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Falkenjagd

Falkenjagd

Titel: Falkenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Betz
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der Weizen
hoch zu wachsen versprach. Er saß auf ihren Fingerkuppen, wenn sie die
Qualität einzelner Ähren prüfte. Sie verbrachte viel Zeit im Freien.
Manchmal war sie so in das Gespräch mit ihrem Verwalter oder einzelnen
Bauern vertieft, dass sie ihren Sonnenschirm schief hielt. Ihre
Hofdamen und Zofen stießen entsetzte Schreie aus, denn ihr Gesicht
durfte unter seiner Puderschicht nicht rot werden.
    Sie dachte immer noch viel an Caroline und daran, ob sie die
Geburt überstehen würde. Von Nacht zu Nacht aber schlief sie besser.
Morgens sprangen ihre nackten Füße energisch über das Parkett, sie ließ
die Fenster weit öffnen und sich so einfache Kleider überziehen, dass
die Zofen sich zu schämen begannen.
    An solch einem Morgen besuchte sie zum ersten Mal den
Schweinestall. Der Gestank, der ihr entgegenschlug, war bestialisch.
Schlimmer noch als der des süßen Taubenblutes, den sie immer so gehasst
hatte, wenn er sich mit Charles' Bierfahne mischte. Sie hielt sich ein
mit Parfüm getränktes Taschentuch vor Nase und Mund. Rosig und prall
standen sie da, mit schwarzen Masken um Augen und Rüssel. Die Ferkel,
die eines neben dem anderen an den Zitzen der Säue lagen, waren, das
sah sie sofort, außergewöhnlich kräftig. Insgesamt zählte sie
zweiundsechzig Stück. Bald, so informierte sie der Verwalter, der vor
Anspannung seinen Hut knetete, würden fünf weitere Säue werfen.
Friederike nickte zufrieden. Es hatte sich also gelohnt, dass sie im
vergangenen Herbst gegen alle Unkenrufe und für teures Geld fünfzig
Wessex-Saddleback-Schweine aus England, Einzüchtungen der chinesischen
Maskenschweine, gekauft hatte. Zuerst hatten ihre Bauern über diese
fremden Tiere geschimpft, sahen aber bald ein, dass diese tatsächlich
fruchtbarer und genügsamer waren als die heimischen. Sie wühlten auch
weniger den Boden auf, sagten die Knechte. Die Achtung der Schwaninger
vor der Klugheit und Weitsicht ihrer Markgräfin wuchs von Tag zu Tag.
    Mehr aus Spaß fragte sie, welcher Eber diesen und jenen Wurf
gezeugt hatte. Die Männer rissen erschrocken ihre Augen auf. Rot
flammte über ihre Gesichter bis zu den strähnigen Haaren hoch. Es war
schon Furcht einflößend, dass die Markgräfin zu ihnen in den Stall kam,
ihre Frage verstanden sie aber überhaupt nicht. Welcher Eber auch immer
welche Sau besprang, scherte doch keinen Teufel. Hauptsache, sie warf
viele Ferkel. Die Markgräfin bekam keine Antwort. Noch an diesem Abend
gab sie Befehl, dass von nun an jedes Schwein in ihrem Besitz
gekennzeichnet und registriert werden sollte, männliche und weibliche
Tiere in getrennten Gattern zu halten waren und jede Paarung und jeder
Wurf notiert werden mussten.
    Als sie an diesem Abend im Bett lag und über den vergangenen
Tag sinnierte, fiel ihr plötzlich ein, dass sie kein einziges Mal an
Caroline gedacht hatte. Die Freude über ihre Arbeit hatte ihren Kummer
und ihre Sehnsucht aufgesaugt wie die Mittagssonne einen zähen
Frühnebel. Obwohl sie in ihrem bisherigen Leben nur zwischen Berlin und
Ansbach und einmal je nach Bamberg und Bayreuth gereist war und nie die
Weite eines Ozeans erblickt hatte, spürte sie jetzt eine warme
Meeresbrise durch das Zimmer streichen. Irgendwo rauschten Wellen. Sie
winkte Robinson Crusoe zu. Ein Gefühl wunderbarer Schwerelosigkeit
überkam sie und trug sie in einen Schlaf voller verheißungsvoller
Bilder.
    Gemeinsam setzten sie einen Brief auf, den
Elisabeth dann eigenhändig an ihren Frankfurter Juden schreiben wollte.
Ihr war über Nacht die Idee gekommen, ihr Vermögen teilweise
umzuschichten und statt in Gold mehr in Wechseln anzulegen. Da stürmte
Fritz keuchend die Treppe hoch.
    »Mutter, rasch, der Markgraf, seine Reiter sind schon über die
Brücke.«
    Mit einem Ruck stand Elisabeth auf. Sie drehte sich nur noch
einmal kurz mit erschrockenen Augen zu Caroline um und sagte scharf:
»Verhaltet Euch um Gottes willen still.«
    Dann stürmte sie auch schon nach unten. Caroline legte sich
wieder auf ihr Bett und faltete die Hände über ihrem Bauch.
    Innerhalb von Minuten veränderte sich das ganze Schloss. Es
wurde zu einem Musikinstrument, das nach einer verwegenen Melodie
polterte, pfiff und schepperte. Caroline spürte die Anwesenheit des
Markgrafen bis hinauf auf den Dachboden. Selbst das Kind in ihrem Leib
strampelte aufgeregter als sonst. Durch eine Dachluke beobachtete sie,
wie Männer Weinfässer abluden und auf ihre Schultern hievten.
    Dann sah sie ihn. Groß, massig, im

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