Italien auf.«
    Von Brunner kam widerborstig zurück: »Schuppenflechte.«
    »Hä?«, machte Walcher.
    »Sie, lieber Herr Walcher«, Brunner bemühte sich um eine akzentuierte Modulation, »sind

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