Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)
unterhalten und … wenn du nichts dagegen hast, hoffe ich, dass Susanna uns bald mal öfter besuchen kommt.«
Irmi gab sofort ihr Okay. »Die Armbrusters haben auch gemeint, es würde höchste Zeit, dass du wieder unter d’Leut kommst. Wir waren schon kurz davor, eine Kontaktanzeige aufzugeben.«
Bei der Vorstellung, dass die Armbrusters und Irmi sich zusammentaten, um ihn zu verkuppeln, konnte sich Walcher ein Schmunzeln nicht verkneifen.
Rodica VII
Die Frauen und Mädchen schliefen erschöpft nach der grauenvollen Nacht, in der eine halbe Busladung englischer Fußballfans die Wohnung besetzt und gesoffen und gekotzt hatte und dazwischen über sie hergefallen war. Die Nachbarn hatten sich über den Lärm beschwert, es war im Treppenhaus und auf der Straße zu tumultartigen Szenen gekommen. Zweimal waren Streifenwagen vorbeigekommen, aber die Polizisten hatten nur auf der Straße die Ausweise von besonders renitenten Typen kontrolliert und waren dann wieder davongefahren. Das Fußballspiel war ja schon längst vorbei, und was danach kam, war dann eher schon Privatsache. Irgendwann gegen Sonnenaufgang waren die Engländer abgezogen, weil es nichts mehr zu trinken gab, und hatten zwei ihrer total besoffenen Kumpels zum nächsten Taxistand mitgeschleppt.
Den malträtierten Frauen und Mädchen war jedoch nur eine kurze Erholung vergönnt. Grob wurden sie aus tiefem Schlaf wachgerüttelt und aufgefordert, schnellstens ihre Sachen zu packen. Keine zehn Minuten später saßen sie zusammengepfercht in einem Lieferwagen, unterwegs durch die erwachende Stadt, zu einer anderen Wohnung.
Rodica erlebte bereits den vierten Umzug binnen eines Monats, was sie allerdings nicht besonders berührte, wichtig war nur, dass sie ihren kleinen Freund, den Teddy, nicht vergaß. Ansonsten hoffte sie bei jedem Wechsel nur, dass endlich auch mal der Fette ausgetauscht würde, aber bisher hatte sich ihr Wunsch nicht erfüllt. Rodicas Peiniger wechselten sich ab, nur der Fette blieb, und er kam beinahe täglich zu ihr, wenn es keine Kundschaft gab. Manchmal wuchs ihr kleiner Teddy zu einem riesigen Monster, stürzte sich auf den Fetten und zerfleischte das Schwein, aber das passierte leider nur in ihren Träumen.
Die neue Wohnung glich den vorherigen. Sie lag im dritten Stock eines heruntergekommenen Hauses in einem ebenso heruntergekommenen Viertel im Osten der Stadt. Im Treppenhaus stank es nach einer Mischung aus altem Frittenfett, kaltem Rauch, billigem Rasierwasser, Schweiß und Kanalisation. Obwohl in der Wohnung seit dem letzten Krieg nichts mehr renoviert worden war, strahlte sie allein schon wegen ihrer großzügigen Raumaufteilung, den Parkettböden, üppigen Stuckdecken und den wundervoll gearbeiteten Türen eine gewisse morbide Gediegenheit aus. Das war dann aber auch schon alles Positive. Das Badezimmer und die Toilette schienen zwar geputzt, es stank aber bestialisch nach Salmiak und Reiniger. Die Hälfte der Jugendstilfliesen lag in einer Ecke, das Waschbecken war halb herausgerissen und wurde durch zwei Bierkisten gestützt. Auch der Heizkörper lehnte nur an der Wand.
Empfindliche Nasen rochen auch die Kanalisation, aber die Luft war derart mit Salmiak gesättigt, dass jeder mit tränenden Augen herauskam. Die Küche sah schäbig aus, und in den Zimmern standen je ein billiges Bett, ein klappriger Schrank, ein Stuhl, mehr nicht. Rodica nahm es kaum wahr, sie wollte nur schlafen, schlafen, schlafen.
Italien I
Nach dem San Bernardino öffnete sich der Himmel, und Italien begrüßte sie mit einem strahlenden Blau. Irmi hatte festgestellt, dass dies ihre erste längere gemeinsame Autofahrt war. Ständig bewunderte sie die Landschaften, Orte, Burgen und Höfe, an denen sie vorbeifuhren. Sie war voller Neugier und löcherte Walcher mit den verrücktesten Fragen, die er oft unbeantwortet lassen musste: »Aufschreiben und zu Hause nachschauen, ich weiß das auch nicht.«
Bei der ersten Rast riefen sie die Großeltern an und wollten wissen, ob mit Hund und Hof alles in Ordnung war. Dem war so, und Rolli bellte auch einen Gruß ins Telefon. Warum sie Rolli eigentlich nicht mitgenommen hätten, fragte Irmi, und Walcher erklärte ihr, dass in Italien ein Maulkorb, Tollwutimpfung, Versicherung und ein Gesundheitszeugnis notwendig wären. Auch seien lange Autofahrten für Hunde eine Tortour, und bis sie sich dann am Zielort an die neue Umgebung gewöhnt hätten, gehe es schon wieder zurück. Außerdem wäre Rolli nicht angemeldet,
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