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Falkenjagd

Falkenjagd

Titel: Falkenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Betz
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beredet werden muss, ist gesegneten Leibes. Sie wird zu meiner
großen Freude und mit Gottes Hilfe im Herbst niederkommen. Versteht er?«
    Ischerlein verstand sehr wohl. Auch ihm war dergleichen schon
einmal passiert. Allerdings hatte sich seine Freude darauf beschränkt,
das Dienstmädchen Rachel mit ein paar Kreuzern so schnell wie möglich
aus dem Haus zu befördern.
    »Ich brauche die Summe, die nötig ist, um Georgenthal
standesgemäß herzurichten.«
    Nach einer halben Stunde waren sie sich einig. Ischerlein
würde die Summe für die Renovierung, Ausstattung und Möblierung von
Georgenthal bis zu einer Höhe von fünfundvierzigtausend florentinischen
Gulden übernehmen. Als er zwei Stunden später wieselflink aus dem
Schloss huschte, wurde er von den im Treppenhaus promenierenden
Schwätzern und aufgeputzten Damen, die seiner Meinung nach dem Herrgott
seinen lieben Tag stahlen, keines Blickes gewürdigt. Unauffällig
verschwand der Mann, der im Rücken des Markgrafen bald der mächtigste
Mann in ganz Brandenburg-Ansbach werden sollte, in die engen dunklen
Judengassen.
    Die Lindenalleen im Hofgarten leuchteten
hellgrün zu den Schlossfenstern hinauf, als Elisabeth zum ersten Mal
nach Georgenthal fuhr. Der Markgräfin wurde berichtet, das Mädchen sei
in einem einfachen roten Kleid zu Serenissimus in die Kutsche
gestiegen. Jeder wunderte sich, dass sie diese Frechheit ruhig und mit
nichts als einem Achselzucken zur Kenntnis nahm. Heistermann war sogar
regelrecht gekränkt – er hatte sich einen furiosen Eklat
gewünscht.
    Der Markgraf lehnte sich mit einem tiefen Seufzer in die
Polster der Kutsche. Wie so oft fühlte er sich in Elisabeths Gegenwart
wie durch einen Zauber besänftigt. Zumindest für ein paar Stunden. Ihr
gelang es, die Stürme, die aus heiterem Himmel über ihn kamen, in ihre
drahtigen Locken abzuleiten und dort gefangen zu halten, bis sie als
harmloses Sommerlüftchen in sich zusammenfielen. Dafür war er ihr
dankbar. Sein aufbrausendes Gemüt bereitete ihm oft Kummer. So hatte er
zum Beispiel vor einem knappen Jahr einen Fallmeister erschossen, weil
er ihn verdächtigt hatte, die Jagdhunde zu vernachlässigen. Hinterher
bereute er seine Tat sehr und stellte der Witwe eine hohe, lebenslange
Pension aus.
    An manchen Tagen konnte er weder sitzen
bleiben noch sich auf die Akten, die man ihm vorlegte, konzentrieren.
Alles in ihm zuckte und zappelte. Dann musste er hinaus und jagen.
Natürlich spürte er, dass jedermann seine Schwächen beobachtete.
Besonders seine Frau. Ihrem Blick entging nichts. Dieser Blick, so
nüchtern und unbestechlich, machte ihn konfus und brachte seine Wut zum
Überkochen. Friederike verachtete ihn. Das hatte er vom ersten Tag an
gefühlt. Nein, er hatte es nicht schlecht mit ihr gemeint. Er wollte
ein guter Ehemann sein, aber sie hatte es nicht zugelassen. Ihre Art,
alles wie durch eine Lupe zu betrachten, raubte ihm den letzten Rest
Ruhe. Er betete oft, kein schlechter Mensch zu werden. Er wollte auch
nicht, dass die einfachen Leute ihn als jähzornigen und grausamen
Fürsten ansahen. Bei Gott, das wollte er nicht.
    Charles blickte wieder zu Elisabeth hinüber.
Sie freute sich über seine Freude, wenn er den Flug eines Falken hoch
oben am Himmel im Auge behielt. Sie redete ihm gut und sanft zu, damit
er den Geheimen Hofräten ein Todesurteil ohne Unterschrift zurückgab.
All diese Eigenschaften machten sie ihm lieb und wertvoll, und er
bemerkte gerührt, dass er selbst immer häufiger daran dachte, die mit
Rosenwasser getränkten Marzipankugeln einzustecken, die sie so gerne
naschte.
    Manchmal fragte er sich, ob seine Liebe zu Elisabeth der
zwischen seinen Eltern ähnelte. Natürlich war seine Mutter überaus
gebildet und belesen gewesen, aber die ungewöhnliche Innigkeit zwischen
seinen Eltern gab doch viel Anlass zu Gerede. So viel Gefühl war bei
einem Herrscherpaar einfach ungewöhnlich. Die Hofdamen genierten sich,
das hatte ihm seine Amme erzählt, wenn die Markgräfin ihrem Mann wie
eine junge Bürgersfrau in die Arme flog und ihn glückselig
›Engelsmarkgraf‹ nannte. Sein Vater hielt sich nie eine Mätresse. Er
krümmte sich vor Angst und Schuldgefühlen, als Christiane Charlotte in
den Wehen lag und schrie. Die Menschen knieten derweil vor dem Schloss
und beteten um das Leben der Markgräfin.
    Wenn er seine Ehefrau frei hätte wählen können, so überlegte
Charles, hätte er sich eine wie Elisabeth gewünscht. Eine, mit der man
stundenlang querfeldein

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