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Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Titel: Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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am Hauptsims fest, der oberhalb des größeren Fensters unter mir verlief.
    »Seht nach euren Pferden«, sagte der Mann.
    Gehorsam gingen sie auf eine Baumgruppe zu, wo, wie ich jetzt feststellte, einige Pferde angebunden waren. Ich hatte die Stimme meines Vaters erkannt, aber als er aus dem Vorbau kam, erkannte ich ihn kaum wieder, so sehr unterschied er sich von jener gejagten, heruntergekommenen, schon fast erbärmlichen Gestalt, der ich im The Pot gegenübergesessen hatte. Er trug eine schlichte, lederfarbene Uniform ohne irgendwelche Erkennungsmerkmale oder Rangabzeichen. Er hatte sie nicht nötig. Seine Art zu sprechen, sein ganzes Auftreten waren das eines Mannes, der es gewohnt war, dass man ihm gehorcht. So absurd es war, in diesem Moment empfand ich einen ungeheuren Stolz auf ihn.
    Als er wieder im Haus verschwunden war, wurde der Stolz von einem heftigen Ansturm anderer Gefühle verdrängt. Wut über sein falsches Spiel. Zorn über meine Dummheit, mich von ihm zum Narren halten zu lassen: … wenn Ihr in Euer Herze hineinseht und feststellt, dass Ihr mir vergipt … Und ich empfand Furcht, als ich daran dachte, dass er in meinem Haus gewesen war und mit Luke gesprochen hatte. Vor allem Furcht. Furcht vor den Gesichtern der Landsknechte. Furcht, dass irgendetwas geschah, das außerhalb meiner Kontrolle lag. Ich versuchte, die Tür zu öffnen. Sie war abgesperrt. Ich wollte gerade daran rütteln und hilflos dagegen treten, als ich von draußen ein schnarrendes Geräusch hörte. Ich bückte mich und lugte durch das Schlüsselloch.
    Ein Mann, der auf einem Sessel im Korridor schlief, hob den Kopf. Die Atemluft zischte in seiner zerfetzten Nase. Schleichend entfernte ich mich von der Tür. Denk nach. Denk nach. Das Messer. Sie hatten es mir abgenommen, zusammen mit meinem Gürtel. Denk nach.
    Eine sanfte Brise wehte durch das Fenster herein und trug das Geräusch von Männerstimmen mit sich. Sie tränkten die Pferde. Manche spritzten sich Wasser ins Gesicht, trotz der frühen Stunde war es bereits warm.
    Sie waren etwa zwanzig. Einer, er musste der stellvertretende Kommandant sein, salutierte vor Richard, der auf das Haupthaus zuging. Richard nahm seinen Hut ab und fächelte sich Luft zu. Sein Haar war so dünn, dass sich bereits eine kahle Stelle zu bilden begann. Er kratzte sich und strich ein paar Haare über die Stelle. Nachdem er unter meinem Fenster entlanggegangen war, verschwand er ohne Umschweife im Haus. Es herrschte ein ständiges Kommen und Gehen. Die Tür musste offen stehen. Denk nach.
    Direkt unter mir verlief ein mit Steinplatten gepflasterter Weg. In meinem Kopf drehte sich alles, als ich hinunterblickte. Ich durchsuchte das Zimmer, fand indes nur einen schweren Kerzenhalter, der mir vielleicht von Nutzen sein konnte, und stopfte ihn in mein Wams.
    Rückwärts schlängelte ich mich durch das Flügelfenster und hielt mich am Fensterrahmen fest, während ich mich mit den Füßen nach dem steinernen Vorsprung tastete. Der Sims war niedrig, wie bei einem schmalen Balkon, und ich ließ den Fensterrahmen los und ergriff eine der aufwändigen Verzierungen. Mit mehr Hoffnung als Verstand hatte ich mir vorgestellt, ich könnte zum nächsten Fenster auf demselben Stock gelangen. Doch das andere Fenster war kleiner als meines, das in der Mitte des holländischen Giebels lag, und hatte nur einen winzigen Sims. Ich streckte einen Fuß aus. Meine Muskeln waren bis zum Zerreißen gespannt, trotzdem berührte ich den Sims nur mit der Stiefelspitze.
    Als ich den Fuß keuchend zurückzog, schaute ich flüchtig auf die Steinplatten unter mir. Die Mahlzeit von gestern Abend und der Geschmack des erkalteten Fetts stiegen mir in die Kehle. Ich schloss die Augen und presste meine Stirn gegen die Mauersteine. Ich streckte mich, so weit ich konnte, zum kleineren Fenster hin, dann sprang ich.
    Mein linker Fuß landete auf dem Sims. Der rechte scharrte nutzlos an der Wand, während meine Hände eine Säule seitlich des Fensters zu fassen bekamen. Ein Nagel brach ab. Ich klammerte mich fest, ruckelte mit dem linken Fuß auf dem schmalen Sims entlang, um meinen rechten Fuß danebensetzen zu können.
    Doch ehe ich das Manöver zu Ende bringen konnte, hörte ich Schritte auf den Steinplatten unter mir. Fröhlich pfeifend kam Richards Stellvertreter angeschlendert. Meine Arme fühlten sich an, als würden sie aus den Gelenken gerissen. Der Soldat blieb stehen, um den Gruß des Stallburschen zu erwidern, der vom Stallhof kam

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