Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken
Eingang freigelegt hatten.
»Wer hätte das gedacht!«, murmelte der Onur leise. »Möchte wissen, wer außer uns davon etwas weiß!«
»Wir haben bisher keine Spuren gefunden, dass der Tunnel benutzt worden wäre«, antwortete Alduin. »Jedoch reichte das Fackellicht nicht aus, um alles richtig erkennen zu können.«
Trotz der Dunkelheit sah er, dass Malnars Augen kurz aufblitzten und ein Lächeln um seine Lippen zuckte.
»Ah ja, das Licht!«, sagte Malnar. »Ich habe da etwas entwickelt, das euer Problem lösen könnte.«
Er holte unter seiner Robe einen prallen Lederbeutel hervor und öffnete ihn. Sein Inhalt wirkte auf den ersten Blick wie eine Hand voll milchweißer Steine. Er legte einen davon auf die Handfläche und schloss die Hand fest darum. Nach ein paar Augenblicken schienen seine Finger zu leuchten. Und als er die Hand wieder öffnete, schimmerte darin ein Klumpen in einem blassgrünen, milchigen Licht.
Er übergab ihn Alduin.
»Er ist ganz weich!«.
»Das Äußere ist aus Tierdärmen«, erklärte Malnar und grinste, als er die angewiderten Mienen der Falkner sah. »Sein Inneres ist eine Mischung natürlicher Elemente, die durch Körperwärme Leuchtkraft entwickeln. Ihr Licht ist nicht sehr stark, aber wenn es schwächer wird, braucht ihr sie nur wieder aufzuwärmen. Die Leuchtsteine, die ich mitgebracht habe, reichen aus, um uns heute durch den Tunnel zu leiten, aber ich habe auch eine Lampe, falls wir mehr Licht brauchen.«
Twith und Gandar versicherten, dass sie ihren Wachposten nicht verlassen würden, auch wenn es spät werden würde. Die drei stiegen in den Tunnel; Alduin ging voraus, gefolgt von Malnar und Rael. Jeder trugen einen Leuchtstein in der Hand.
»Lasst sie nicht fallen und zerquetscht sie nicht«, mahnte Malnar, als er sah, dass Alduin ins Stolpern geriet und sich instinktiv mit der Hand an der Wand abstützte. »Sie könnten sonst platzen.«
Als sie die Tunnelsohle erreichten, wurde klar, dass das Licht hell genug war, um in beiden Richtungen recht weit in den Tunnel blicken zu können. Es füllte den Tunnel mit einem unheimlichen Leuchten, aber es flackerte nicht und leuchtete beständig.
»In diese Richtung brauchen wir heute Abend wohl nicht noch einmal zu gehen«, meinte Rael und wies in den Gang, der zur Tür in der Straße führte. »Er ist recht eng und ich bin ziemlich sicher, dass wir keine Abzweigung übersehen haben.«
»Stimmt«, nickte Alduin. »Wir zeigen Malnar den Raum und untersuchen ihn gründlich.«
»Wir sollten so leise wie möglich sein«, rief Malnar. »Wir wissen nicht, ob jemand diese Gänge benutzt ...«
Sie gingen langsam weiter, wobei sie sich gründlich umsahen. Die Felswände waren mit Farbstreifen durchzogen, die im schimmernden Licht bald moosgrün, ocker oder wie getrocknetes Blut wirkten. Sie fanden nur eine Abzweigung - den Seitentunnel, in den die Jungen am Morgen versehentlich eingebogen waren. Bald darauf erreichten sie die Tür und öffneten sie vorsichtig.
Es war sofort klar, dass erst vor kurzem jemand im Zimmer gewesen sein musste. Und was Alduin sah, löste blankes Entsetzen in ihm aus. Zwei zerbrochene Pfeilschäfte lagen inmitten unzähliger Holzspäne und Teilen von Federn auf einer Seite eines großen Tisches. Als habe man ihn so weit wie möglich weggeschoben, stand auf der anderen Seite des Tisches ein kleiner, grob geblasener Krug aus grünem Glas, über dessen Öffnung ein kleines Holzstück lag. Bis zur Hälfte war er mit einer dunkeltrüben Flüssigkeit gefüllt.
Alduins Magen krampfte sich zusammen. »Ich brauche wohl nicht zu fragen, was das zu bedeuten hat«, murmelte er.
»Du meinst ... was Calborth vermutete ...«, fragte Rael nervös und fuhr flüsternd fort: »Dunkle Magie?«
»Wovon redet ihr eigentlich?«, wollte Malnar wissen. Er klang besorgt.
»Der Pfeil, mit dem auf Rihscha geschossen wurde«, erklärte Alduin. »Meister Calborth meinte, er sei mit Blut beschmiert worden ... vielleicht sogar mit Falkenblut.«
»Ein dunkles Zauberritual?«, fragte Malnar ungläubig. »Ziemlich ungeschickt, meint ihr nicht auch? Offensichtlich hatte der Täter nicht viel Ahnung davon.«
»Aber trotzdem ...«, warf Rael ein.
»Ich kann euch versichern, dass diese stümperhafte Verbindung keine eigene Zauberkraft entwickelt«, unterbrach ihn Malnar. »Magie kann nur ein erfahrener Zauberer entfalten.«
Er betrachtete die Einzelteile, aus denen der Pfeil zusammengesetzt worden war, nahm sie nacheinander kurz in die
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