Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken
schwieg lange, ihr Blick verlor sich in der Ferne und sie griff nach Alduins Handgelenk mit dem Falkenmal.
»Alduin, es ist eigentlich sehr einfach«, erklärte sie leise. »Du selbst bist der Pfeil. Der Falke hat dich eingefangen!«
»Ich bin ...? Aber ... ich meine ...«, stotterte Alduin, der mit der seltsamen Weissagung nichts anfangen konnte.
»Emo muss in der Zukunft von Nymath irgendeine Gefahr gesehen haben. Statt Gilian davon zu erzählen, hat sie wohl beschlossen selbst etwas dagegen zu tun. Sie will, dass die Götter und nicht die Elben das Unheil von unserem Land fern halten. Du erinnerst dich bestimmt daran, wie verärgert sie war, dass sich die Elben immer einmischten, dass sie den magischen Nebel woben ...«
»Aber wir wissen immer noch nicht, was denn nun diese Gefahr ist, nicht wahr?«, fragte Alduin sehr leise, weil er kaum wagte die Seherin zu stören.
Ihr Blick kehrte aus der Ferne in die Gegenwart zurück. »Nein, mein Junge, aber wir wissen wenigstens, dass Emo dich als ihr Werkzeug auserwählt hat. Es wird besser sein, du gewöhnst dich an den Gedanken!«
»Was bin ich?«, fragte Alduin verblüfft.
»Das ist weniger dramatisch, als es klingt. In gewissem Sinn werden wir alle doch häufig zu Werkzeugen der Götter. Manchmal frage ich mich, ob sie nicht mit allem zu tun haben, was geschieht.«
Alduin gab sich größte Mühe, zu begreifen, was sie ihm erklären wollte, aber die Zweifel standen ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.
»Alduin, es ist wichtig, dass du es glaubst. Du musst auch an dich selbst glauben. Das ist der Schlüssel. Was immer du zu tun haben wirst, wird dir nur gelingen, wenn du davon überzeugt bist, dass nur du allein es vollbringen musst.«
Sie schwieg, um ihm Zeit zu geben, das alles zu verarbeiten, und streichelte sanft die Male an seinem Handgelenk. Sie summte leise vor sich hin, während sie darauf wartete, dass er etwas sagte. Doch seine Gedanken waren inzwischen in eine andere Richtung abschweift.
»Glaubt Ihr, dass dies der Grund ist, weshalb Rihscha angeschossen wurde?«
Sie nickte. »Ich vermute es jedenfalls. Aber ich weiß nicht, wer dahinter stecken könnte. Als ich versuchte tiefer hineinzublicken, war es, als würde ein dunkler Nebel absichtlich über meine Augen gelegt. Und das scheint mir zu bestätigen, dass es eine Art von Macht gibt, die Nymath in Bedrängnis bringen will.«
»Wie kann ich Rihscha schützen?«, fragte Alduin verzweifelt.
»Ich kann nur noch einmal wiederholen, was ich schon gesagt habe. Glaube an dich selbst! Folge immer klar und unbeirrbar dem Weg, den du vor dir siehst, dann wirst du auch alle Hilfe und allen Schutz bekommen, den du brauchst. So wollen es die Götter. Sie wollen, dass wir unser Bestes geben, und werden uns alles senden, was wir dafür brauchen. Aber der Schlüssel ist immer, dass wir an uns selbst glauben.«
»Aber wie ...?«, begann Alduin.
»Kein Aber. Hab Vertrauen. Sieh dir ganz unbeteiligt alles an, was geschehen ist, und versuche dich nicht von deinen eigenen Ängsten beeinflussen zu lassen, wenn du eine Entscheidung zu treffen hast. Dann wirst du sehen, dass dies der einzig richtige Weg ist.«
Alduin schwieg und dachte über ihre Worte nach. Nach einer Weile stellte er fest, dass sich ein Schimmer von Verständnis in seinen Gedanken ausbreitete. Madi Tarai lächelte ihm aufmunternd zu.
»So ist es richtig, Alduin. Lass das Verstehen in dein Bewusstsein dringen. Vertraue auf das, was du für wahr und richtig hältst.« Sie tätschelte seine Hand, hob sie zu den Lippen und küsste sie. »Und jetzt geh hinunter und lass dir von Malnar etwas Gescheites beibringen! Es tut dir gut, dich mit praktischen Dingen zu beschäftigen. Auf diese Weise können deine Erkenntnisse leichter an die Oberfläche gelangen.«
Alduin lächelte dankbar und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
»Lebt wohl, Madi. Ich hoffe, dass ich Euch bald wieder sehe.«
»Wenn es den Göttern beliebt!«, sagte die alte Frau lachend. Doch plötzlich wurde ihr Blick nachdenklich und ein sanfter, überraschter Ausdruck trat in ihre Augen.
»Wenn es den Göttern beliebt«, wiederholte sie leise mit kaum hörbarem Seufzen.
Alduin war angenehm überrascht, als er in Malnars Zimmer kam und feststellte, dass die Vorhänge zurückgezogen worden waren und eine frische Seebrise hereinblies. Malnar stand am Fenster und starrte auf das Meer hinaus, doch als er Alduin eintreten hörte, drehte er sich um.
»Ich habe darüber
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