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Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Titel: Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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Klausel …«
    Hanmer hustete tadelnd und warf einen nervösen Blick auf Richard. »Mylord, falls Ihr Euch auf die Parlamentsverordnung über beschlagnahmtes royalistisches Eigentum bezieht, die man so interpretieren könnte, dass …«
    »Genau die. Diktat.«
    Einer der Diener baute einen kleinen Tisch vor Mr Cole auf, ein anderer drückte ihm eine Feder in die Hand, während ein dritter das Papier vor ihm bereitlegte. Mr Cole, der an die Launen seines Herrn gewöhnt war und tatsächlich glücklich wirkte, dass sein Dienstverhältnis noch nicht beendet war, tunkte die Feder ein und wartete gespannt, während Hanmer sich räusperte und die Menschen Stück für Stück näher rückten, die Köpfe vorgereckt, und ihn anstarrten.
    »O Tom, Tom«, atmete Anne mir leise ins Ohr. »Du hast es geschafft. Ich wusste es!«
    »Ich …«
    Ich schwieg. Nichts, was ich sagte, würde irgendetwas ändern. Niemand würde mir glauben, dass ich die Besitzungen nicht haben wollte. Niemand. Oder steckte da noch mehr dahinter? Natürlich. Annes Wangen bekamen wieder Farbe. Ihre Augen leuchteten auf. Sie war so sehr die alte Anne, die Frau, in die ich mich verliebt hatte, dass ich impulsiv ihre Hand ergriff. Sie erwiderte meinen Händedruck.
    Trotzdem, als ich sah, wie Lord Stonehouse seinen Siegelring drehte, den Ring, mit dem er den Pestbefehl gesiegelt hatte und mit dem er in Kürze das neue Testament besiegeln würde, und als ich das Auge des Falken im Kerzenlicht aufblitzen sah, überkam mich eisige Kälte. Vielleicht wäre ich vorgetreten und hätte ihn aufgehalten, doch dann hörte ich ein einziges Wort.
    Diable .
    Ich konnte nur wenig Französisch, aber dieses Wort kannte ich. Teufel . Während meiner Zeit bei Mr Black war mir dieses Wort oft genug an den Kopf geworfen worden. Das, und Bastard. Geraldine stieß beide hervor. Fassungslos hatte sie die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und feuerte verwirrte Fragen auf Richard ab, der indes vor Bestürzung nicht antworten konnte. Ein halbes Dutzend Mal sah Richard aus, als sei er kurz davor, Mr Cole die Feder aus der Hand zu reißen. Jedes Mal hielt der kalte Blick seines Vaters ihn zurück. Hanmer erklärte, alle vorherigen Testamente und Testamentsnachträge würden widerrufen.
    »Que veut dire ›widerrufen‹?«, fragte Geraldine.
    »Révoguer.«
    Bis zu diesem Moment hatte Geraldine entweder nicht begriffen oder nicht geglaubt, was geschah. Ihre Stimme wurde schrill. »Incroyable! Ce diable va hériter? Ce bâtard? Il faut l’en empêcher.«
    Richard machte zwei Schritte auf seinen Vater zu. Hanmer hielt mit dem Diktat inne. Lord Stonehouse blickte auf. Dieses Mal war der Blick nicht kalt. Stattdessen war es ein erschöpfter, unbeschreiblich müder Blick, nicht ohne Wärme, sogar mit Liebe, soweit Lord Stonehouse jemals in der Lage gewesen wäre, dies auszudrücken. Er hatte seinem Sohn Richard so oft erzählt, dass er ungeeignet sei, das Erbe anzutreten, und nun lag im Blick des Vaters eine Resignation, eine endgültige Klarheit, die nahelegte, dass er genau wusste, was er tat.
    Zwischen Richard und dem Bett lag ein Teppichstreifen, vom Muster ganz ähnlich wie die abgetretene Stelle, an der wir beide so häufig vor ihm gestanden hatten. Im Krieg war Richard furchtlos, aber dieser Teppich, zusammen mit diesem Blick, bildete eine Barriere, die er nicht zu überwinden vermochte.
    »Seul Dieu«, murmelte er zu Geraldine, »peut arrêter mon père.«
    Das hatte ich ebenfalls verstanden. Gott allein kann meinen Vater aufhalten . Lord Stonehouse starrte mich nicht nur an, sondern in mich hinein. Es war, als würde er jeden Teil von mir genauestens prüfen, und mehr noch, als würde er jedes seiner Gefühle wie eine Bürde auf mich übertragen. Bürde. Er nickte mir kaum merklich zu, als hätte ich das Wort tatsächlich ausgesprochen. In diesem Moment begriff ich. Er wusste, dass ich die Besitzungen nicht haben wollte. Und genau aus diesem Grund würde er sie mir übergeben. Nicht aus einem pervertierten Impuls heraus, sondern weil er – in dem Bild, das er vor sich sah – erkannte, dass ich es nicht genießen, sondern als Pflicht betrachten würde, als Bürde, so wie es für ihn eine Bürde gewesen war.
    Er schien meine Gedanken lesen zu können, denn er lächelte mir zu. Es war eines der wenigen Male, an die ich mich später entsann. Ich neigte den Kopf. Als ich wieder aufblickte, gab er Hanmer gerade das Zeichen, fortzufahren. Seine Hand erstarrte inmitten der

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