Falkensaga 02 - Im Auge des Falken
Unter Umständen findet Ihr irgendeinen Hinweis.«
»Guter Gedanke! Bringt ihn am besten gleich in die Apotheke der Falkenhalle. Ich habe Marla schon gebeten, Meister Calborth vorzuwarnen. Ich komme nach.«
Cardol bedeutete Ferl mit einem leichten Ruck, sich mit der Trage in Bewegung zu setzen.
Alduin blickte den beiden noch einen kurzen Moment nach und schlug dann die andere Richtung ein.
»Rihscha, vielleicht kannst du aus der Luft etwas entdecken, während ich den Boden absuche.« Er ließ seinen Falken abheben.
Sorgfältig suchte der junge Falkner den Pfad der flach getrampelten Emmerhalme ab. Doch außer gebrochenen Rispen konnte er nichts entdecken.
Er ging auf den Wald zu, der unmittelbar an das Feld grenzte, und spähte in die graugrüne Dämmerung. Auf dem weichen Boden zwischen kräftigen Baumstämmen las er die eine oder andere Fährte wild lebender Tiere, doch nichts deutete auf menschliche Spuren hin. Ohnehin hätte er sie auch im Feld finden müssen, fiel ihm dann ein.
Er nahm Verbindung mit Rihscha auf, der rastlos über die Bäume glitt. Mit den Augen des Falken sah er die grünen, hochgewachsenen Wipfel unter seinen Schwingen, die in der Hitze flimmerten.
Aber auch hier war nichts Ungewöhnliches zu entdecken. Es schien ihm, als sei der Mann aus dem Nichts aufgetaucht.
Schließlich lenkte er Rihscha zur Falkenhalle, brach die Verbindung ab und rannte los, so schnell er konnte. Schweißgebadet holte er Ferl und Cardol ein, als die beiden gerade am Tor von dem Wächter befragt wurden.
»Das ist ja alles schön und gut«, sagte der Onur zu den aufgebrachten Katauren, »aber was ist, wenn er eine Krankheit mitschleppt, eine, mit der er die ganze Stadt ansteckt? Meine Großmutter hat mir mal von der Pest erzählt, die damals in ...«
»Genug, guter Mann!«, schnitt Ferl ihm das Wort ab. »Kein Mensch ist in der Stadt bei dieser Hitze. Wir bringen ihn schnurstracks zur Apotheke in der Falkenhalle und lassen niemanden an ihn heran.«
»Aber was ist mit Euch? Ich wette, Ihr habt ihn sehr wohl berührt.«
»Jetzt hör mal gut zu«, raunte Ferl und baute sich bedrohlich vor dem misstrauischen Wächter auf. »Ich will nicht etwa behaupten, dass du falsch liegst. Womöglich bin ich selbst nur einen Fingerbreit vom Tod entfernt. Du könntest allerdings leicht der nächste sein, der dann an der Reihe ist.« Er machte einen Ansatz, ihn zu berühren. Erschrocken wich der Wächter einen großen Schritt zurück.
»Wir schaffen diese arme Seele jetzt zur Zitadelle, und du wirst uns nicht daran hindern. Es sei denn, du hast wirklich vor, dich mir in den Weg zu stellen!«
»Ich ... ich ...«, stammelte der Wächter. »Ich werde Euch melden! Dessen könnt Ihr Euch sicher sein!«
»Tu, was du nicht lassen kannst«, rief Ferl über die Schulter zurück, als er, Cardol und Alduin das Tor passierten und weiterliefen.
»Glaubt Ihr, er könnte tatsächlich eine ansteckende Krankheit haben?«, fragte der junge Falkner besorgt.
Der Kataure schüttelte entschieden den Kopf. »Er hat kein Fieber, und wie ich schon sagte, ich denke nicht, dass er wirklich krank ist. Ihm fehlt etwas ganz anderes. Aber ich soll verdammt sein, wenn ich wüsste, was es ist. Es ist ... unerklärlich.«
Alduin nickte nur, dann nahm er wieder Verbindung mit Rihscha auf.
»Rihscha hat Meister Calborth gefunden«, rief er erleichtert. »Ich laufe vor und berichte ihm.«
Der alte Falkner kam ihm mit schnellen Schritten entgegen. Auf seiner Faust saß Rihscha. »Alduin! Was ist geschehen?«, fragte er und zog seine Stirn kraus.
In hastigen Worten schilderte der junge Falkner die Ereignisse, während sie den beiden Katauren entgegenliefen.
Das Gesicht des Bewusstlosen auf der Bahre lag auf der Seite, teilweise verdeckt von seinem zerzausten Haar. Meister Calborth sah ihn prüfend an und wirkte sehr nachdenklich. Über seinem Gesicht breitete sich ein Schatten aus.
»Er ist Raide. Bringt ihn in die Apotheke.« Der Meister ließ den Fremden nicht aus den Augen. »Beeilt Euch. Hier geht etwas sehr Merkwürdiges vor sich.«
»Genau, was ich dachte«, pflichtete Cardol ihm mit leichter Befriedigung im Tonfall bei.
Wenig später legten die Männer den geheimnisvollen Fremden auf den hölzernen Tisch in der Mitte der Apotheke. Der Raum wirkte kühl und sachlich: In den Regalen rundum lagerten in steinernen Gefäßen und milchigen Fläschchen getrocknete Heilkräuter, Salben und Tinkturen, deren Duft die Luft durchdrang. Obwohl Meister
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