Falkenjagd
leisten konnte. In
die deutsche Provinz schickte Mosche jeden zweiten Monat Schnittkopien
der neuesten französischen Mode, gestreifte Seide und
Chinoiserietapeten, nach dem neuesten Schrei zu possierlichen Hündchen
geschneiderte Flohfallen mit Rubinen als Augen sowie aphrodisisches
Parfüm. Natürlich auch Bücher, vor allem aber detaillierte
Beschreibungen von grandiosen Feuerwerken, Gartenanlagen und den vielen
verrückten Ideen aus den Salons, die jetzt wie Pilze aus dem Boden
schossen.
Low Israels Kredit machte es auch möglich, den berühmten Carlo
Carlone anzuwerben. Er sollte in zwei Monaten nach Ansbach kommen und
für vereinbarte achttausend Gulden das Deckenbild im Festsaal al fresco malen. Der Jude profitierte
seinerseits erheblich von seinem Engagement bei Hofe, denn viele der
fränkischen Adeligen, aber auch reiche hugenottische Flüchtlinge, die
sich in der neuen Auslage prächtige Häuser bauen ließen, bezogen die
dafür erforderlichen Mittel über ihn. Allerdings zu deutlich höheren
Zinsen als der Markgraf.
Wie immer brachte der Hofbankier seinem Markgrafen ein
hübsches und ein kurioses Geschenk mit. Letzteres war dieses Mal die
getrocknete Schwanzflosse eines Bartenwals. Das erste zielte auf die
größte Leidenschaft des Markgrafen ab. Von einem zierlichen Meißner
Kaffeekännchen lächelte eine Amazone, die mit stolzer Geste einen
Wanderfalken auf ihrem Handschuh trug.
Charles dankte mit aufrichtiger Freude und erkundigte sich
zunächst eingehend nach Low Israels Kenntnissen bezüglich des Erfolgs
von Porzellanmanufakturen. Low Israel, der wusste, dass er sich auf das
verlassen musste, was er wirklich beherrschte, versprach, seinen Vetter
David Wassermann heimliche Erkundigungen in Berlin und Kopenhagen
einholen zu lassen. Auch als der Markgraf schließlich auf die komplette
Sanierung von Georgenthal zu sprechen kam, passte der Hofjude. Seine
Reserven seien erschöpft, klagte er. Mancher Rückfluss lasse auf sich
warten. Er nannte nicht ohne Absicht den Namen des Geheimen Rates von
Pölnitz, dessen Stadtpalais gegenüber dem markgräflichen Ballhaus schon
seit einem Jahr fertig und bezogen war, ohne dass ihm der Zins,
geschweige denn die fällige Rate erstattet wurde. Aber er, Low Israel,
könne Isaac Nathan empfehlen.
So lernten sich in den ersten Frühlingstagen 1734 Markgraf
Karl Wilhelm Friedrich und Isaac Nathan aus Kleinlangheim, genannt
Ischerlein, kennen. Isaac Nathan hatte bislang kaum das Ghetto
verlassen, dort aber still und zielstrebig sein Vermögen gemehrt. An
dem Tag, an dem er so überraschend ins Schloss bestellt wurde, setzte
er alles auf sein Glück. Mit Absicht kleidete er sich in seinen
abgeschabten mausfarbenen Alltagskaftan, setzte den Hut aus Bärenfell
auf und brannte sich nur frisch die dünnen Schläfenlocken.
Als er auf den hallenden Gängen vor dem Audienzzimmer auf und
ab ging, beugte er, obwohl er noch ein junger Mann war, ein wenig den
Rücken. Er gab vor, scheu und ängstlich zu sein, um nicht den Spott
oder Ärger eines gelangweilten Höflings zu provozieren. Durch hohe
Türen hörte er Gebrüll, dann, wie aus den Fensternischen »von Eyb«
gezischt wurde. Ischerlein riskierte einen Seitenblick.
Ein Mann in Uniform mit zusammengepressten Lippen stürmte aus
dem Empfangszimmer und schleuderte Heistermann laut »dreckige Kanaille«
entgegen. Der Zwerg schwenkte übertrieben tief seinen mit Juwelen
besetzten Hut und furzte. Ein Lakai schubste den Juden in den Saal
hinein.
Der Markgraf tobte noch immer. Die Tür schloss sich. Einem
Kammerjunker wurde die Perücke vom Kopf gerissen, schwere Fäuste
hämmerten auf eine Konsole, jemand goss Wein nach, der Markgraf sackte
auf seinen Sessel, schrie etwas von Betrug und Prozess machen, riss
sich den Rock auf, stutzte über Ischerlein, winkte ihn zu sich und
erzählte ihm keuchend und zusammenhanglos von seinem Ärger.
Er pfiff nach einer sehnigen, sandfarbenen Bracke, kraulte sie
und küsste ihr ein Ohr, dann bot er Nathan Wein an, seufzte und fluchte
noch ein paar Mal. Schließlich richtete er das Wort an den Juden.
»Ich habe nur Gutes über ihn gehört. Und er weiß ja, dass sein
Fürst auch den ungetauften Landeskindern wohlgesinnt ist. Wenn er mir
jetzt hilft, wird das dem Ansehen seiner Glaubensbrüder nur nützen.«
»Alles, was Hochfürstliche Durchlaucht wünschen.«
»Knien braucht er nicht, steh er!«
»Zu gütig, zu gütig.«
»Ich will es kurz machen. Eine Demoiselle, deren Person hier
nicht
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