Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)
ist die Lösung. Lebenslange Schutzhaft.«
Walcher ging nicht weiter auf Brunner ein: »Schaffen Sie das überhaupt noch bis heute Nachmittag? Geld, Nummernschilder, Handy, dieser Händler verlangt eine Handynummer. Halt das gleiche Zeug wie beim letzten Mal.«
»Bekommen Sie«, brummte Brunner, »wenn Sie versprechen, sich morgen im Abstand von zehn Minuten bei mir zu melden und außerdem einen Peilsender zu tragen.«
Am Nachmittag traf Walcher auf einen besorgten, aber freundlichen Brunner, der ihn zu einem Spaziergang einlud, weil das angeforderte, speziell markierte Geld noch nicht eingetroffen war. Durch wenig befahrene Seitenstraßen, vorbei an hinter Grün versteckten alten Villen schlenderten sie von der Polizeidienststelle aus zum Alten Friedhof. »Hier kann man sich ungestört unterhalten, und angenehm schattig ist es auch«, erklärte Brunner, als er sich auf eine Bank setzte. »Außerdem stand hier oder in der Nähe früher eine römische Villa, und diese Ädikulen haben ja auch was Italienisches. Da können Sie sich schon mal auf morgen einstimmen«, lächelte Brunner.
Walcher tat ihm den Gefallen und fragte nach, was in Gottes Namen Ädikulen wären.
»Grabhäuschen, klassischen Tempeln nachempfunden. Ich bin im Förderverein Alter Friedhof e. V., sonst wüsste ich das auch nicht. Wenn Sie morgen leichtsinnig sind, wohnen Sie auch bald in so einem Häuschen.«
»Hören Sie doch auf, ständig solche Szenarien zu zeichnen, diese Leute wollen unser Geld, nicht unsere Köpfe. Da halte ich die Autofahrt auf italienischen Straßen für ungleich gefährlicher. Aber dass Sie sich in solch einem Förderverein engagieren, überrascht mich«, lenkte Walcher ab.
»Na ja, engagieren ist ein bisschen hochgegriffen«, gab Brunner zu, »ich sitze hier oft, wenn ich nachdenken will, und spende deswegen hie und da ein paar Euro. Dieser Ort wirkt auf mich sehr beruhigend, außerdem halte ich ihn für ein außergewöhnliches Kulturdenkmal. Hier liegen Lindaus Wurzeln. Aber zurück zu Ihrer Einkaufsfahrt.« Brunner wiederholte seine Anordnungen, Empfehlungen und Bitten, wie er sie Walcher vor den Fahrten ins Burgund ans Herz gelegt hatte. Es wurde beinahe zu einem Grundkurs über Verhaltensweisen im Umgang mit Kriminellen. Aber Walcher ließ Brunners Schulstunde geduldig über sich ergehen. Als der Kommissar eine längere Pause machte, lud ihn Walcher zu einem Kaffee ein. Auf dem Weg über die Hauptverkehrsadern von Lindau, hinunter an den See, unterhielten sich die beiden über Puccinis Tosca , die Brunner auf der Bregenzer Seebühne gesehen hatte, wobei er kurz vor Ende von einem Regenguss durchnässt worden war. Er schwärmte trotzdem von der Seebühne: »Das ist wie ein Theater der Antike. Über dir der Himmel, und wenn vorne gerade nichts Vernünftiges läuft, dann sehe ich an der Bühne vorbei nach Lindau hinüber oder hinaus auf den See und träume.«
Da weder Walcher noch Brunner große Lust hatten, auf die Insel zu wandern, überquerten sie den Europaplatz und suchten den Schatten im Park vor der Brücke. Dort gab es auch einen Kiosk. Sie beschränkten sich allerdings beide auf ein Wasser, um die Entgiftung vom gestrigen Calvados zu beschleunigen, wie Brunner meinte. Eine gute halbe Stunde saßen sie auf der Seemauer und ließen sich von Sonnenreflexen auf dem Wasser blenden. Ihre Unterhaltung tröpfelte mit langen Unterbrechungen dahin. Walcher wollte wissen, ob Brunner schon mal in der Spielbank sein sauer verdientes Geld verspielt habe, deren Neubau direkt vor ihnen lag.
»Beamten ist generell Glücksspiel verboten, aber ich war schon mal mit einem Ministerialen da drin und hab ihm zugeschaut, wie er drei Monatsgehälter losgeworden ist. Ich hab dafür nichts übrig, dafür verdiene ich mein Geld wirklich zu hart. Waren Sie schon mal?«
»Ich habe mal für einen Bericht über die Veredelung von Schwarzgeldern in Spielbanken recherchiert«, nickte Walcher, »da musste ich auch rein, machte mich aber auch nicht sonderlich an. Aber den Leuten zuschauen, das gefällt mir.«
Brunner sah auf die Uhr: »Wir sollten«, meinte er und stand auf.
Eine Stunde später hatte Walcher alles für die Fahrt nach Italien erhalten, inklusive des letzten Ratschlags von Brunner, nämlich in Clusane, im Restaurant Punta dell’ Est, einen Kaffee zu trinken. Dort hätte er nämlich mal vor zehn Jahren übernachtet und den Blick auf den See genossen, der direkt am Hotel begann. Clusane läge nicht weit von Sarezzo, meinte
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