Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)
gezündet …«
»Was hast du?«, fragte Walcher entsetzt.
»Du musst dir vorstellen, da erzählt dir so ein pädophiler Arsch, dass er die Kinder schminken und herrichten darf und sie sich dabei auf seinen Schoß setzen müssen und solch einen … einen Scheiß. Er entwirft auch die Kostüme und passt sie an. Und dann badet er die ›Dämchen‹, wie er sich ausdrückte, auch noch. Eines der Kinder schminkt und frisiert er bewusst hässlich, in der Hoffnung, dass es nicht verkauft wird, das bleibt dann bis zur nächsten Versteigerung im Schloss. Bis dahin hat er dann das Kind für sich, Arbeitslohn sei das. Verdammt noch mal. Dieser Arsch hat das mit einer derartigen Selbstverständlichkeit geschildert, da ist mir einfach der Gaul durchgegangen. Hab so getan, als ob er mich gestoßen und mein Glas ausgeschüttet hat, und ihm ordentlich eins auf die Nase gegeben. Meine Hand tut mir jetzt noch weh. Mich stößt niemand an, hab ich gebrüllt, damit die nicht auf die Idee kamen, ich hätte so etwas wie Gefühle der Kinder wegen.«
Unüberhörbar klang Stolz aus Johannes’ Stimme.
»Überflüssig und durchaus gefährlich, aber ich kann dich gut verstehen. Ich habe mich bei diesem perversen Sklavenmarkt so beschissen wie noch nie gefühlt und war kurz davor, das Ganze hinzuschmeißen. Seit ich im Kongo die Geschichte über Kindersoldaten gemacht habe, dachte ich immer, mich kann nichts mehr erschüttern … Ich recherchiere erst seit zwei Monaten«, fuhr Walcher nach einer Pause fort, »aber die Fakten, auf die ich allein schon in dieser kurzen Zeit gestoßen bin, gehen mir verdammt an die Nieren. Thailand zum Beispiel. Allein im vergangenen Jahr haben etwa sechs Millionen Touristen Thailand besucht, davon etwa achtzig Prozent Männer. Was bitte suchen Millionen männliche Singles in Thailand? Die Schönheit der Landschaft, das Vergnügen am berüchtigten Smog in Bangkok? Drogen, um den Nervenkitzel der drohenden Todesstrafe zu erleben? Selbstfindungskurse an einsamen Stränden? Kochkurse?«
»Dabei gibt es dort wie hier Gesetze, die den sexuellen Missbrauch von Kindern unter Strafe stellen«, ereiferte sich Johannes. »Aber niemand unternimmt ernsthaft etwas. Die Devisen der Touristen sind den meist korrupten Politikern natürlich wichtiger als der Schutz von Kindern. Aber noch mal zurück zu Bertram. Er wollte wissen, warum wir den weiten Weg auf uns nehmen und auch das Risiko beim Grenzübergang, es gäbe doch in Deutschland jede Menge Händler. Erst wollte er nicht herausrücken mit einer Adresse, aber dann habe ich wie zufällig einen Fünfziger aus der Tasche gezaubert und zack, rückte er mit einer Internetadresse heraus. Hoffentlich bringe ich sie noch zusammen, www.worldmarriage oder nein, www.worldwideheiratenfrauen.com, ja, das ist sie, glaube ich.«
»Ist notiert«, stellte Walcher fest und meinte, dass es nun höchste Zeit für die versprochenen Anrufe war. Zuerst wählte er die private Telefonnummer von Frau Dr. Hein, sie hatten vereinbart, dass er sie anrufen würde, egal wie spät es auch sein mochte. Dr. Hein war sofort am Telefon.
»Ich habe zwei Mädchen bei mir und bin mit ihnen bereits in Deutschland.«
»Wieso zwei?«, hakte sie sofort nach.
Walcher antwortete mit der bitteren Bemerkung: »Es gab sie zum Schnäppchenpreis.«
»Aha«, kam es aus dem Handy, »und wenn Sie genügend Geld dabeigehabt hätten, wie viele säßen dann jetzt in Ihrem Wagen?«
»Zwölf.«
»Wie viel mussten Sie für die beiden bezahlen?«
Walcher nannte den Betrag und fügte noch hinzu: »Den Höchstpreis, den sie für die Jungfrauen unter den frischen Hühnchen nehmen.«
Frau Dr. Hein flüsterte nur: »O mein Gott, ist das widerlich. Wenn es Ihnen recht ist, kommen wir morgen gegen die Mittagszeit, um die beiden bei Ihnen abzuholen.«
Sein nächster Anruf galt Kommissar Brunner, der sich ebenfalls sofort meldete. Auch ihn informierte er. Brunner raunzte allerdings ins Telefon: »Scheiße, warum haben Sie nicht alle gekauft?«
Zuflucht
Lange nach Mitternacht hielten sie endlich vor Walchers Hof. Trotz der fortgeschrittenen Stunde öffnete Marianne sofort die Tür. Johannes’ Freundin hatte darauf bestanden, hier auf die Rückkehr der beiden zu warten, und war von Zürich aus hergefahren, nachdem Walcher dort Johannes abgeholt hatte. Natürlich war auch Irmi noch auf und sah neugierig auf die schlafenden Mädchen.
»Was machen wir mit ihnen?«, fragte Johannes, nachdem er Marianne und Irmi begrüßt hatte.
Weitere Kostenlose Bücher