Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)
vorging, erst rauf, dann ein Stockwerk wieder hinunter, darüber hatte er noch nicht nachgedacht. Vielleicht, weil er einem möglichen Beobachter vortäuschen wollte, nicht der Puff, sondern die Wohnung darüber wäre sein Ziel. Wie auch immer. An diesem Donnerstag wurde ihm weder auf sein Klingeln noch auf sein zaghaftes Klopfen hin geöffnet, und auch nicht, als er mit der Faust gegen die Tür hämmerte.
Zwei Stockwerke über ihm schrillte eine keifige Stimme: »Dorte nix meh fickfick. Du gehe, sonste rufe Polizei.«
Adam fluchte, trat den Rückzug an und machte sich auf den Weg in seine Stammkneipe an der Markthalle. Dort fand er nach vier Bieren und zwei Schnäpsen endlich den Mut, den Wirt nach einer neuen Adresse zu fragen, und bekam auch eine, noch dazu ganz in der Nähe.
Es war inzwischen kurz nach 23 Uhr, aber einen Versuch war es doch wert, dachte Adam, zahlte und brach auf. Eine Stunde später war seine Welt wieder in Ordnung, jedenfalls bis er in der Diele der geräumigen Wohnung dem schmächtigen Russen hinter der Theke den Hurenlohn für das etwa 16 Jahre alte mandeläugige Mädchen aus Asien hinblättern sollte. 280 Euro! Das war mehr als doppelt so viel, wie er bisher immer bezahlen musste. Und mit dem Argument des Russen, dass die Nachfrage den Preis diktiere, konnte Adam wenig anfangen. Er weigerte sich, mehr als 80 Euro zu bezahlen, und drohte, ordentlich Rabatz zu machen, wenn das nicht in Ordnung ginge.
Der Russe blieb ruhig, fragte, ob das Adams letztes Wort sei, nickte ein trauriges Lächeln, als Adam ihm dies bestätigte, und kam langsam hinter der Theke hervor auf Adam zu. Vor Adam, der ihn um gut einen halben Meter überragte und sicher doppelt so viel wog, lächelte er und meinte in einem überraschend guten Deutsch: »Entweder du zahlsch jetzt oder später, entscheid dich für später, liegt Tal voll Schmerze zwischen.«
Adam glotzte den kleinen Russen sekundenlang an, so lange brauchte sein Hirn, um zu verstehen, dass dieser Winzling ihm Schmerzen androhte, ihm, dem starken Adam Karowitz. Da brannte bei Adam eine Sicherung durch, genau gesagt schmorte sie langsam, denn bis sie endgültig durchbrannte, dauerte es noch etwas. Aber dann straffte er sich, ballte seine riesigen Fäuste und holte mit der Rechten aus. Bevor jedoch Adams Faust im Gesicht des Russen landete, hatte der bereits zugeschlagen und Adams Kiefer gebrochen. Der Schlagring in der Faust des Russen traf Adam blitzschnell ein zweites Mal, seine Lippen platzten auf und zwei Schneidezähne brachen in der Mitte ab. Gleichzeitig rammte ihm der Russe ein Knie zwischen die Beine, dass Adam vor Schmerz und Übelkeit kurz die Augen schloss und ihm schwindlig wurde. Die Pistolenmündung, in die er blickte, als er die Augen wieder öffnete, brach Adams letzten Kampfeswillen. Er legte hektisch alles Geld auf die Theke, das er bei sich hatte, immerhin 215 Euro, und verließ fluchtartig das ungastliche Etablissement, so schnell jedenfalls, wie es ihm der höllische Schmerz im Schritt erlaubte.
Mühsam schleppte er sich nach Hause. Am nächsten Morgen meldete sich Adam krank. Sein Gesicht war unförmig angeschwollen. In den offenen Lippen, der Platzwunde am Kinn und im gebrochenen Kiefer pochten höllische Schmerzen, die er mit Schnaps zu betäuben versuchte. Den Fusel, mit dem ihn seine Mitbewohner versorgten, musste er allerdings durch einen Strohhalm einziehen, weiter bekam er den Mund nicht auf.
Der große starke Hengst Adam, der es den Hurenweibern so kraftvoll besorgen konnte, war ein großer Haufen jammerndes Elend.
Italien II
Nahtlos schienen die blauen glatten Flächen von Meer und Himmel am Horizont ineinander überzugehen. Trieb der Wind am Himmel einige Wolken vor sich her, so waren es auf dem Meer die weißen Segel, die zwischen Motorbooten und den großen Schiffen weiter draußen wie ein Schwarm pausierender Schmetterlinge anmuteten. Sie standen auf der Terrasse und bewunderten still das Panorama, das sich ihnen bot. Links und rechts von steil abfallenden Felswänden gerahmt, lag vor ihnen eine endlose Wasserfläche wie ein fester Körper.
Erst zehn Meter unter ihnen wurde das Meer lebendig und rollte in weichen Wellen gegen den Fels. Hinteregger hatte nicht zu viel versprochen, die Lage des Hauses war ein Traum. Seitlich und im Rücken von Felsen beschützt, öffnete es sich nur zur Seeseite und war auch nur von dort aus sichtbar. Der Zugang von der Landseite war allerdings etwas beschwerlich, eine steile Treppe
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