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Falkenjagd

Falkenjagd

Titel: Falkenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Betz
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Bäume für ein
paar Minuten zusammen. Danach arbeiteten sie bis zum Anbruch der
Dunkelheit weiter. Bis ein Gewitter aufkam und sie die Röcke hoben und
die Hemden aufschnürten, damit ihnen der Wind über die bloße Haut
strich.
    Ein paar Tage später verteilten sie sich auf den Tennen der
größeren Höfe, wo quer über die ganze Länge runde Balken mit eng
beieinander eingeschlagenen Kämmen geklemmt waren. Mit einem schnellen,
heftigen Ruck zogen die Mädchen ein Büschel Flachsstängel nach dem
anderen durch die Eisenzähne und riffelten so den Samen ab, der am
Boden zu körnigen Pyramiden anschwoll wie in einer großen Sanduhr.
    Elisabeth saß auf einem Hocker neben Marie Schmiedinger, deren
Bruder in der Ansbacher Hofgärtnerei arbeitete, und fragte sie nach dem
Aussehen und Benehmen der Frauen am Hof, den seit Jahren andauernden
Umbauten am Schloss und schließlich nach dem Wesen des Markgrafen aus.
Das Mädchen, das von schweren Brüsten nach vorne gezogen wurde, so dass
es aussah, als habe es einen Buckel, schaute Elisabeth dumpf an. In
ihren stecknadelkleinen Augen flackerte Bosheit auf. Mit schmatzenden
Lippen sagte sie: »Der Markgraf soll bei Seiner Königlichen Hoheit zu
wenig Vergnügen finden und muss sich deshalb oft anderweitig bedienen.«
    Elisabeth lachte so laut wie die anderen, fragte aber nicht
mehr weiter, sondern ließ ihre Hände noch eifriger hantieren als zuvor.
Dass die Schmiedingerin öfter zu ihr hingaffte, ignorierte sie.
    Das dritte Geschenk ließ auf sich warten.
Allerdings, so hörte Elisabeth die Leute sagen, waren der Markgraf und
die Markgräfin mit einer großen Entourage zum Erbprinzen nach Bayreuth
gereist, der seit Kurzem mit der ältesten Tochter des preußischen
Königs verheiratet war, der Schwester der Markgräfin. Angeblich hatten
die Bayreuther Herrschaften aus Italien einen berühmten Kastraten
kommen lassen, den sie ihren Gästen vorführten.
    Dann aber, Anfang September, brachte ein Ansbacher Reiter in
Husarenuniform ein Holzkästchen, das er der Mademoiselle nur persönlich
übergeben durfte. Elisabeth öffnete es, wühlte alles Stroh heraus und
fand ganz unten ein kleineres, kunstvoll geschreinertes Kästchen. In
einem Tuch aus dickem blauem Samt lag sorgsam eingebettet ein
zerbrechliches Spielzeug. Ein Mann mit schwarzem Dreispitz auf der
weißen Perücke, gekleidet in einen himbeerroten Rock und
eierschaumfarbene Kniehosen, reichte einer Dame einen kleinen Käfig, in
dem ein winziges Vögelchen auf einer Stange saß. Die Dame war
geschmückt mit sechzehn taubenblauen Schleifen, wie Elisabeth sofort
nachzählte. Elisabeths Fingerkuppen wanderten über die hervorstehenden
Schnörkel, Rosetten, Glieder, Nasen und Locken dieser leblosen Welt aus
Porzellan, rieben die blanken Rundungen und spielten mit den kleinen
Überraschungen, die sich noch am Pantoffel oder dem mit den maigrünen
Blättern besetzten Geäst eines kleinen Bäumchens finden ließen. In
ihrem ganzen Leben hatte sie nichts Schöneres gesehen.
    Mit diesem dritten Geschenk erwachte ihr
Ehrgeiz. Große Gefühle hatte sie nie kennengelernt, dafür war sie immer
zu hungrig oder zu müde gewesen. Wenn sie nun nachts auf ihrem
Strohsack lag, dachte sie sich Liebkosungen und Posen aus, mit denen
sie den Markgrafen das nächste Mal beglücken wollte. Elisabeth war nie
eitel gewesen. Jetzt aber zupfte sie morgens so lange an ihrem
Brusttuch herum, bis ihr ihr Dekolleté reizvoll genug erschien, und
band sich Schleifen in ihr Haar. Egal, ob sie gerade den Boden
schrubbte oder den Kleinen Brot aufschnitt, mit einem Ohr horchte sie
immer, ob Reiter auf den Hof kämen. Und obwohl sie es liebend gern
getan hätte, war sie klug genug, den Mund zu halten und mit keinem der
anderen Dorfmädchen über ihre Hoffnungen zu spekulieren.
    Der Brief war natürlich ein Problem. Elisabeth hatte ihn, ohne
das Siegel zu brechen, im Bettstroh verschwinden lassen. Sie wusste
nicht, wem sie ihn zum Lesen geben sollte. Der Pfarrer kam nicht
infrage. Der Vater, der ein Halsabschneider und Taugenichts war und die
Mutter ins Grab getrieben hatte, schon gar nicht. Von ihren Freundinnen
konnte keine mehr als den eigenen Namen kritzeln. Nachdem sie eine
Nacht und einen Tag gegrübelt hatte, war ihr klar, dass ihr letztlich
nur der Falkensekretär Göbel helfen konnte. Eine Tante zweiten Grades
war mit ihm verheiratet, der Vater half seit einiger Zeit in der
Triesdorfer Falknerei aus. So würde es nicht allzu sehr auffallen, wenn
sie zu

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