Falkensaga 02 - Im Auge des Falken
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»Aber wenn es stimmt, und es gibt tatsächlich einen solch magischen Ort, warum muss man ihn dann geheim halten?«, fragte Erilea. »Warum durften nicht alle Falkner davon wissen?«
Alduin schüttelte den Kopf.
»Du hast Cal nicht gesehen, deshalb ist es schwer zu verstehen. Ich hatte den Eindruck, für ihn stand die Zeit still und er war gefangen darin. Aber wenn Rael recht hat, altert er im Moment in einer Schnelligkeit jenseits allen Vorstellbaren. Was auch immer da vor sich geht ... für mich hört es sich nicht danach an, als ob die Falkenhalle etwas Derartiges gutheißen würde.«
Als die Herbergswirtin mit dem Calba kam, unterbrachen sie ihr Gespräch für einen Moment.
»Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Aber dafür ist er frisch gebraut«, sagte die Frau. »Habt Ihr schon darüber nachgedacht, wo Ihr schlafen wollt?«
Bevor Alduin antworten konnte, antwortete Erilea. Ihre Stimme klang plötzlich ganz unbekümmert. »Ich glaube nicht, dass eine schlaflose Nacht zwischen einem Haufen schnarchender Männer besonders erholsam sein kann. Wenn ich darf, nehme ich lieber die Pritsche in der Küche.«
»Gut. Ich werde sie euch fertig machen«, gab die Frau zurück. Dann wandte sie sich an Alduin. »Der Schlafsaal ist oben an der Treppe. Ihr könnt ihn nicht verfehlen.«
»Das hast du aber ziemlich schnell beschlossen«, sagte Alduin leicht gekränkt. »Heckst du etwas aus, von dem ich besser wissen sollte?«
»Mein Plan ist, dass du im Schlafraum der Falkner schläfst. Dann fühlen sie sich frei und reden von der Leber weg«, sagte Erilea. »Ich bezweifele nämlich, dass sie das tun werden, wenn ich dabei bin.«
12
Zu Triels großer Enttäuschung war Jad mit seinen Geschäften schon am frühen Nachmittag des Tages nach ihrer Ankunft zum Aufbruch bereit.
Die Begeisterung des Jungen über all das, was Rael ihm zeigen konnte, hatte ihn selbst angesteckt und in ihm wieder nach so langer Zeit die Begeisterung für die atemberaubende Schönheit der Stadt Sanforan geweckt. Nach einem Rundgang durch die Falkenhalle am ersten Abend hatte er ihm am nächsten Morgen gleich bei Sonnenaufgang den Hafen gezeigt. Die Fischerboote waren gerade vom Ozean zurückgekehrt, und so konnten sie den Weg der Fischer mit ihrem Fang bis zu den betriebsamen Buden der Marktstraße verfolgen.
Rael war klar, dass es Triel schwerfallen würde, nach Hause zurückzukehren. Er beobachtete den kleinen Wicht, wie er auf den Vordersitz des Gefährts kletterte, und hielt sich bewusst dabei zurück, ihm die Hand zu reichen. Er fühlte sich hin- und hergerissen zwischen dem Gefühl, der Junge könnte ihm zu sehr ans Herz wachsen einerseits und dem Versprechen andererseits, ihm bei der Aufnahme in die Falkenhalle zu unterstützen - dann, wenn die Zeit reif dafür war.
»Wir sind nicht dazu gekommen, das Gesuch einzureichen«, sagte er mit traurigem, verunsichertem Blick.
»Das mache ich auf der Stelle«, versicherte Rael. »Großes Ehrenwort! Ich versprech es dir. Du hast gute Empfehlungen, und sowohl ich als auch Meister Calborth werden uns für dich verbürgen. Nur die wenigsten Anwärter können mit solchen Bürgen aufwarten.«
»Werdet Ihr mich manchmal besuchen kommen?«
»Will sehn, wohin mich meine Pflichten als Falkner führen«, antwortete Rael und wollte den Jungen nicht mit falschen Versprechungen enttäuschen. »Du wirst sehen, die Zeit vergeht wie im Flug. Du bist groß genug, deinem Vater eine echte Hilfe zu sein und kannst die Zeit nutzen, deine Mutter langsam an die Vorstellung zu gewöhnen, wie es ist, wenn du von zu Hause weg bist. Zeig ihr, dass sie stolz auf dich sein kann!«
»Hör mal, Junge«, mischte sich der sonst so wortkarge Jad mitfühlend ein. »Sobald wir aus der Stadt raus sind, darfst du die Zügel übernehmen. Na, wie wär's damit?«
Triel nickte, und doch blieb sein Blick sehnsüchtig auf Rael haften. Jad schnalzte erst mit der Zunge, feuerte den Esel mit den Leinen an, und das Gefährt setzte sich langsam in Bewegung.
»Wartet!«, rief Triel, löste das mit Falken bestickte Lederarmband vom Handgelenk und streckte es Rael entgegen. »Nehmt das. Damit Ihr mich nicht vergesst!«
Nachdenklich lief der Junge Falkner der Kutsche nach. Und wieder war seine Kehle wie zugeschnürt, und sein Herz schien von der Hoffnungslosigkeit zu ersticken. Er konnte sich nicht weigern, das Geschenk anzunehmen. Zum Dank nickte er, unfähig, auch nur einen Ton herauszubringen, und befestigte
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