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Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Titel: Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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sein, wenn ihr mich nicht unterstützt.«
    Nicht ein Tag, kaum eine Stunde verging, ohne dass ich Luke in den Armen seiner Mutter vor mir sah und erneut diesen entsetzlichen Schrei vernahm. Ich hielt mitten in meinem Tun inne, ob ich eine Flugschrift setzte oder mir die Hände abwischte, um mir die letzten Minuten mit Anne noch einmal zu vergegenwärtigen. Ich war wütend auf sie, weil sie ohne ein Wort gegangen war – und noch wütender auf mich, denn wie hätte sie mir schreiben können, wenn sie nicht wusste, wo ich war?
    Ich schrieb ihr, und wundersamerweise kehrte die Poesie zu mir zurück, denn ich schrieb als Tom Neave. Ich erzählte ihr, dass ich das Haus im Half Moon Court gemietet hatte. Ich plante, einen neuen Apfelbaum dort zu pflanzen, um den zu ersetzen, unter dem wir uns verliebt hatten. Der Brief erfüllte mich mit dem tiefsten Verlangen nach ihr, und tagelang war ich voller Hoffnung. Ich machte mir keine Illusionen über ihre Reaktion. Sie würde mir gehorchen, aber sie würde es hassen. Ich konnte ihre Einwände hören, spürte ihre stumme Verachtung für diesen Ort. Doch selbst das war besser, als überhaupt nicht mit ihr zusammen zu sein. Und allmählich, wenn die ersten Blätter sich zeigten und die Knospen sich öffneten, würden wir wieder zusammenkommen. Mehr als alles andere glaubte ich, dass, was immer auch geschah, keiner von uns ohne den anderen leben konnte.
    Eine Woche verging. Keine Antwort. Ich schrieb erneut und ließ den Brief von einem der überall in der Stadt herumlungernden Männer überbringen, was dem Schreiben die Dringlichkeit eines Gnadengesuches verlieh. Nichts. Ich war jedem gegenüber kurz angebunden, vor allem gegenüber Matthews Küchenmagd Ellie, die mir nicht von der Seite wich. Sie zeigte weniger Interesse daran, das Haus sauber zu halten, als daran, die Flugschriften zu den Levellers zu bringen oder eine Kopie davon zu Mr Black, wenn unsere Druckerpresse kaputtging. Sie war, glaube ich, vierzehn – sie behauptete, fünfzehn. Wie eine Pflanze, die zu rasch in die Höhe geschossen ist, geriet sie in ihren Holzschuhen ständig aus dem Gleichgewicht, und wenn sie durch die Straßen rannte, das Kleid zum Schutz vor dem Dreck hochgebunden, schleuderte sie sie ganz von sich.
    Eines Tages gab sie mir einen Brief aus Maidenhead, der acht Tage zuvor aufgegeben worden war. Da sie stets die Post holte, fuhr ich sie an, in der Meinung, sie hätte den Brief vergessen. Sie floh in Tränen aufgelöst. Scogman machte mir Vorhaltungen und wies darauf hin, dass er falsch adressiert gewesen und noch einmal nach Maidenhead und wieder hierher gereist war.
    Jeder hier kannte mich als Tom Neave. Anne hatte jedoch an Thomas Stonehouse geschrieben. Und sie hatte den Brief mit dem Falkensiegel verschlossen.
    Ich geriet in Rage. Ich würde den Brief nicht öffnen. Er war nicht für mich. Ich würde ihn zurückschicken, mit dem Zusatz »Empfänger unter dieser Adresse unbekannt.« Mein kindischer Wutanfall dauerte etwa fünf Sekunden. Ich riss den Brief auf, voller Sehnsucht, ihre ausladende, leidenschaftliche Handschrift zu sehen. Fassungslos starrte ich auf die sauberen, aufrechten Striche, steif wie ein Regiment beim Appell. Sie hatte den Brief einem Schreiber diktiert. Sie redete mich mit Teurer Gatte an. Sie sei mit Luke aufs Land gefahren, weil sie fürchtete, er würde noch mehr Leid erdulden müssen, wenn eine plündernde Armee London übernähme (wie sie sich Cromwells Soldaten vorstellte). Hätte sie gewusst, wo ich war, hätte sie selbstverständlich meine Erlaubnis eingeholt. Kein Tag vergehe, an dem Luke nicht nach seinem Vater frage. Sie bat, sich eines Urteils über Half Moon Court enthalten zu dürfen, bis die gute Landluft, hoffentlich, zu Lukes Genesung geführt habe. Sie verblieb meine zugeneigte Gattin und so weiter und so weiter. Sie hatte mit Anne Olivia Stonehouse unterschrieben.
    Anne Olivia! Sie benutzte den zweiten Namen nie. Sie hasste ihn. Aber halt! Ich schritt in der Druckerei auf und ab und ignorierte die Menschen, die mich fragten, was los sei. Mit diesem Namen hatte sie die Heiratsurkunde unterschrieben. Der ganze Brief trug Lucys Handschrift, und wahrscheinlich die eines Advokaten. So hoffnungslos es war, Anne hatte es immer noch auf den Besitz der Stonehouse abgesehen. Nun, das würde sich mit der Zeit von allein geben. Es musste sich geben. Es war fruchtlos. Voll kalter Wut schrieb ich ihr, dass sie mich ab sofort mit Tom Neave anzusprechen und diesen

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