Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken
Hand und griff schließlich auch nach dem Glaskrug.
»Nicht berühren!«, rief Alduin erschrocken. »Ich weiß, ich weiß, Blut ist nichts anderes als Blut, aber wenn ich daran denke, was dafür geopfert wurde ...«
Malnar blickte ihn geduldig an. »Ich denke, dies alles ist genug Beweis dafür, dass es sich hier nur um einen misslungenen Versuch von Magie handelt. So ein Stümper wäre wohl kaum in der Lage, einen Falken zu fangen und auszubluten. Gewiss ist es nur Hühnerblut!«
Alduin und Rael erkannten sofort, das Malnar Recht haben musste und die Vermutung, dass es wahrscheinlich doch kein Falkenblut war, ließ sie aufatmen.
»Ihr habt Recht, wir sollten nicht zulassen, dass unsere Phantasie mit uns durchgeht, sondern müssen uns auf die Tatsachen konzentrieren«, gab Alduin zu. »Jedenfalls wissen wir jetzt, dass der Schütze Zugang zu dem Tunnellabyrinth hat, also muss er die Stadt sehr gut kennen. Der Gang, der vom Garten zu der Straße führt, wäre perfekt geeignet, um die Nebelsängerin unbemerkt aus der Inneren Stadt zu bringen.«
»Also besteht die Möglichkeit, dass die beiden Ereignisse eng miteinander verknüpft sind«, vollendete Rael den Gedankengang.
»Dafür fehlen uns aber die Beweise«, wandte Malnar ein. »Wir dürfen keine voreiligen Schlussfolgerungen ziehen. Schauen wir uns erst noch etwas gründlicher um.«
Die Jungen waren einverstanden und legten die Licht spendenden Steine auf den Tisch, während Malnar die Lampe anzündete. Zuerst überprüften sie die anderen Türen, die aus dem Raum führten. Eine war mit einem Schlüssel verschlossen; die andere schien von außen verriegelt zu sein. Sie waren also in einer Sackgasse angelangt. Neben der Tür, durch die sie gekommen waren, stand eine hölzerne Truhe, die aber zu ihrer großen Enttäuschung leer war. Auf den mit einer dicken Staubschicht überzogenen Regalen lagen ein paar Gegenstände, die ihnen zunächst nicht besonders bedeutsam erschienen - ein Holzhammer, ein paar Holzstäbe und ein tellergroßer Ring aus einem rauen Material. Als Alduin ihn in die Hand nahm, erkannte er darin zwei Hälften, die durch eine seltsame Kraft zusammengehalten wurden. Die Kraft war so unbändig, dass er Mühe hatte, sie voneinander zu lösen.
»Malnar, schaut Euch das hier mal an«, sagte er und hielt die beiden Ringhälften hoch. Doch als seine Hände sich wieder näher kamen, befreiten sich die Hälften ebenso blitzschnell wie kraftvoll aus seinem Griff und fielen mit einem lauten Knall zu Boden.
»Ein Krafteisenstein!«, schrie Malnar voller Freude und griff nach dem Ring, dessen Hälften sich wieder fest zusammengefügt hatten. »In alten Handschriften habe ich von seinen wundersamen Eigenschaften gelesen, aber bis heute ist mir noch nie einer begegnet.«
Er zog die beiden Teile auseinander und auf seinem sonst stets so ernsten Gesicht lag ein breites Lachen. »Seht euch nur einmal diese Kraft an! Ich glaube, es ist dieselbe Macht, die auch die Gezeiten der Meere beeinflusst, das Wachstum der Pflanzen, sie lässt sogar Monde und die Planeten auf uns einwirken! Seht ihr? Die Krafteisensteine werden von Eisen angezogen!«, rief er aufgeregt und hielt die seltsamen Ringteile an die Türangel, die ihn mit unbeschreiblicher Kraft ansog.
»Aber schaut euch nur mal das an!« Er drehte die beiden Hälften um - jetzt schienen sie sich wie widerwillig abzustoßen. »Was für ein Fund! Ich kann es kaum erwarten, zu Hause damit ein paar Experimente anzustellen!«
Alduin freute sich über Malnars Begeisterung, erinnerte aber an den eigentlichen Grund ihrer abenteuerlichen Unternehmung.
»Die Nebelsängerin! Lasst uns weitersuchen! Eure Experimente müssen noch eine Weile warten.«
Malnar blickte ihn so überrascht an, als hätte er in diesem Moment alles andere völlig vergessen.
»Du hast Recht. Aber vielleicht kann uns der Kraftring helfen ... Wir werden sehen.«
Er nahm die Lampe und beugte sich dicht an die verriegelte Tür, um durch einen Spalt im Holz spähen zu können. Dabei entdeckte er einen schweren Eisenriegel und setzte den Kraftstein mit leichtem Druck auf der Stelle an. Die Kraft, die von ihm ausging, war so übermächtig, dass der Riegel auf der anderen Seite angezogen wurde. Neugierig verfolgten Alduin und Rael das Experiment.
»Was macht Ihr denn da?«, fragte Rael.
»Ich hoffe, ich öffne die Tür«, antwortete Malnar.
Ganz langsam schob er den halben Ring waagrecht über das Holz. Zwar konnte er sich denken, dass die
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