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Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Titel: Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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lebendig. Ich wollte sie nicht hergeben, bis Mr Tooley, als der erste Schimmer der Morgendämmerung am Himmel zu sehen waren, mich warnte, dass die Presbyterianer ihn die Zeremonie nicht würden durchführen lassen, wenn wir zu spät kämen.
    Eher Grabräubern als Trauernden gleich, eilten wir auf den Kirchhof. Ein eisiger, gemeiner Wind peitschte auf uns ein. Es war immer noch mehr Nacht als Tag, und wir konnten kaum die Erde erkennen, die wir aufnahmen und auf das Grab warfen. Nur wenige Handvoll, und der Sarg war bedeckt.
    Als die Erde auf den Deckel prasselte, verdrängten zerfleischende Schuldgefühle meine Trauer. Niemals würde ich mir verzeihen, dass ich nicht sofort mit dem Sirup nach Hause geritten war. Vielleicht hätte das etwas geändert. Vielleicht hätte ich Mr Tooley gefunden, hätte Anne in ihrem aufgelösten Zustand davon abhalten können, mit Liz in diese kalte, feuchte Kirche zu fahren. Vielleicht, vielleicht, vielleicht.
    Auf die Schuldgefühle folgte Wut. Wenn Mr Tooley nicht aus der Kirche vertrieben worden wäre, würde Liz vielleicht noch leben. Zumindest hätte sie dann ein friedvolleres Ende gefunden, und wir hätten ihren Verlust betrauern können. Jetzt empfand ich viel zu viel Zorn, um zu trauern. An jenem kalten Morgen trug ich nicht nur Liz zu Grabe. Für mich wurde mit ihr auch der Frieden begraben.
    Welchen Frieden konnte es geben mit so engherzigen Männern wie George, Sir Lewis Challoner und Burke? Als wir den Kirchhof verließen, wurde Mr Tooley vom Kannengießer zu einem sicheren Haus in einer anderen Gemeinde gebracht. War es den Presbyterianern niemals in den Sinn gekommen, dass die wachsende Zwietracht und Unruhe unter den Täufern und anderen Sekten nicht so sehr aus ihrem Inneren herrührte, sondern von der Intoleranz der Presbyterianer gespeist wurde?
    Was, wenn Lord Stonehouse recht behielt und die Presbyterianer die Herrschaft übernahmen? Wenn sie Charles wieder auf den Thron brächten, ohne Absicherung und ohne einen starken Mann wie Cromwell, der ihn im Zaum hielt? Lord Stonehouse’ düstere Worte kamen mir in den Sinn. »Mich würde man in den Tower werfen. Und Euch ebenfalls.« Was mit Luke geschähe, wisse er nicht.
    Unter dem überdachten Friedhofstor blieb ich stehen und sah, dass Luke nur mit Mühe Schritt halten konnte, während er sich an die Hand seiner Mutter klammerte. Ich streckte die Arme nach ihm aus, und er rannte auf mich zu und stürzte sich hinein. Anne warf mir einen beredten Blick zu, eine Mischung aus Zustimmung und Überraschung, weil er so bereitwillig zu mir gelaufen war. Ich begriff, dass es vor allem meine Unnahbarkeit gewesen war, die ihn bislang zurückgehalten hatte.
    Er zappelte herum, zupfte an einer Strähne meines roten Haars, als könnte er nicht glauben, dass es echt war. Er hatte schwarze Haare, wie es sich für einen ordentlichen Stonehouse gehörte. »Ist Liz jetzt im Himmel?«
    »Ja.«
    »Warum hat der Mann dann gesagt, dass sie in die Hölle kommt?«
    »Weil er ein schlechter Mensch ist.«
    »Werdet Ihr ihn töten?«
    Ich brachte ihn zum Schweigen, zog ihn eng an mich, und als er sich an meine Brust schmiegte, wickelte ich ihn in meinen Umhang, um ihn vor dem beißenden Wind zu schützen.

Teil II
    Cromwells Segen
    Sommer 1647
    11. Kapitel
    Lord Stonehouse war ebenso unberechenbar wie das Wetter, das, grausam genug, zwei Tage nach der Beerdigung nicht nur den Frühling, sondern gleich den Sommer brachte. Es war so warm, dass die Eingangstüren des Hauses in der Queen Street weit offen standen. Ich glaubte, ich hätte ihn verpasst, da seine Kutsche eben vom Hof rollte, als ich mich näherte, aber er saß nicht darin. Die einzige Insassin war eine Dame. Ihr Gesicht war verschleiert, so dass ich ihre Züge nicht erkennen konnte, nur das grünliche Glitzern ihrer Augen.
    Als Mr Cole mich hineinführte, deuteten Lord Stonehouse’ Körperhaltung, mit der er am Fenster stand, und das leise Lächeln auf seinen Lippen, während er der Kutsche nachsah, darauf hin, dass er, so unwahrscheinlich es auch klang, verliebt war.
    Die Liebe hatte indes nicht dazu geführt, dass er den Sommer wahrnahm. Die Fenster waren geschlossen, und das Kohlenfeuer brannte wie immer. Es war so stickig, dass mir der Schweiß über den Rücken lief, als ich an der üblichen Stelle auf dem Teppich stand. Als er sich schließlich umdrehte, um meine Existenz zur Kenntnis zu nehmen, war das Lächeln aus seinem Gesicht verschwunden. Er bedachte mich mit

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