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Falkenjagd

Falkenjagd

Titel: Falkenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Betz
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Elisabeth schnell. Sie perfektionierte ihre Rolle von
Besuch zu Besuch. Bis sie gurrend lachen konnte, auch wenn sie zu Tode
erschöpft war, oder sich, was immer öfter vorkam, im lärmenden
Labyrinth des Schlosses einsam fühlte und sich nach ihren Freundinnen
und kleinen Geschwistern sehnte.
    Er brachte ihr bei, Tricktrack zu spielen, und korrigierte
gelegentlich ihre Tischmanieren. Zu Weihnachten schenkte er ihr nichts,
aber zu Neujahr brachte er ihr einen gefleckten Spanielwelpen. Zuerst
versuchte sie, das Tier in ihrer Kammer zu halten, aber wenn sie
arbeitete, zerbiss es ihre Bettdecke und ihr zweites Paar Schuhe.
Deshalb stahl sie sich bei Einbruch der Dunkelheit an den Wachen vorbei
und schubste das Hündchen in eine Gasse. Der Markgraf fragte nie mehr
nach ihm.
    Ihre Arbeit bei der Weißwäsche blieb die
gleiche. Am liebsten bügelte sie. Es gelang ihr, dabei zu dösen und
Bettruhe nachzuholen, denn der Markgraf wollte sie ja nicht zum
Schlafen bei sich haben. Beim Bügeln stellte auch keiner neugierige
Fragen oder wollte sie dazu überreden, mit zum Tanz zu gehen, was sie
liebend gern getan hätte. Ohne dass sie ihn je gefragt hatte, wusste
sie, dass ihn das erzürnt hätte.
    Einmal brachte ihr ein Bauernknecht aus Muhr einen Gruß von
Georg, dem Saliterer. Sie hatte ihn kurz vor Lichtmess kennengelernt,
als alle jungen Leute der Gegend zum letzten Flachsrocken
zusammenkamen. Die Mädchen brachten Schmalzgebackenes mit, und die
Burschen kauften ihnen Bier. Georgs braune Augen waren zärtlich wie die
eines Rehbocks. Er roch auffallend anders als die Menschen, die
Elisabeth kannte, nach einer Mischung aus Molke und Heu. Das kam, weil
er sich oft wusch. Und, so verriet er ihr und machte dabei die
entsprechenden Bewegungen mit den Armen, weil er auch gerne schwamm. Er
zählte ihr auf, in welchen Dörfern er herumkam und wie viele Eimer
Salpeter er im Monat von den gekalkten Wänden der Ställe und Häuser
kratzte. Immer finde er neue üppige Ausblühungen, die so schnell
wuchsen wie Wiesenschaumkraut im Mai, weil der Urin der Tiere das Salz
unaufhörlich durch die Mauern trieb. Seine Arbeit würde immer
gebraucht, davon ließ sich gut leben, flüsterte er ihr zu und legte
schüchtern einen Arm um ihre Taille. Krieg war schließlich immer
irgendwo, und die Landesherren zahlten gut für den grünblauen Staub,
den er ihnen brachte, um Schießpulver daraus zu machen.
    »Der Kaiser, sagt man, will bald Salpeter zukaufen. Dann wird
er knapp, und auch meine Profite steigen«, sagte er und schaute sie
scheu an.
    »Um dich reißen sich bestimmt die Mädchen, Georg, du bist kein
Hungerleider«, hatte sie ihm geantwortet und es auch so gemeint. Er
gefiel ihr sehr. Sie hätte ihn damals nicht abgewiesen, wenn er mehr
gewollt hätte als hastige Küsse.
    Aber Georg war zu schüchtern. Er forderte sie bei der nächsten
Kirchweih nur zum Tanzen auf. Sie verabredeten sich für das
Johannisfeuer, doch in der Zwischenzeit sah sie der Markgraf, als sie
dem Vater während einer Beizjagd einen Krug Bier bringen musste, und
sie verlor noch am selben Tag ihre Unschuld und schämte sich, Georg
unter die Augen zu treten. Irgendwie musste er erfahren haben, dass sie
inzwischen im Schloss war.
    Elisabeth sagte dem Knecht, er solle dem Saliterer nichts,
aber auch gar nichts bestellen, drückte ihm für die Heimfahrt aber ein
großes Stück Speck in die Hand, raffte die Röcke und rannte die
östliche Treppe hoch.
    Ihr Herz klopfte ihr hart bis in den Hals, weil sie an Georg
denken musste und sie auf einmal seinen wunderbaren Geruch in der Nase
hatte, so als stünde er gerade in diesem Augenblick neben ihr. Hunger
leiden müsste sie bei ihm sicher nicht, aber niemals könnte sie in
seidenen Betten schlafen und sich abwechselnd Marzipankirschen und
Entenbraten in den Mund stopfen.
    Elisabeth war froh, dass niemand den schmalen Gang zur
Bügelkammer entlangkam, so dass sie sich noch eine Weile an die Wand
lehnen und von ihren Erinnerungen Abschied nehmen konnte.
    Es war Mitte März 1734, als sie ihm sagte,
dass sie ein Kind erwartete. Sie spielten gerade eine Partie
Tricktrack, und Elisabeth häufte ein Goldstück nach dem anderen vor
sich auf. Der Markgraf gab ihr jetzt zu Spielbeginn immer eine
bestimmte Summe, und was sie gewann, durfte sie behalten. Ende Oktober,
Anfang November sei es so weit, fuhr sie fort, allerdings erst nachdem
sie seine Möglichkeiten, die weißen Steine zu bewegen, gründlich
abgeschätzt hatte.
    Charles ließ

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