Falkenjagd
gegeben.
Zornig über diese Störung, fuhr sie am
nächsten Tag zusammen mit einer hellauf begeisterten Caroline nach
Ansbach. Sie trafen in der Dämmerung ein, und das Schloss war hell
erleuchtet. Aus allen Fenstern schimmerten Kerzen.
»Das kostet wieder Unsummen«, schimpfte Friederike.
Der Oberhofmeister empfing sie zusammen mit Reitzenstein im
Vestibül. Der Markgräfin fiel sofort auf, dass beide neue, nach dem
letzten Schrei geschnittene Röcke trugen. Lavendelblau der eine,
herbstzeitlosenviolett der andere.
»Hat er nicht immer noch aufregende Waden?«, kicherte Caroline
und klappte ihren Fächer in Richtung Reitzenstein auf.
»Ja, ja, mich regt schon wieder alles hier sehr auf«,
antwortete Friederike mürrisch und stieg die Treppe hoch. Dann kam die
eigentliche Überraschung: Der Markgraf erwartete sie, umgeben von der
gesamten Hofgesellschaft, vor dem Festsaal. Heistermann lugte fett und
juwelenbehängt aus seiner Sänfte. Seckendorff, das stach ihr sofort ins
Auge, lächelte als Einziger nicht.
Ananas, nicht nur dreißig wie damals, als ihr königlicher
Bruder zu Besuch war, sondern mindestens hundert, schätzte Friederike,
waren zu Pyramiden geschichtet. Alle Pagen trugen funkelnagelneue
Uniformen. Aus einem kleinen Brunnen plätscherte teuerster Burgunder.
Den Tafelaufsatz hatte sie auch noch nie gesehen. Zehn Hirsche aus
Meißner Porzellan wurden von einer nackten Diana gejagt. Ihr Speer
schimmerte golden. Sie speisten von grünen Tellern mit Falkenmotiven.
Unter jeder der zu einer Blume gefalteten Damastservietten wartete ein
kleiner Schmuckstein.
Glacierte Entenbrust und Schwanenschenkel in Safransauce,
Austern und pochierter Lachs, gedünstete Nierchen, Radieschen, zu Rosen
geschnitzt, Salatherzen mit Orangenpfeffer, Rehbraten unter
Sahnehauben, gepökelte Ochsenzunge in Madeirasauce, Aufläufe aus Fisch,
Brot und Kräutern, zwanzig Wildschweinköpfe, mit Seidenschleifen
geschmückt, Artischocken an Senfsauce und erstaunlicherweise auch
Kartoffeln, mit Käse überbacken. Friederike staunte über den Luxus,
unter dem sich die Tafel bog, an der sie an der Seite des Markgrafen
präsidierte. Ihr zu Ehren hatte er das Fest gegeben.
»Irgendeinen Anlass musste ich ja haben«, richtete er
treuherzig das Wort an sie.
»Ansbach scheint von seinen Sorgen befreit zu sein?«
»Friederike, welch eine glückliche Wendung«, antwortete er und
zwinkerte der jungen Baronesse von Bobenhausen zu, die ein paar Stühle
weiter saß. Er fand sie reizend und hatte ihren Vater auch nur deshalb
die Patenschaft für seinen kleinen Ludwig übernehmen lassen, weil
dieser versprochen hatte, seine Tochter ein Jahr am Hof zu lassen.
Friederike beobachtete ihn amüsiert, bohrte dann aber doch
nach.
»Ich möchte Ihnen zu gern gratulieren, würde aber doch gern
wissen, zu was eigentlich?«
Charles lehnte sich in seinen goldgefassten Sessel zurück. Er
kam ihr gesünder und vitaler vor als vor einem Jahr, als sie Alexander
verabschiedet hatten. Sie sah im an, dass er zu stolz und glücklich
war, um sein Geheimnis länger für sich zu behalten.
»Sechzehntausend Ecus«, flüsterte er ihr vertraulich ins Ohr,
so dass die Höflinge schon anfingen, über neu erwachte Zärtlichkeiten
des Markgrafenpaares zu tuscheln.
»Und noch etwas.«
Die Lippen des Markgrafen berührten jetzt sogar ihr Ohr.
»Ja?«
»Der Hosenbandorden. Sir Hanbury, der Gesandte in Sachsen,
wird ihn mir zusammen mit dem obersten Wappenherold, Sir Anstis, bald
verleihen.«
Charles erinnerte sie wieder an den feisten blonden Burschen,
der damals, vor genau zwanzig Jahren nach Berlin gekommen war, um sie,
die Königstochter mit der üppigen Mitgift, zu heiraten.
Friederike konnte ihr Erstaunen nicht verbergen. Der
vornehmste Orden des protestantischen Europa für den, nun ja, nicht
allzu bedeutenden Markgrafen von Ansbach.
»Zu welchem Preis?«
Charles zögerte.
»Zu welchem Preis?«
»Der englische König und seine Tochter, die Erbstatthalterin
der Niederlande, haben vertraglich die Vormundschaft für Alexander
bekommen. Wenn mir, was Gott bewahren möge, etwas zustößt, geht mein
schönes Ansbach auf jeden Fall nicht an Ihren Herrn Bruder. Auch dem
Kaiser«, fügte Charles schnell hinzu, »ist diese Lösung lieb.«
Friederike fror plötzlich, obwohl es Sommer war und der
Festsaal zusätzlich von vielen hundert Kerzen erwärmt wurde. Ahnte
Charles überhaupt, was er da für ein paar Ecus und einen nutzlosen
Orden angezettelt hatte? Friedrich
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