Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falkensaga 02 - Im Auge des Falken

Falkensaga 02 - Im Auge des Falken

Titel: Falkensaga 02 - Im Auge des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
ihn aus seinen Gedanken. Es war verblüffend, dass Calborth stets wusste, wer sich der Falkenhalle näherte.
    »Ja, ich bin es«, antwortete er mit einem Lächeln in der Stimme. »Aber Ihr müsst mir wirklich irgendwann einmal verraten, woher Ihr immer wisst ...«
    »Ich habe doch Ohren, oder?«, gab der ältere Mann zurück. »Die Schritte eines jeden Menschen sind eigen wie seine Stimme. Deutlich zu hören ist genauso einfach wie deutlich zu sehen.«
    Alduin schüttelte den Kopf. »Für manche Menschen vielleicht ...«, sagte er grinsend.
    Meister Calborth, der grauhaarige, aber immer noch sehr rüstige Falkenmeister von Nymath, der in einem hohen Stuhl neben der Werkbank unter einem Fenster kauerte, legte den Falknerhandschuh beiseite, an dem er gerade mit ledernem Faden nähte. Er wand sich um und sah Alduin mit seinen lebendigen blauen Augen fest an. »Dein Vater Cal hatte gute Ohren. Und du siehst ihm sehr ähnlich. Bis auf die Hautfarbe. Er war hellhäutiger trotz seines dunklen Haares.«
    »Mein Vater ...«, setzte Alduin an und stockte. Er zog sich einen Hocker heran und setzte sich neben den Meister. »Bitte, erzählt mir mehr von ihm. Woran erinnert Ihr Euch?«
    Calborth schloss kurz die Augen, rieb sich das Kinn und zupfte an seinen beiden Bartzöpfen. Er schmunzelte. »Erinnere mich noch an den Tag, an dem er den Bund mit Krath schloss - oh, das muss schon dreiundzwanzig Frühlinge her sein. Davor war er ein sehr ernster junger Mann, fast ein wenig missmutig. Doch sein Falke hat ihn regelrecht verwandelt. Erinnere mich auch noch an sein Gesicht. Die Freude, die Begeisterung waren größer als bei den meisten. Er konnte es kaum fassen, dass ausgerechnet er auserwählt war.« Der Falkenmeister lächelte und fuhr fort. »>Meister Calborth, Meister Calborth<, rief Cal damals, hüpfte aufgeregt herum und führte uns allen seinen Falken vor. »>Sein Name ist Krath, sein Name ist Krath!<«
    Alduin hatte seinen Vater nie kennengelernt und es fiel ihm schwer, sich ein Bild von ihm zu machen. Doch da war etwas, was ihn tief in seinem Innersten mit ihm verband: Es war die Liebe zu den Falken; die Tatsache, dass auch er zu den Auserwählten zählte. Ein verständnisvolles Lächeln umspielte seine Lippen, ehe er versuchte, mehr zu erfahren: »Wie lange blieb er in Sanforan, nachdem er den Bund geschlossen hatte?«
    »Hmmm, lass mich nachdenken.« Der Falkenmeister wog den Kopf. »Ja, ich erinnere mich. Es war nur sehr kurz. Er flog schon bald mit Krath lange, weite Strecken.« Dann holte er tief Luft: »Zu lange, fand ich. Deshalb habe ich ihm geraten, vorsichtiger zu sein. Man kann sich in seinem Falken leicht verlieren.«
    Alduin nickte bedächtig. Er und Rihscha waren vor zwei Sommern über den Schwarzen Ozean geflogen und ihm war erstmals bewusst geworden, wie leicht man das eigene Ich über der Freiheit des Fliegens vergessen konnte. Es war eine unbändige Freiheit, die sich sehr schnell in eine Gefangenschaft verwandeln konnte.
    Er schauderte bei dem Gedanken. Sosehr er Rihscha auch liebte, so wollte er doch die Menschen, die ihm am Herzen lagen, um keinen Preis vergessen oder gar verlieren.
    »Bitte fahrt fort«, forderte er den Meister auf, begierig darauf, mehr zu erfahren.
    Calborth räusperte sich. »Bestand kein Zweifel daran, dass dein Vater ein guter Falkner werden würde. Noch in jenem Sommer verließ er Sanforan, kehrte aber ab und an zurück. Er und Krath dienten als Boten in ganz Nymath. Nur wenige Falkner reisten so viel wie die beiden.« Er seufzte tief: »Doch dann - nach vier oder fünf Wintern, kam er nicht mehr zurück. Dachte mir, er würde wohl inzwischen eine Familie haben ... war auch viel zu beschäftigt, damals. Dauernd gab es neue Lehrlinge, neue Ausbildungen und irgendwie hab ich ihn aus den Augen verloren.«
    Der alte Mann holte tief Luft und ließ seinen Blick nachdenklich über die schwach beleuchtete Einrichtung der Bruthalle schweifen.
    »Hab nie versucht, mehr herauszufinden. Es tat mir leid, als ich von deiner Mutter erfahren musste, dass ...«, sagte er mitfühlend.
    Alduin legte seine Hand auf Calborths Arm, zunächst sanft, dann drückte er fest zu. »Glaubt Ihr, Meister, er könnte noch am Leben sein?«, fragte er. »Irgendwo?«
    Der alte Falkner musterte ihn voller Überraschung.« Wie kommst du darauf?«
    »Es ist nur so ein Gefühl. Auch wenn ich ihn nie kennengelernt habe, steht er mir so nahe. Meine Mutter ... auch sie ist sich nicht sicher. Es ist bloß so eine Ahnung.

Weitere Kostenlose Bücher