Falkensaga 02 - Im Auge des Falken
vor dem Böschungsrand endete. Dort nämlich verlief ein Holzzaun entlang dem Abhang, der den Weg versperrte. Dahinter grasten Pferde.
»Hier scheint jemand zu leben«, schloss Alduin.« So wie es aussieht, sind es Katauren.«
Erilea sah sich um. »Hier gibt es keinen Weg zum Fluss. Und einen Umweg wollen wir auch nicht machen. Wir müssen hierdurch!« Alduin lenkte die Stute vorsichtig zum Rand des Abgrunds und sah hinab auf den Mangipohr. Tief unter ihm schoss das Wasser durch die Schlucht. »Gütiger Gilian!«, sagte er erschrocken und drehte sich zu Erilea um. »Wusste gar nicht, dass der Fluss hier unpassierbar ist. Vermutlich sind wir auf der falschen Uferseite geritten.«
»Wir hatten aber keine andere Wahl. »Sie schüttelte den Kopf und deutete auf den Zaun. »Wie dem auch sein mag, dort ist ein Tor. Hoffen wir also, dass die Leute hier freundlich sind.«
Sie sprang vom Pferd und lief zum Zaun. Der Eingang war mit einem schweren Holzbrett verriegelt, das jemand mit aufwendigen, detailreichen Schnitzereien galoppierender Pferde verziert hatte - jedes von ihnen in einer anderen Pose.
»Unglaublich! Ein wahres Kunstwerk«, rief Erilea erstaunt. »Da hatte ein Künstler die Hände im Spiel! Das solltest du dir mal ansehen, Alduin!«
Alduin zögerte einen Moment, bevor er abstieg. Obwohl er keine Zeit verlieren wollte, mochte es sich als durchaus nützlich erweisen, einen Eindruck von den Besitzern des Grundstücks zu erhalten, bevor sie ihnen gegenübertraten. Auch er bewunderte die kunstvollen Schnitzereien. »Das ist keine Stümperei. Das ist tatsächlich die Arbeit eines Meisters!«, bestätigte er. »Damit hätte ich in dieser Abgeschiedenheit nicht gerechnet.«
Als Erilea versuchte, das schwere Holzbrett anzuheben, legte Alduin seine Hand auf ihren Arm. »Warte noch«, bat er. »Lass mich kurz Verbindung mit Rihscha aufnehmen. Ich möchte wissen, wo er ist. Sobald ich durch dieses Tor gegangen bin, muss ich mich besser auf den Weg konzentrieren.«
Wie ein Pfeil, der durch die laue Sommerluft schnitt, flog Rihscha dicht am Ostufer des glitzernden Flusses entlang. Dicht an dicht standen die Bäume hier zu beiden Seiten, und ihr üppig grünes Blattwerk neigte sich tief über das glasklare Wasser. Er genoss es, zwischen den überhängenden Zweigen durchzuschießen, sodass er die Wiese vor der kleinen Hütte ein ganzes Stück weit überflog.
Rihscha! Halt, wir sind doch schon da!
Mit erhabenem Schwingenschlag zog er einen Halbkreis, drehte ein paar Schrauben in der Luft und stieß anschließend auf die Hütte hinab.
Angeber!
Bardelph war ganz vertieft, im Gemüsegarten das wuchernde Unkraut zu jäten, und versuchte angestrengt, nicht an Aranthia zu denken. Er wusste, dass sie sich weitaus mehr Sorgen um Alduin machte, als sie sich anmerken ließ. Er konnte das Gefühl nicht loswerden, sie im Stich gelassen zu haben, und es fiel ihm schwer, ihre Hoffnung zu teilen, Alduin noch einmal lebend wiederzusehen. Mit der körperlichen Arbeit versuchte er, seine Schuldgefühle zu verdrängen, und hatte auf diese Weise wenigstens das Gefühl, nützlich zu sein.
Als der Falke mit ausgebreiteten Flügeln zur Landung auf dem Zaun ansetzte, bemerkte er ihn zuerst gar nicht. Rihscha kreischte.
»Rihscha!«, rief der Raide, sprang auf und rannte zu ihm hin. »Rihscha, bist du es wirklich? Natürlich, was für eine dumme Frage. Bei allen gnädigen Göttern! Gepriesen sei Gilian! Wo warst du bloß? Und wo ist Alduin? Geht es ihm gut? Ist er tatsächlich am Leben? Ich habe schon alle Hoffnung aufgegeben!«
Als Antwort neigte Rihscha den Kopf und hob die Klaue.
»Eine Botschaft! Eine Botschaft von Alduin?«
Bardelph löste die dünne Lederschleife und hielt den Atem an, als er das Pergament aufrollte und daraus las.
»Er ist wohlauf! Den Göttern sei Dank, jedem einzelnen von ihnen.«
Ungeachtet dessen, dass Bardelph keinen Falknerhandschuh trug, hob er Rihscha auf seine Faust und streichelte dem Falken die Brust.
»Rihscha, das sind die besten Neuigkeiten, seit ... seit Aranthia sich für mich entschieden hat! Hurra!«, rief er und tanzte vor Freude und Erleichterung von einem Fuß auf den anderen. »Hurra!«, rief er wieder und wieder und setzte seinen Freudentanz fort - schneller und immer schneller. Verängstigt grub Rihscha die Klauen in seine Hand, stieß sich ab und schwang dann wieder in die Luft. Überrascht hielt der Raide inne. Er beobachtete verwirrt, wie der Falke einmal über ihm
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