Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)
Ölpapier, das die Fenster ersetzte, war zu schmierig und getrübt um sehr viel mehr zu erkennen als den Saum vom Umhang meines Vaters.
»Verdammter Mist, dass das passiert ist«, sagte jemand. Er sprach mit einem Akzent, der mir bekannt vorkam.
»Ganz und gar nicht«, erwiderte mein Vater. »Es könnte nicht besser laufen.«
Mit der Stiefelspitze trat ich einen Kieselstein los, so dass er über den Boden schlitterte. Ich erstarrte.
»Wieso das?«, fragte der Mann.
Mein Vater trat vom Fenster weg. »Ich kann etwas tun, das ich schon lange tun wollte.«
»Und das wäre?«
»Ich kann etwas mit meinem Sohn unternehmen, nicht gegen ihn.« Die Tür wurde abrupt aufgerissen, und das gelbe Licht blendete mich. Einen Moment lang konnte ich nichts sehen, und ich musste mich zwingen, nicht nach meinem Dolch zu greifen.
»Hallo Tom.« Mein Vater schenkte mir ein so warmes Lächeln, dass ich mich meines Misstrauens schämte. »Wusste ich doch, dass ich Euch gehört habe.«
Er streckte mir die Hand entgegen. Ich ergriff sie, während meine Augen sich an das Licht gewöhnten. Auf einem kleinen Tisch beschwerte eine Flasche holländischen Branntweins einige Karten vom Fluss, die in der Brise flatterten. Ein Fährmann, in dessen gewaltigen Händen der Becher, den er hielt, beinahe verschwand, lehnte an der Wand und maß mich mit Blicken, während er am Becher schnüffelte und einen Schluck Branntwein nahm.
Tief über den Tisch gebeugt, in einer dicken Jacke, von Kriegen und Wettern gezeichnet, saß der Holländer, den ich das erste Mal bei meines Vaters Landsknechten im Hof von Sir Challoner gesehen hatte. Er reinigte gerade zwei Pistolen.
»Das ist Jan«, sagte mein Vater.
»Ihr wart bei Challoner«, sagte ich.
Der Holländer sah blinzelnd auf, dann lächelte er breit, und ich konnte sehen, dass er fast keine Zähne mehr hatte. »Natürlich. Ich erinnere mich«, sagte er in kehligem, aber perfekten Englisch, als wären wir auf einem Gesellschaftsempfang, und begann, die Pistolen zu laden.
»Ich dachte, wir könnten vielleicht einen zusätzlichen Mann brauchen, um …« Der Gesichtsausdruck meines Vaters änderte sich, als er Scogman im Licht der Tür näher kommen sah.
Ich lächelte ihn an. »Ich hatte genau denselben Gedanken, Vater.«
Scogmans Augen leuchteten auf, als er die feine Schmiedearbeit der Pistolen erkannte. Er streckte die Hand aus, um eine davon näher zu betrachten. Jan ergriff mit einer raschen Bewegung sein Handgelenk, hob mit der anderen Hand die Waffe, zielte auf Scogman und entsicherte sie. Der Branntweinbecher verharrte an den Lippen des Fährmanns, und es herrschte einen Moment lang Stille, bis auf das regelmäßige Plätschern der Flut.
»Aber, aber, meine Herren«, sagte mein Vater. »Wir arbeiten zusammen.«
Scogman starrte hinunter auf den Lauf. »Italienisch, oder? Ihre Waffen sind wie die Leute – alles Dekoration, aber keine Feuerkraft.«
»Genug, um dir den Kopf wegzupusten.«
»Schnappschloss?«
Jan bedachte ihn mit seinem zahnlosen Lächeln. »Brauchbarer als die englischen Steinschlösser.«
In einer windschnellen Bewegung riss Scogman sich los und zog seine Pistole aus dem Umhang. »Glaubst du wirklich?«
Ich legte die Hand auf Scogmans Pistole. »Wir werden nicht weit kommen, wenn wir uns gegenseitig erschießen.«
»Gut gesprochen, Tom.«
Mein Vater war genauso angespannt wie ich. Er sah wieder aus wie ein Soldat, mit den bis über die Knie reichenden Stulpenstiefeln und der Jacke aus gefettetem Leder. Ich musste zugeben, dass er gut mit den Männern umgehen konnte. Er befragte Jake, den Fährmann, hörte ihm aufmerksam zu und beugte sich seinem Wissen über den Fluss. Doch als Jake ihm sagte, dass er bei diesem Wetter fünf Stunden bräuchte, um nach Hampton zu kommen, lachte er, befühlte die kräftigen Muskeln des Fährmanns und sagte: »Fünf für einen gewöhnlichen Fährmann, vier für dich, Jake.« Jake schüttelte den Kopf, aber er errötete vor Freude. Als mein Vater ihn losschickte, um nach dem Boot und dem Wetter zu sehen, war er überzeugt, der beste der sechstausend Fährleute auf der Themse zu sein.
»Was glaubt er, was wir vorhaben?«
»Er weiß es nicht. Er stellt keine Fragen. Außer der nach dem Geld.«
Er goss Branntwein in ein Glas, kippte ihn herunter, füllte das Glas erneut und reichte es mir. Ich nahm einen kleinen Schluck und wollte das Glas gerade Scogman reichen, als mein Vater mich aufhielt.
»Auf dem Fluss ist es kalt. Ihr werdet ein
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