Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Titel: Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
Vom Netzwerk:
Warze am Kinn, das Gesicht halb abgewandt, als wollte er sich verstecken; eine junge Frau in einem goldbestickten Seidenkleid, die den Hals eifrig vorreckte. Aufgrund ihres Medaillons hatte ich sie gleich für Richards Frau gehalten, und sobald sie den Mund aufmachte, war ich mir dessen sicher.
    »Dégoutant! Est-ce la femme diabolique?«
    »Laisse-moi m’occuper de la salope, Geraldine«, murmelte Richard. Er hob seine Stimme. »Mr Cole. Der Dame ist nicht wohl.«
    Nur Richard brachte es fertig, indem er vor dem Wort »Dame« einen winzigen Moment zögerte, diese vier Buchstaben wie Gossensprache klingen zu lassen. Anne riss sich von mir los. Ihre Stimme war wie Eis. »Der Dame geht es ausgezeichnet!«
    Richard ignorierte sie. »Tom. Ich muss mit Euch sprechen.«
    Behandelt zu werden, als sei sie gar nicht anwesend, versetzte Anne stärker in Wut als jede verbale Beleidigung. Sie verlor vollkommen die Beherrschung und wirbelte zu mir herum. »Hör nicht auf ihn. Hast du noch immer nicht genug von seinen Tricks? Er hat versucht, dich zu töten. Hast du das schon vergessen?« Sie wandte sich an Richard. »Ignoriert mich. Nur weiter so. Ignoriert mich. Ihr solltet im Tower sitzen. Ich werde dafür sorgen, dass man Euch dorthin bringt.«
    »Elle est une gamine des rues … une folle«, murmelte Geraldine und wich hastig zurück, als Anne sie zornig anstarrte. Dabei trat sie dem Mann mit der Warze auf den Fuß, der einen Schmerzensschrei ausstieß.
    Mit gespieltem Mitleid ging Anne auf ihn zu statt auf Geraldine los. »War das Euer gichtgeplagter Fuß, Mr Hanmer?«
    Hanmer, so hatte sie mir in der Kutsche erzählt, war Lord Stonehouse’ Advokat, und er hatte ihr versichert, die Erbfolge ließe sich ändern. Wie ich aus Annes kaum verhülltem Ärger schloss, hatte er ihr den Eindruck vermittelt, auf ihrer Seite zu stehen. Ich war genauso hypnotisiert und entgeistert wie die anderen, unfähig, sie aufzuhalten, während Dr. Latchford den auf einem Fuß hüpfenden Hanmer stützte und ihm zu einem Sessel half. Dabei fiel ihm die Brille von der Nase, Hanmers hüpfender Fuß landete darauf, und es knirschte vernehmlich.
    Anne fuhr Geraldine an. »Sprecht Ihr Englisch?«
    Geraldine war groß und hatte die arrogante Art der Normannen an sich. Ihre Augen funkelten kaltherzig und herablassend. »Bess-her als Ihr, meine isch.«
    »Bess-her, so, so.«
    Anne ging auf sie zu. Ich hätte einschreiten sollen, aber der Wunsch, Anne möge irgendetwas sagen, das dieses hochmütige Lächeln aus dem Gesicht dieser Frau wischte, überwog. Jener Frau, die, wie ich mir schockiert klarmachte, meine Stiefmutter war. Doch da war noch mehr. Ich musste Annes verbissene Zielstrebigkeit diesen Leuten gegenüber einfach bewundern. Es war mir nie zuvor in den Sinn gekommen, aber während ich für die Freiheit des Volkes kämpfte und versuchte, diese arroganten und anmaßenden Machtmenschen in ihre Schranken zu weisen, wollte Anne da nicht, auf ihre Weise und aus vollkommen anderen Gründen, genau dasselbe erreichen?
    Das Lächeln auf Geraldines Gesicht verschwand, als Anne nur noch einen Schritt entfernt war. Gerade, als es jedermann dämmerte, dass für Anne Worte nicht mehr genügten und dass sie Geraldine möglicherweise körperlich angreifen würde, ertönte eine Stimme.
    »Genug.« Es war der Priester. Er schien zu begreifen, wie verstört Anne war, denn sein Tonfall war eher sanft tadelnd als einschüchternd. »Ihr scheint vergessen zu haben, dass wir darum beten, eine Seele möge in Frieden aus diesem Leben scheiden.«
    Anne sah sich um, als erwachte sie aus einem Traum. Ihr Blick blieb auf der reglosen Gestalt von Lord Stonehouse ruhen. Sie schüttelte sich entsetzt und krampfte ihre Finger so heftig zusammen, dass ich glaubte, sie müssten brechen. Behutsam legte ich ihr einen Arm um die Schulter. Ungeschickt stieß sie gegen einen Stuhl, als ich sie aus dem Raum führte. Richard machte Anstalten, mir zu folgen und wiederholte, er müsse mit mir sprechen, aber ich scheuchte ihn mit einer heftigen Geste davon.
    Ein Schrei ertönte, dämonisch und furchteinflößend. Er schien aus der Luft selbst zu erwachsen. Anne schrie und presste ihr Gesicht an meine Brust. An der Seite von Lord Stonehouse’ Körper bewegte sich etwas, eine zittrige, weiße Gestalt im dämmrigen, unruhigen Licht am Kopfende des Bettes. Jedermann wich zurück, bis auf Hanmer, der aufstand, um ebenfalls zu fliehen, und darüber seinen gichtkranken Fuß vergaß. Mit einem

Weitere Kostenlose Bücher