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Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Titel: Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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spinnennetzartigen Spitzenbesätzen näher betrachtete. Mit Schrecken stellte ich fest, wie mager sie war, was durch die enge Schnürung des Korsetts noch verstärkt wurde, und bemerkte die papierne Blässe ihres Gesichts.
    »Anne, du bist krank!«
    »Mit geht es gut. Ich schlafe nur nicht viel. Das ist alles.« Jedes Wort schien sie anzustrengen, wirkte genauso farblos und geisterhaft wie ihr Gesicht.
    »Das ist alles!« Ich kniete mich neben den Stuhl, auf dem sie saß. »Wir müssen damit aufhören. Es hat dir nicht gutgetan. Und mir auch nicht. Ich habe ein Haus gemietet.«
    »Ein Haus. Ja.« Ich erklärte ihr, dass ihre Träume davon, Lady Stonehouse zu werden, nur mehr Phantasie seien.
    Sie lächelte schwach. »Und deine Träume davon, die Welt zu verändern, sind es nicht?«
    »Nein. Die Welt hat sich verändert. Cromwell ist der mächtigste Mann in England.«
    »Und der König?«
    »Der spielt Bowls.«
    Sie begriff. Das war das Schöne daran, mit ihr zusammen zu sein. Wenn wir einander wirklich nahe waren, gelangten wir in den Kopf des anderen. Ein Wort konnte ein ganzes Buch voller Ansichten vermitteln. Sie war besessen von den Besitzungen der Stonehouse, aber es waren nicht nur die Reichtümer, die sie betörten. Es war die Macht. Das hatten wir gemeinsam.
    »Solange das Parlament die Armee nicht auflöst, muss Cromwell den Soldaten zuhören. Und bevor das Parlament die Armee auflöst, wird die Armee das Parlament auflösen.«
    Sie war ganz ruhig, bis auf die Augen, die in ihrem blassen Gesicht größer und klarer wirkten als gewöhnlich und in denen ich meine winzigen Spiegelbilder sehen konnte. Selbst meine Narbe und die Flecken auf meinem Armeewams konnte ich erkennen. Ich erklärte ihr, dass die Armee in fünf langen Jahren genug erlebt hätte, um zu wissen, dass das Parlament verkommen war. Nicht nur die rangniederen Offiziere, auch die Colonels hatten festgestellt, dass es reformiert werden musste.
    »Vergiss die Besitzungen. Lord Stonehouse ist in Ungnade gefallen.«
    »Und du stehst in Cromwells Gunst?«
    »Nein. Aber es wird ein neues Parlament geben. Und ich habe vor, mich um einen Sitz zu bewerben. Mit deiner Hilfe, so glaube ich, hätte ich eine Chance.«
    Ich hatte halbwegs damit gerechnet, dass sie sich belustigen würde, um mich lächerlich zu machen, aber sie sagte ruhig: »Ja. Ich glaube, die hättest du.«
    Sie klang so überzeugt, dass ich ungeduldig ihre Hand ergriff. »Mr Tooley wurde wiedereingesetzt. Du kannst zu deiner alten Kirche zurückkehren …«
    »Als Mrs Neave? Obwohl ich einen anderen geheiratet habe?«
    »Ich habe einen Advokaten aufgesucht. Das lässt sich ganz leicht ändern.« Das war die Wahrheit. Wildman hatte gesagt, es sei möglich. Ich sagte ihr nicht, dass er auch gesagt hatte, es sei einfacher, ein Parlament zu reformieren, als ein Weib.
    »Das Haus ist nicht angemessen.«
    »Nicht angemessen! Es ist das, was ich mir leisten kann. Ob angemessen oder nicht, es ist das Haus, in dem wir leben werden, Madame. Pack deine Sachen.«
    »Kannst du uns ein wenig mehr Zeit geben? Bitte!« Sie bat mich fast nie um etwas, und ihre Miene war so wild und verzweifelt, dass ich kurz davor war, ihr nachzugeben. Doch ich fürchtete, dass sie nur noch stärker unter Lucys Einfluss geraten würde.
    »Nein. Du hattest genug Zeit. Mehr als genug. Womöglich fährst du wieder aufs Land. Ich weiß nicht, was du tun wirst. Ich gebe dir eine Stunde. Ich lasse eine Kutsche rufen.«
    Schicksalsergeben senkte sie den Kopf. »Erklärst du Luke, wohin wir gehen?«
    »Natürlich. Gerne. Wo ist er?«
    Sie nahm eine Glocke vom Tischchen neben ihr.

    Ich hatte es so oft bei der Armee gesehen, dass ich vorbereitet war, aber ich war nicht bereit. Ich wusste und wusste doch nicht. Es lag an der Art, wie Luke den Raum betrat. Wie er hereingeschlichen kam. Er hatte sich, wie alle Menschen es taten, an das angepasst, was ihm zugestoßen war. Er wusste, wo das Licht war, und wandte mir instinktiv die gute Seite seines Gesichts zu. Auf der Stelle tadelte ich mich selbst – die »gute Seite«? Alles an ihm sollte für mich gut sein!
    Jane kam mit ihm herein und stupste ihn sanft in meine Richtung. Wütend drehte er sich zu ihr um, und ich sah die verbrannte Seite seines Gesichts. Sie war nicht gut verheilt. Quark war noch eine sehr wohlwollende Beschreibung. Die Narbe war rot, klumpig und roh, wie von einem Wurf Ferkel zerkratzt. Später erfuhr ich, dass irgendein Dummkopf von einem Wundarzt, der

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