Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken
Melethiell die Runde, »und danke, dass Ihr alle gekommen seid. Ich hoffe, Ihr seid gut ausgeruht.«
»In der Tat«, sagte Malnar mit leuchtenden Augen und solcher Begeisterung, dass man meinen konnte, er spreche für den Rest der Welt. »Ich habe zwar nicht viel geschlafen, bin aber wie neugeboren. Kann mich nicht erinnern, mich jemals so ... inspiriert gefühlt zu haben!«
Alduin sah ihn verblüfft an. Der Onur wirkte so viel lebendiger als bisher, und auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck, den Alduin nicht so recht zu deuten wusste. Glück? Ein überraschender Gedanke schoss ihm durch den Kopf. Eine Frau? Aber wann hätte sich Malnar schon Zeit für eine Frau genommen? Schon die bloße Vorstellung schien ihm so abwegig, dass er schmunzeln musste.
»Wir haben Mado Malnar gebeten«, fuhr die Elbin fort, »den günstigsten Tag zu bestimmen, an dem die Nebelsängerin ihre Reise antreten sollte, um ihre Aufgabe zu erfüllen. Er hat uns bereits daran erinnert, dass in zwei Tagen die Sommersonnenwende ist. Doch einen Tag darauf erwartet er ein so unbeschreibliches Ereignis, dass er diesen für den richtigen hält. Vielleicht wollt Ihr es selbst erklären, Mado?«
Malnar nickte. »Die Sonnwendfeier ist ohne Zweifel ein freudiges Ereignis. Der längste Tag des Jahres. Mit ihr beginnen die Sommermonate, die allen Anzeichen nach fruchtbar sein werden. Doch solche Sonnenwenden sind nicht außergewöhnlich; Andererseits ist die Ankunft der Nebelsängerin nicht an ein festes Zeitmuster geknüpft. Ich glaube, die Natur hat es erkannt. Wie jeder feststellen kann, der zum Nachthimmel blickt, wird der Silbermond in Kürze den Kupfermond verfinstern. Auch das tritt ausgesprochen selten ein. Doch es gibt noch etwas Erstaunlicheres, das mir meine Karten erst gestern Abend enthüllt haben: Der Schatten von Nymath wird seinerseits den Silbermond verfinstern. Wir werden also eine doppelte Mondfinsternis erleben! Das ist ein ungeheuer symbolisches Ereignis. Obwohl wir in einer Zeit großen Wohlstands leben, werden wir damit gleich doppelt an die Ungewissheit und Dunkelheit erinnert, die Nymath überkommen würde, sollte Kirstie ihre Aufgabe nicht erfüllen. Ich meine deshalb, dass wir sowohl ihr zu Ehren als auch zu Ehren der Naturmächte den Beginn der Reise auf Sonnenuntergang am vierten Abend, von heute an gerechnet, festlegen sollten. Auf diese Weise könnten wir auch rechtzeitig weit genug draußen auf der Ebene sein, um dieses absolut einmalige Phänomen aus guter Warte beobachten zu können.«
»Ich danke Euch, Mado Malnar«, sagte Melethiell mit einer leichten Verneigung. Sie blickte die Anwesenden der Reihe nach eindringlich an und fuhr fort: »Nun sollten wir überlegen, wie die nächsten vier Tage zu verbringen sind, solange Kirstie noch in Sanforan weilt. Und wir müssen festlegen, wer sie auf ihrer gefährlichen Reise begleiten soll. Und was die Begleitung angeht, wird ihr der Hohe Rat sechs Katauren zur Seite stellen. Ich meine aber, dass das nicht ausreicht. Silya, Ihr habt Eure Ausbildung bereits beendet. Darf ich Euch bitten mitzureisen?«
Silya sprang vor lauter Überraschung auf und verbeugte sich tief. »Ich würde mich sehr geehrt fühlen, Melethiell, sofern ich Kirsties Vertrauen habe.«
Kirstie nickte sofort. »Es wäre mir eine große Freude, Euch bei mir zu haben.«
»Und Rael - Ihr und Sivella würdet uns ebenfalls einen großen Dienst erweisen, wenn Ihr zur Gruppe zählen würdet.«
Rael sprang auf, allerdings mit sehr viel mehr Würde als Silya, und legte die Hand auf die Brust. »Ich stehe Euch zu Diensten«, sagte er ernsthaft.
»Celeberin möchte den Reisebericht erstatten«, fuhr Melethiell fort. »Und auch Mado Malnar hat den Wunsch geäußert, sich den Gefährten anzuschließen.«
Die Elbin spürte Alduins und Erileas Enttäuschung und wandte sich direkt an sie. »Ihr beide habt bereits bewiesen, dass ihr die Nebelsängerin beschützen könnt. Wir glauben aber, dass ihr für diese Mission noch zu jung seid. Doch wir wären dankbar, wenn Ihr Kristie hier in Sanforan treu zur Seite steht.«
Elben sind Wesen, in deren Gegenwart kein aufrichtiger Mensch lange Enttäuschung empfinden kann. Und so lächelten auch Alduin und Erilea Melethiells dankbar zu.
»Das werden wir sehr gerne tun«, sagte Alduin und wusste, dass er auch für Erilea sprach.
»Wir werden Eure Lehrer entsprechend benachrichtigen«, sagte Melethiell. »So sei es!«
Erilea und Silya antworteten mit »Emo!«.
Alduin wandte sich
Weitere Kostenlose Bücher