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Falkenjagd

Falkenjagd

Titel: Falkenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Betz
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Frau von
Eyb, küsste das zappelnde Vieh zwischen seinen Fingern und ließ es,
ohne die Dame seiner Wahl aus den Augen zu lassen, zwischen seinen
schönen Lippen verschwinden. Frau von Eybs kleiner Fuß suchte bereits
den Weg zwischen seine gespreizten Schenkel.
    »Waren Sie schon einmal auf einer einsamen Insel?«, fragte
Friederike und wandte sich abrupt Reitzenstein zu, der drei Stühle
weiter saß. Ohne auf eine Antwort zu warten, überschüttete sie ihn mit
einer atemlosen Wiedergabe der letzten Nummer des Mercure de France, wonach der Herzog von Berry kürzlich bei einem
Empfang in Versailles ohne Strümpfe erschienen war. Stattdessen habe er
sich die Waden perlmuttweiß kolorieren lassen.
    »Dafür, mein lieber Reitzenstein, muss man sich natürlich
jedes Haar einzeln auszupfen lassen.«
    Mit diesen Worten prostete Friederike dem Obriststallmeister
und Favoriten des Markgrafen huldvoll zu und beobachtete amüsiert, wie
er nach Worten rang. Sie verbuchte das als Sieg des Abends, langweilte
sich aber mehr denn je. Die Angst, ihr Leben nutzlos zu vergeuden,
bestürmte sie plötzlich wieder wie ein hungriger, streunender Hund. Die
Stimmen und die Musik verklangen zu einem fernen Rauschen, als
Friederike kräftiger dem Wein zusprach, als ihr bekam.
    Nach dem zweiten Gang wurde die Tafel ganz
abgeräumt und das Tischtuch gewechselt. Die restlichen Speisen gingen
an die Pagen. Wenn sie gegessen hatten, wanderte der Rest zu den
Köchen. Was letztlich noch zu kauen übrig bliebe, würden sich die Armen
holen, die nachts an der Küchentür warteten.
    Das Dessert, das auf großen, mit weißem Damast verhängten
Brettern hereingetragen wurde, löste Schreie des Entzückens aus. Der
Londoner Tower mit seinen Türmen ganz aus Marzipan und Zuckermasse war
die Sensation des Abends. Die Konditoren hatten ihn nach einem Stich
geformt, den der Markgraf selbst im Kunstkabinett ausgewählt hatte.
Halbgefrorenes, überzuckerte Birnen, flambierte Äpfel und Kirschen
garnierten das Kunstwerk. Danach stellte man sich zum Tanz auf.
    »Lieber Gott«, betete Friederike stumm in sich hinein, als sie
in den frühen Morgenstunden in Begleitung ihrer Damen zurück in ihre
Gemächer ging und dabei das schmerzende Bein nachzog, »schick eine
ganze Bootsladung voll Menschenfresser an diesen verdammten Hof.«
    In den nächsten Wochen ging es ihr
schlechter als in den Jahren zuvor. Ihre Hoffnungen, die zweite
Schwangerschaft würde ihre Stellung bei Hof stärken, erfüllten sich
nicht. Heistermann tuschelte und intrigierte mehr denn je hinter ihrem
Rücken, Lakaien kicherten, sobald sie aus dem Raum ging. Der Markgraf
betrank sich ungeniert in ihrer Gegenwart, grölte Unverschämtheiten
über den preußischen Hof und ließ zu den Jagdgesellschaften mit seinen
Kumpanen gewöhnliche Huren kommen. Mitunter verkroch er sich wochenlang
bei seiner Mätresse und seinem Bastard in Georgenthal. Was Friederike
noch am liebsten war, weil sie dann ihre Ruhe hatte.
    An einem nebeligen Novembertag, als sie über den Arkadengang
ging, wurde sie von einem fremdländisch aussehenden Mann fast
umgeworfen. Er schleppte Papierrollen und Werkzeuge und hatte die
Markgräfin mit ihren Damen nicht gesehen. Friederike wurde weiß vor Wut
über diese Unverschämtheit. Wollte man sie schon wieder demütigen?
Zollte ihr nicht einmal der einfachste Handwerker Respekt? Er
entschuldigte sich hundertmal. Wer er denn sei? Carlo Carlone! Ach so,
der! Friederike beruhigte sich etwas.
    Der italienische Maler arbeitete seit Längerem am Deckenfresko
des neuen Festsaals. Zusammen mit seinem Bruder, dem Stuckateur, hatte
er eine Handvoll flinker und spaßiger Burschen aus Italien mitgebracht,
die Farben mischten, Kübel schleppten oder den hölzernen Gerüstturm
weiterrollten. Carlone schaute der Markgräfin geradewegs und ernsthaft
in die Augen, bevor er sich noch einmal tief vor ihr verbeugte.
    »Er ist also der italienische Maler«, sagte sie und ärgerte
sich, dass ihr in dem Moment nichts Gewitzteres einfiel.
    »Carlo Carlone aus Scaria im Val d'Intelvi zu Ihren Diensten.«
    »Er war vorher in Wien beim Prinzen Eugen, nicht wahr?«
    »Da auch.«
    »Kommt er denn voran?«
    Friederike hatte das gar nicht so sehr als Frage gemeint,
sondern mehr als Höflichkeit.
    »Wenn es Ihrer Königlichen Hoheit beliebt, zeige ich Ihr mein
Gemälde.«
    Täuschte sie sich, oder war da ein Funken Wärme in seinem
Blick? Sie nahm jedenfalls die Herausforderung an und schickte die
verdutzte Frau von

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