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Falkenjagd

Falkenjagd

Titel: Falkenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Betz
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nächsten Wochen in
der sonst so verschlafenen Ansbacher Kanzlei gearbeitet. Sekretäre
forderten Zollbefreiungen bei den rheinischen Ländern an und bestellten
Schiffe. Über einen jüdischen Agenten wurde ein standesgemäßes Haus in
Utrecht angemietet. Pässe mussten ausgefertigt werden. Das
Begleitpersonal suchte und instruierte Seckendorff höchstpersönlich.
Den Lehrplan für den jungen Prinzen ließ er gleich auch noch in eigener
Regie zusammenstellen. Der Markgraf nickte zu allem und stierte
ansonsten missmutig vor sich hin. Wie ein trotziges Kind rang er seinem
Premierminister den Bau eines neuen Falkenschlösschens bei Gunzenhausen
ab. Dann musste zu guter Letzt auch noch die markgräfliche
Staatskarosse repariert werden. Dafür hatte seit Längerem das Geld
gefehlt.
    Am achtzehnten Mai war es so weit.
Friederike logierte schon seit einer halben Woche in der Residenz. Auch
sie erschrak, als sie sah, in welch angeschlagenem gesundheitlichem
Zustand der Markgraf sich befand. Er tat ihr leid. Ihr früherer Groll
gegen ihn war verschwunden. Im Gegenteil: Gerührt ergriff sie sogar
seine Hand, als sich ihr Sohn zu einem letzten Lebewohl im Vestibül vor
seinen Eltern verbeugte. Wie gut aussehend und hochgewachsen Alexander
doch war! Auch Charles vergaß seinen Trübsinn und blickte stolz auf
seinen Erbprinzen.
    Zur Feier des Tages wurde der beste Rheinwein ausgeschenkt,
und für ein kleines Vermögen waren Austern aus Belgien bestellt worden,
die man jetzt, während Abschiedsreden gehalten und gute Wünsche
ausgesprochen wurden, in großen Mengen schlürfte.
    »Gib dir Mühe, Holländisch zu lernen, und, Alexander, pass gut
auf, versuch, die Bekanntschaft von Kaufleuten zu machen. Vielleicht
kannst du auch einmal in eine Universität schauen«, sagte Friederike
leise und schloss ihren Sohn fest in die Arme. Der Markgraf hatte ihre
Worte gehört, denn er fügte sogleich hinzu: »Aber seinen Katechismus
soll der Bub auch studieren und die frommen Bücher lesen, die man ihm
eingepackt hat.«
    Insgeheim hoffte Charles, sein Sohn würde einmal weniger
sündigen als er selbst. Friederike schnitt eine spöttische Grimasse. So
laut, dass es auch der Reiseprediger, der Alexander begleiten sollte,
hören konnte, erwiderte sie: »Ja, ja, soll er nur vollgestopft werden
mit dem Zeug, bis es ihm aus den Ohren herauswächst. Dann hat es auch
seinen Zweck erfüllt: nämlich, ihn so gegen das Pfaffengeschwätz
aufzubringen, dass er den Rest seines Lebens dagegen immun ist und sein
Herz und sein Hirn sich für die Dinge der Vernunft und der
nachweisbaren Wahrheit öffnen.«
    Heistermann klatschte der Markgräfin Beifall, dass es im
Vestibül hallte. Die Höflinge, Baronessen, Gräfinnen und Freifräulein
verdrehten die Augen oder hielten sich den Fächer vor den kichernden
Mund. Das stille, fromme Geschöpf, das Reitzenstein vor Kurzem
geheiratet hatte, fiel mit einem Seufzer in Ohnmacht. Reitzenstein
selbst stierte derweil auf Caroline, die ihm auch noch mit ihren
achtundzwanzig Jahren nicht aus dem Sinn ging. Schon allein der Anblick
ihres rot gelockten Hinterkopfes machte ihn gleich wieder rasend. Dass
seine im fünften Monat schwangere Frau derweil weggetragen wurde,
kümmerte ihn nicht. Der Reiseprediger des Prinzen verschwand hochrot im
Gesicht und ließ sich noch mehr Wein einschenken. Wie er seine Aufgaben
erfüllen und dem störrischen jungen Prinzen ein bisschen mehr
Gottgefälligkeit einbläuen sollte, war ihm schleierhaft. Der Markgraf
wiederum tat, als hätte er die Worte seiner Frau gar nicht gehört, und
drückte Alexander ein letztes Mal an sich.
    Zwanzig Personen reisten mit dem Ansbacher
Erbprinzen ab, unter anderem ein Leibarzt, ein Lehrer, ein Hofmeister,
ein Mundkoch und drei Reitknechte. Zwei Tage später kam der Tross am
markgräflichen Hafen Steft an und schiffte sich auf dem Main ein. Über
Frankfurt, Mainz und Bingen wollte man Ende Juni Utrecht erreichen.
Fast neuntausend Gulden kostete die Suite des Prinzen. Viel Geld
angesichts der leeren Staatskassen. Aber eine Investition, so glaubte
Seckendorff zuversichtlich, die sich bald lohnen würde.
    Friederike hatte inzwischen andere Sorgen.
Die Diener tuschelten ungeniert im Dorf herum, wie viel Innereien der
Schoßhund der Markgräfin verschlang. Bald würde der Tratsch Ansbach
erreichen und das Ohr des jungen Seckendorff. Vor ihm, das war ihr
klar, musste sie sich vorsehen. Zur Tarnung legte sie sich drei weitere
Schoßhunde zu. Einer, ein Spanielwelpe,

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