Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)
in ihm ein Feindbild auf. Schwelte Hass.
Sein Verstand riet ihm zur Flucht, doch sein Hass war inzwischen größer. Dieses Journalistenschwein zerstörte seine Existenz. Nicolas schleuderte voll grenzenloser Wut die halbleere Flasche gegen die Glasfüllung der Schiebetür zwischen Wohn-und Esszimmer. Sie durchschlug das wertvolle handgefertigte alte Bleiglas, das eine mit reifen Früchten gefüllte Porzellanschale darstellte, und landete mit einem dumpfen Aufschlag im Esszimmer. Sein Entschluss stand fest: Erst die Rache, dann die Flucht.
Er rief zwei seiner Helfer an, die ebenfalls der Razzia entgangen waren, und machte sich eine Stunde später, gemeinsam mit ihnen, auf den Weg Richtung Allgäu.
Wildziegen
Toni konnte bei seinen nächsten Besuchen ebenfalls keine erregenden Spiele beobachten, sondern nur einen offensichtlich gestörten Menschen, der sich alle vierzehn Tage ein Wochenende lang abrackerte und einen Rucksack nach dem anderen mit Steinen aus dem Bachbett füllte, zur Spalte schleppte und sie dort hineinschüttete. Dass sich der Pächter mit dieser Plackerei nicht nur fit halten wollte, war selbst Toni klar, obwohl er nicht zu den großen Denkern zählte. Allerdings konnte er sich diese sinnlose Steineschlepperei nicht erklären, bis er beobachtete, wie der Pächter eine verendete Ziege in die Spalte warf, um dann wieder Steine hinunterprasseln zu lassen.
Die Ziege, ein verwildertes altes Tier, vermutlich durch den Schuss eines Jägers nur verletzt, war in der Nähe der Jagdhütte verblutet. Der Pächter hatte den Kadaver wohl entdeckt und sich als Seuchenpolizei betätigt. Auch Toni wusste von dem Tier, weil er auf die Blutspur gestoßen war und befürchtet hatte, dass sie von einem seiner Rinder stammte. Toni hatte sie liegen gelassen, für die Aasfresser.
Mittlerweile schlich Toni nur noch aus reiner Neugierde um die Jagdhütte herum. Zu gern wollte er den Grund für die zähe Schinderei des Pächters herauszufinden.
Nächtelang grübelte Toni, und egal, was er tat, immer kreisten seine Gedanken darum. Irgendein düsteres Geheimnis musste sich dahinter verbergen. Vermutlich hatte der Pächter etwas in den Spalt geworfen, das nicht entdeckt werden sollte, aber das konnte vieles sein. Etwas Wertvolles schloss Toni aus, denn wer vergrub einen Schatz unter Tonnen von Steinen, noch dazu mit einem Ziegenkadaver obendrauf? Nein, es musste etwas sein, dessen Entdeckung der Pächter fürchtete. Zum Beispiel eine Leiche, oder er hatte irgendwelche Gifte auf diesem Weg entsorgt oder den Beweis für eine schreckliche Tat. Er würde es herausbekommen, nahm sich Toni vor. Vielleicht konnte er sich damit ja einen Batzen Geld verdienen und bräuchte dann seine guten Käslaibe nicht mehr zu Schleuderpreisen an die Händler abzugeben, sondern könnte sie selbst vermarkten oder sogar die Arbeit reduzieren und mehr zum Spaß auf dem Hof leben.
Je mehr er über diese Möglichkeiten nachdachte, desto verrücktere Schlüsse zog Toni aus dem mysteriösen Verhalten des Pächters. Er bedauerte es jetzt auch, dass er nie groß Kontakt mit ihm gehabt hatte. Der Vater kümmerte sich um alles, was die Jagdhütte betraf.
Wie eine Sucht drehten sich seine Gedanken ständig um die Spalte und den Pächter. Kaum entdeckte Toni den Geländewagen, unterbrach er seine Arbeit, packte eine Brotzeit in den Rucksack und machte sich auf den Weg.
Die Mutter übernahm dann mit einem vielsagenden Lächeln bereitwillig seine Aufgaben. Sie hoffte, dass Toni endlich hinter einer Frau her wäre, und dieser Gedanke machte sie überglücklich. Höchste Zeit, dass eine junge Frau ins Haus kam und Kinder … ganz warm wurde ihr dabei ums Herz, wenn sie sich doch endlich als Großmutter sehen dürfte. Jeden Sonntag betete sie in der Balderschwanger Dorfkirche den heiligen Schutzpatron Sankt Anton darum an. Der könnte sich ruhig etwas mehr um ihren Sohn kümmern, meinte sie, schließlich hatten sie ihm seinen Namen gegeben. Sie konnte nicht ahnen, was die wahren Beweggründe ihres Sohnes waren.
Rodica X
Zwei Stunden nach dem gescheiterten Versuch, Rodica wieder mit ihrer Familie zu vereinen, standen Hedwig und Rodica im Zentrum von Cluj vor einem Haus. Dieses Mal wurde ihnen die Tür geöffnet, als sie im dritten Stock an der Wohnungstür der Lehrerin Simone Nicholescou klingelten. Frau Nicholescou schloss Rodica so herzlich und selbstverständlich in die Arme, als wäre ihre eigene Tochter heimgekehrt. Der Tisch im kleinen Wohnzimmer war
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